Wallanlagen Wittenberg Wallanlagen Wittenberg: Auf Holz geklopft

Wittenberg - Mit einem Gummihammer rückte Oliver Lichtmaneker einer älteren Kastanie unweit der Hauptpost sacht zu Leibe. Die Schläge gegen den Stamm versprachen nichts Gutes. Und die Frau, die seiner Einladung folgte und den Baum im Postgrund näher in Augenschein nahm, sagte danach nur: „Schade um den Baum.“ Die Schäden in der Rinde, entstanden bei Kanalarbeiten im Grund, sind das geringste Übel. Fäulnis hat sich breitgemacht. „Eine Kastanie kann solche Schäden nicht gut verkraften“, machte der Mitarbeiter der Wittenberger Stadtverwaltung, Abteilung öffentliche Grünanlagen, das unausweichliche Schicksal des Baumes deutlich.
Baumpflege notwendig
Der Einladung von Oliver Lichtmaneker und seiner Kollegin Anett Paul aus der Stadtentwicklung waren etwa 20 Neugierige gefolgt. Es galt, von der Hauptpost über den Amselgrund bis zum Schwanenteich und Neuen Rathaus Wissenswertes über die Grünanlagen zu erfahren. Neben der Botanik standen baumpflegerische Maßnahmen und die Geschichte des grünen Ringes rund um die Stadt im Mittelpunkt. Er wolle zeigen, dass „die Grünanlagen ein künstliches Produkt“ sind, die des Eingriffs durch den Menschen bedürfen, so der Fachmann für die Flora, der anhand von Verwachsungen auf Einflüsse von Wind, Wasser und Blitzen aufmerksam machte und Gegenmaßnahmen erläuterte.
Der Gang durch die einstige Befestigungsanlage der Stadt ist immer wieder reizvoll. Der vor über hundert Jahren entstandene Grüngürtel mit heimischen und seltenen ausländischen Gehölzen, der auch später noch Veränderungen unterworfen war, bietet zu jeder Jahreszeit ein anderes Bild. Für Anfang Oktober waren die meisten Bäume noch ungewöhnlich grün und belaubt. Dabei soll sich der Amberbaum „im Herbst“ sehr schön färben, versprach Lichtmaneker. Das Gewächs ist frosthart und wird in Wittenberg inzwischen auch als Straßenbaum gesetzt, verwies Anett Paul auf den neuen Parkplatz an der Berliner Straße.
Vom japanischen Schnurbaum neben der Hauptpost bis zum Urwelt-Mammutbaum und einer Hickory-Nuss am Schwanenteich war bei der Führung am Tag der Deutschen Einheit ein zeitlich langer Weg, illustriert durch alte Aufnahmen, Pläne und Postkarten. Als Anett Paul über Muths Festsäle und deren Abriss berichtete, regte sich sofort Widerstand im fachkundigen Grüppchen. Das Kulturhaus „Maxim Gorki“ (heute KTC) sei zu DDR-Zeiten lediglich angebaut worden, stellten Horst Schubert und andere richtig. Und bei der Fläche für die Eisbahn im Amselgrund waren sich auch nicht alle einig, ob sie wirklich schon in den 60er Jahren entstanden ist.
Sanierung der Fleischerstraße
Spannend waren in jedem Fall die Pläne zur Sanierung der Fleischerstraße samt angrenzenden Flächen im kommenden Jahr. „1928 gab es hier einmal eine Alleepflanzung“, erläuterte die Stadtplanerin anhand einer alten Karte. So ähnlich soll es nach der Sanierung wieder werden, die Parkplätze unter den Bäumen werden verschwinden. Stattdessen wird es Stellplätze entlang der Straße geben, die an einigen Stellen breiter wird. Der Zugang zu den Wallanlagen wird barrierefrei gestaltet. Ob alle alten Bäume erhalten bleiben, müsse geprüft werden, so Oliver Lichtmaneker. Ein großer Aufwand wird die Sanierung des Randbereichs allemal: „Die Gitterplatten kann man noch mit einem Bagger aufnehmen. Danach ist alles Handarbeit.“ (mz)
