Zeughaus in Wittenberg Zeughaus in Wittenberg: Museum soll weiter wachsen
wittenberg - Gut 15 Monate nach der Teileröffnung des Wittenberger Stadtmuseums mit den „Kronjuwelen“ im Erdgeschoss des Zeughauses am Arsenalplatz wird hinter den Kulissen weiter an der Umsetzung des Konzepts für die beiden oberen Etagen gearbeitet. Angestrebt werde nach wie vor, das Haus in Gänze im ersten Halbjahr 2017 zu eröffnen, erklärte die Stadt auf Anfrage.
Der Einzug ist wie berichtet eng verknüpft mit dem Auszug des Predigerseminars, das die oberen Etagen des Zeughauses seit mehreren Jahren übergangsweise und bis zum Einzug ins Schloss als Bibliothek nutzt. „Wir brauchen einen Vorlauf von mehreren Monaten“, sagte Museumschef Andreas Wurda zum zeitlichen Ablauf des Wechsels.
Regionale Akteure zögerlich
Derzeit befinde man sich „in vollen Vorbereitungen für die erste Etage“, so der Leiter der Städtischen Sammlungen. Dort soll wie berichtet die Stadtgeschichte mit verschiedenen Themenbereichen ihren Platz finden, während das oberste Geschoss über den Sammler und die Sammlung Julius Riemer informieren wird.
Besser bzw. überhaupt erstmals ordentlich ausgeschildert werden soll jetzt ein wichtiger Nachbar des Zeughauses: die „Historische Stadtinformation“ mit der Askanier-Präsentation in der alten Klosterkirche. Ende August sollen entsprechende Flyer und Plakate vorliegen, so Stadt-Sprecherin Austermann. Ziel sei auch, bis dahin Werbebanner für dieses Haus und das Zeughaus zu haben. Verändert und ebenfalls ausgezeichnet werden soll die Wegeführung im Zentralen Besucherempfang; die Historische Stadtinformation wird künftig voraussichtlich nicht mehr wie derzeit provisorisch durchs Ratsarchiv (Juristenstraße) sondern übers Foyer des Stadthauses (Mauerstraße) zugänglich sein. Seit Eröffnung im Oktober 2015 hätten allein seine Mitarbeiter in 30 Führungen etwa 800 Besucher durch die Askanier-Schau geführt, so Wurda. (mz/irs)
Abgeschlossen wurde gerade das Bürgerbeteiligungsverfahren für den jüngsten Teil der Stadtgeschichte, die Zeit ab 1990. Es ist das vierte Verfahren dieser Art im Zusammenhang mit der Museumsgestaltung, nachdem der Stadtrat im Januar 2014 die Verwaltung per Beschluss dazu aufgefordert hatte, „regionale Akteure“ dabei mit einzubeziehen. Die Beteiligung war diesmal zahlenmäßig eher lau, zwei Personen äußerten sich innerhalb der Frist, eine dritte reichte Anmerkungen nach.
„Natürlich“ hätte man mehr Resonanz erwartet und sich auch gewünscht, so Stadt-Sprecherin Karina Austermann. Das Bonmot von der Vergangenheit, die noch nicht vergangen ist (und damit, in eigener Zeitzeugenschaft, schwierig zu werten), mag freilich hier durchaus als Begründung dienen, es muss nun nicht gleich Desinteresse sein. Die Stadt hatte den Schwerpunkt für diesen Ausstellungsteil 1990 ff. auf die Stadtentwicklung gelegt, d. h. insbesondere auch auf das, was sich baulich ober- und unterirdisch in Wittenberg seit der Wende getan hat.
Mehrere Anmerkungen von Bürgern hätten sich auf Gegebenheiten außerhalb dieses Zeitraums bezogen, etwa was die Vorgeschichte(n) von „Luthers Hochzeit“ oder dem - in den 90er Jahren heftig umstrittenen Klärwerk - angeht. Auch als Reaktion auf die Einwände und Anregungen von Seiten der Bürger ist laut Wurda vorgesehen, verschiedenste Personen mit ihren Ansichten in der Ausstellung selbst zu Wort kommen zu lassen, etwa den früheren Stadtbaudirektor Roland Kurz - der sich intensiv am Verfahren beteiligt habe - und auch einen von dessen Vorgängern. Diese Interviews sollen dort als Film in Endlosschleife laufen.
Zu den etwa 20 bis 25 Personen könnten auch Oberbürgermeister a. D. Eckhard Naumann (SPD), Ehrenbürger der Stadt sowie Schüler gehören, die sich über die weitere Entwicklung Wittenbergs Gedanken machen. Diese Fortführung über 2016/2017 hinaus sei etwas Besonderes, so Wurda: „Normalerweise nimmt man die Zukunft im Museum ja nicht auf.“ Grundsätzlich soll der jüngste Ausstellungsteil jederzeit veränderbar sein - und durchaus auch für „Reaktionen“ sorgen, wie Karina Austermann für die Stadt im MZ-Gespräch unterstrich.
„Versachlichung“ begrüßt
Das Bürgerbeteiligungsverfahren bei der Gestaltung eines Museums - durchaus nicht üblich - hat nach Auffassung der Stadt stark zu einer „Versachlichung“ des Verhältnisses zwischen verschiedenen Interessengruppen beigetragen. Angespannt war über lange Zeit insbesondere das Verhältnis zwischen der Verwaltung und dem Freundeskreis Julius Riemer, der das Erbe des früheren Museums im Schloss im neuen Haus in Gefahr sah.
Greifbares Ergebnis dieser Annäherung zwischen Stadt und Riemer-Freunden ist eine gemeinsame Sonderausstellung: Ab dem 14. Juli werden die Museumsbesucher sich auf der Sonderfläche im Erdgeschoss so genannte Lobi, Holzfiguren aus Afrika, ansehen können. Die nach einem Volk in Burkina Faso benannten Plastiken stammen von einem Privatsammler, zu dem der Freundeskreis Kontakt hält und eine Schau in Wittenberg vorschlug. Zarte thematische Anknüpfungspunkte ins Lokale, in die eigenen Sammlungen gibt es hier zum „Uli“. Details zur „Lobi-Ausstellung“, wie der Arbeitstitel lautet, sollen in dieser Woche gemeinsam bekanntgegeben werden, so Stadt-Sprecherin Austermann.
Die Sonderausstellung ist bereits die dritte im Zeughaus und wird Museumschef Wurda zufolge voraussichtlich bis Jahresende laufen. Es sei denn, die Einrichtung des Museums in den oberen Etagen könnte bereits früher beginnen, wofür es - siehe oben - allerdings derzeit wenig Anhaltspunkte gibt. Zum Zeitplan der Schloss-Belegung äußert sich die Stadt derzeit nicht.
Dafür gibt es Wurda zufolge bereits Vorstellungen für eine vierte Sonderausstellung, nämlich die im Jubiläumsjahr 2017. Gezeigt würden dann Fundsachen aus den Grundsteinen der Reformatoren-Denkmale, die bei deren Sanierung vor wenigen Jahren ans Tageslicht gekommen waren.
Unterdessen werden an der Hülle des weiter im Werden befindlichen Wittenberger Stadtmuseums bereits im kommenden Monat Veränderungen zu sehen sein. Ab August soll das Zeughaus, fertiggestellt bereits 2010 im Rahmen der Internationalen Bauausstellung IBA, nun, wie viele finden: endlich, verputzt werden. Möglich machen das insgesamt 200.000 Euro schwere Putz-Vorhaben Mittel aus dem Förderprogramm „Städtebauliche Sanierung“. (mz)