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Wildschweine bei Wittenberg Wildschweine bei Wittenberg: Die Plage geht weiter

Von Marcel Duclaud 11.09.2018, 16:34
Sind nicht so leicht zu stoppen: Wildschweine. Sie statten zurzeit gerne Gärten einen Besuch ab, wohl auch deshalb, weil sie draußen wegen der Trockenheit nicht genug Nahrung finden.
Sind nicht so leicht zu stoppen: Wildschweine. Sie statten zurzeit gerne Gärten einen Besuch ab, wohl auch deshalb, weil sie draußen wegen der Trockenheit nicht genug Nahrung finden. DPA

Wittenberg - Schweine und kein Ende: Immer mehr Betroffene melden sich zu Wort, um in der Öffentlichkeit darauf aufmerksam zu machen, dass der Kreis Wittenberg ein Problem mit Wildtieren hat, die Schäden anrichten und für ein Gefühl der Unsicherheit sorgen.

Längst ist es nicht mehr nur Maik Müller aus Apollensdorf-Nord, der von seinen durchwachten Nächten berichtet, weil Wildschweine immer wieder auf sein Grundstück eingedrungen sind und es ziemlich komplett verwüsteten. Der Mann war der Verzweiflung nahe. In der vergangenen Woche zeigte die Medizinerin Gerti Hasse aus Reinsdorf ihren umgepflügten Rasen, den Schweine vier Nächte hintereinander in einen Acker verwandelten.

Ebenfalls in Reinsdorf hat es das Grundstück von Rosi Krämer erwischt, sie hatte mehrfach ungebetenen tierischen Besuch. Und nun schon wieder Apollensdorf-Nord: „Auch wir werden jede Nacht von den Wildschweinen heimgesucht. Allerdings nicht mehr auf unserem Grundstück, da wir den Zaun verstärkt haben, sondern vor dem Zaun. Dort ist eine große Rasenfläche, die von uns gepflegt wird, aber der Stadt gehört“, schreibt Gudrun Bürger an die Redaktion. Im Wohngebiet könne nicht gejagt werden, das sei klar.

Aber vor Jahren habe es außerhalb noch Treibjagden gegeben. Angeblich könnten die wegen Massen an Munition auf dem Wasag-Gelände nicht mehr stattfinden: „Die Wildschweine wissen das genau. Dreimal in diesem Jahr haben wir sie mit Jungen beobachtet. Im März/April, da hatte die Bache zwölf Frischlinge, im Juni waren es acht oder neun.“

Jetzt habe eine Bache wieder Junge, acht bis zehn. „Wenn das so weitergeht, haben wir bald mehr Schweine als Einwohner“, fürchtet Gudrun Bürger und fordert: „Wir möchten nicht mehr hören, was nicht geht, sondern Lösungen. Verantwortung zu übernehmen ist natürlich nicht jedermanns Sache.“

Der Kreisjägermeister hält den Ball ein bisschen flacher. Im Wohngebiet gebe es nun einmal kein Jagdrecht, was seinen Sinn habe, und wenn ein Gebiet wie das einstige Wasag-Gelände mit Munition belastet sei, dann ist das eben ein ernstes Problem: „Es braucht eine Genehmigung, um dort zu jagen. Und keiner kann sicherstellen, dass nichts passiert“, betont Klaus Seibicke am Montag.

Er bestätigt Vermutungen, dass die aktuelle Plage mit der Witterung zusammenhängt. Auf den Feldern finden die Tiere kaum mehr etwas, Wasserstellen seien trocken, die Wälder ebenfalls. (Bewässerte) Gärten seien ein Magnet, nicht zuletzt deshalb, weil es dort Würmer und Engerlinge gibt und die Tiere sich mit Eiweiß versorgen wollen. „Die Schwarzkittel“, so der Kreisjägermeister, „sind sehr intelligent. Die finden ihren Weg.“

Wie die Behörden verweist auch Seibicke auf die Verantwortung der Grundstücksbesitzer, die ihr Land sichern müssten. Sein Tipp: Elektrozaun, Wildvergrämungsmittel. Eine Sondergenehmigung, um im Wohngebiet schießen zu dürfen, sei eine schwierige Sache. „Und wir haben hier keine spezialisierten Stadtjäger mit Spezialwaffen.“ Die gebe es allenfalls in Großstädten. Eine Möglichkeit wäre, im Herbst, wenn die Blätter von den Bäumen sind und die Sicht besser ist, am Waldrand „Strecke zu machen“, zuvor müssten Hunde die Schweine aufscheuchen.

Dass die Wildschwein-Population steigt, will der erfahrene Jäger nicht bestätigen. „Wir sind generell ein sehr wildreicher Landkreis.“ Aber sicher, im milden Winter sei es kaum zu Verlusten gekommen. Jedenfalls geben sich die Jäger, wie Seibicke versichert, alle Mühe, den hohen Bestand zu reduzieren: „Wir haben steigende Abschusszahlen.“

Vizelandrat Jörg Hartmann (CDU) unterdessen wehrt sich, dass dem Kreis der schwarze Peter zugeschoben wird. „Wir sind lediglich Genehmigungsbehörde.“ Es muss jemanden geben, der etwas unternehmen will gegen die Wildschweine und einen entsprechenden Antrag stellt. „Wir haben hier keine angestellten Jäger.“ Ein solcher Antrag könnte etwa von kommunalen Ordnungsämtern kommen oder aber von Jägern. Allerdings habe die Wittenberger Kreisverwaltung sehr wohl reagiert und einen Brief geschrieben an die Bundesforst, die für das Wasag-Gelände zuständig ist.

(mz)