Zuckersüße Fracht aus der Elbaue rollt Richtung Süden
AXIEN/BROTTEWITZ/MZ. - Hauptinhalte sind dabei erste Einschätzungen der laufenden Ernte- und Verarbeitungsperiode, aktuelle wirtschaftspolitische Hintergründe sowie eine Bewertung der Zusammenarbeit zwischen Rübenproduzenten, Spediteuren und dem Verarbeitungsbetrieb. Die rund 15 Zuckerrübenanbauer aus der Elbaue östlich des Stromes vertritt in Brottewitz seit Jahren als Vertrauensperson Gerhard Böhme, Vorstandsvorsitzender vom Landgut "Elbeland" Axien. Die Stimmung bei der Zusammenkunft in Brottewitz war gut. So wie das Rübenjahr.
Die Entwicklung der Hektarerträge von 2004 bis 2009 weist steil nach oben. Sie liegt bei 65,2 Tonnen je Hektar geernteter Zuckerrüben (Stand 5. November nach Auswertung von 43 Prozent des Gesamtanbaugebiets), so hoch wie noch nie. Der niedrigste Ertrag war nach Abschluss der Ernte im Jahr 2006 mit 50 Tonnen je Hektar. Abgerechnet wird auch in Brottewitz zum Schluss, wahrscheinlich Silvester, aber es könnte auch in den Januar hineingehen. Die Prognosen liegen sogar bei 72,5 Tonnen Rüben pro Hektar und einem Zuckergehalt von 18,4 Prozent. Das ist eigentlich zu hoch. Denn es wird somit im Rahmen der Europäischen Union eine erhebliche Menge an "Nichtquotenzucker" produziert. Selbst ein Verkauf dieser erheblichen Menge als Industriezucker über der Höchstgrenze ist schwer möglich. Deshalb wurde die EU-Kommission aufgefordert, das Exportlimit von 1,37 Millionen Tonnen Zucker voll auszuschöpfen. Diese Entscheidung sei Ende Oktober in Kraft getreten, hieß es von Südzucker. "Die Erlöse für Zucker auf dem Weltmarkt sind so günstig wie schon lange nicht mehr." Darauf verwies Philip Schlüter, Werkdirektor in Brottewitz und Zeitz. Mit 600 US-Dollar würde derzeit eine Tonne Weißzucker gehandelt. Der Preisanstieg sei zurückzuführen auf erhebliche witterungsbedingte Ausfälle bei der Produktion vor allem von Rohrzucker in Brasilien, Indien und anderen Anbauländern. Auch Werner Stohr, Rübeninspektor in der Zuckerfabrik Brottewitz, sprach von einer positiven Tendenz der diesjährigen Kampagne. Trotzdem übte er Kritik, die Abnahme der Rübenschnitzel, quasi das ausgelaugte Abfallprodukt bei der Zuckergewinnung, aber als Futtermittel in der Tierzucht gebräuchlich, laufe nicht so wie vorgesehen. Auch die Witterung machte den Rübenproduzenten und der Zuckerfabrik zu schaffen. Vor allem Löß- und Lehmverkleisterungen der Rübenladungen sowie ein hoher Kraut- und Grasanteil wurden in den letzten Tagen registriert, trotz Vorwäsche am Feldrand vor der Verladung. Das führte zu Siebproblemen vor dem Extraktionsturm. Auch am Tage der Hofkonferenz liefen die Anlagen nur mit halber Kraft.
Gerhard Böhme fuhr nach der Konferenz nicht direkt in sein Axiener Büro. Zuerst schaute er auf einem Schlag nahe der Elbe nach dem rechten. Eine Vollerntemaschine zog dort ihre Bahnen. Das moderne Gefährt kommt von einer Verleihfirma aus Döbeln. Sechs Reihen werden auf einmal geköpft, die Blätter gleichzeitig untergepflügt und die Rüben im 16 Tonnen fassenden Bunker zwischengelagert. Dann werden sie am Feldrand zu einer Miete aufgeschüttet. Erst ab der 49. Kalenderwoche können sie laut Vertrag nach Brottewitz geliefert werden. Als Frostschutz muss Vlies übergezogen werden. "Da kann man nicht tricksen, das wird kontrolliert", weiß Gerhard Böhme. Obwohl die Zuckerrübenproduktion ein ziemlich hartes und risikoreiches Geschäft für die Landwirte ist, in der Elbaue soll darauf nicht verzichtet werden. "Schließlich haben wir jahrelange Erfahrungen und genügend Bauernschläue, um das alles auch zukünftig zu meistern", meinte Gerhard Böhme lachend.