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An vier Ausstellungsorten in der Lutherstadt Über 300 Werke der Wittenberger Malerin Thea Schleusner werden ausgestellt

Vier Ausstellungsorte, über 300 Werke: Naser-Stiftung für (wieder-)entdeckte Kunst stellt gemeinsam mit Partnern Werke der Wittenberger Malerin Thea Schleusner aus.

Von Julius Jasper Topp 26.08.2024, 21:00
Rainer Naser (2. von rechts) stellt gemeinsam mit  Partnern die umfangreiche Ausstellung vor. Die startet am 30. August.
Rainer Naser (2. von rechts) stellt gemeinsam mit Partnern die umfangreiche Ausstellung vor. Die startet am 30. August. (Foto: Thomas Klitzsch)

Wittenberg/MZ. - Nicht weniger als eine „Mega-Ausstellung“ kündigt die Stadt in einer Pressemitteilung an. 330 Werke an vier Ausstellungsorten in der Stadt rechtfertigen den Superlativ. Die Künstlerin Thea Schleusner fristet dabei in der heutigen Kunstwelt eher ein Nischendasein, war aber in den 20er und 30er Jahren des letzten Jahrhunderts zeitweise sehr bekannt und porträtierte Prominenz wie Albert Einstein und Emil Nolde. Die Malerin wird der „Verschollenen Generation“ zugerechnet, einer Gruppe von Künstlern, deren Schaffen durch das Nazi-Regime unterbrochen wurde.

Werkschau zum Todesjahr

Unter dem Titel „Ein Leben für die Kunst – die expressiv-symbolistischen Welten der Thea Schleusner“ wird nun ab dem 30. August erstmals eine umfangreiche Retrospektive in Wittenberg gezeigt. Die Werkschau, die auf das 60. Todesjahr der 1879 in Wittenberg geborenen und 1964 in Berlin verstorbenen Dorothea Schleusner fällt, zerstreut sich auf vier Ausstellungsorte in der Lutherstadt. Im Alten Rathaus, in den Städtischen Sammlungen, in der Stiftung Christliche Kunst und in der Cranach-Stiftung werden die 280 Werke aus privaten Sammlungen und 50 Leihgaben aus öffentlichem Besitz gezeigt.

Initiator der Ausstellung ist der Berliner Kunstsammler Rainer Naser, dessen nach ihm benannte Stiftung für „(wieder-)entdeckte Kunst“ nach Bekanntheit für kaum bekannte oder vergessene Künstler aus den Anfängen des vergangenen Jahrhunderts strebt. Im Falle von Thea Schleusner, betont Naser beim Pressetermin am Dienstag, „hätten wir die Klammer im Stiftungstitel auch weglassen können“. Denn hier handele es sich eindeutig um eine Größe der damaligen Kunstwelt, die in Paris studierte, in Berlin und London arbeitete und erst später zu Zeiten des NS-Regimes an Bekanntheit einbüßte, als expressionistische Kunst leicht als „entartet“ gelten konnte. In den 20er und 30er Jahren habe es aber zahlreiche Presserezensionen zu ihren Ausstellungen gegeben, die überwiegend positiv waren. Solcher Texte aus den Archiven in Bibliotheken sowie ihrer eigenen – Schleusner betätigte sich auch als Schriftstellerin, schrieb eine romanhafte Autobiografie, verfasste Kunst-Essays und zahlreiche Briefe – bediente sich Naser, um eine umfangreiche Biografie über die Künstlerin zu verfassen. Die ist nun Teil des Begleitbuchs zur Ausstellung. Wenngleich es mehr Material gegeben habe, als er habe auswerten können, sei diese Arbeit nicht immer einfach gewesen, sagt Naser. Sie habe ein schwer zu lesendes Sütterlin geschrieben.

Die Malerin, Tochter des Theologieprofessors Georg Schleusner, dessen Namen heute noch die Johannesstift Diakonie trägt, wuchs am Kirchplatz 10 in Wittenberg auf, wo heute ein Schild auf sie verweist. Ihre frühe Entscheidung für die Kunst könnte durch ihren Onkel, den Maler Charles Palmiè, beeinflusst worden sein.

Wie die Kuratorin der Ausstellung, die freiberufliche Kunsthistorikerin und Autorin Monika Kaiser, die im Kemberger Ortsteil Ateritz lebt, betont, habe es damals in Deutschland kaum Ausbildungsmöglichkeiten für Frauen in der Kunstwelt gegeben. Schleusner zog es also nach Paris, London und später nach Berlin, wo sich in Frauenclubs ein Netzwerk bildete. Ihre Bilder zeigten häufig christliche Motive, wenig erstaunlich, entstammte sie doch einem theologischen Haushalt. Während ihre frühen Arbeiten noch im Zeichen von Jugendstil und Impressionismus standen, habe sich dies im Laufe des Ersten Weltkriegs geändert. Danach wechselte ihr Stil zu christlichen Darstellungen, wurde farbintensiver und expressiver. Diesem Stil blieb sie bis zum Lebensende treu.

Malen für die Ewigkeit

 Retrospektive der Künstlerin Thea Schleusner im Alten Rathaus
Retrospektive der Künstlerin Thea Schleusner im Alten Rathaus
(Foto:T. Klitzsch)

Der Titel der Ausstellung übrigens – „Ein Leben für die Kunst“ – führt auch auf die enorme Schaffenskraft der Künstlerin zurück. In einer Bombennacht gegen Ende des Zweiten Weltkrieges brannte ihr Atelier ab, zusammen mit einem großen Teil ihrer Werke. Nach dem Ende des Krieges habe sie ihr Werk in „atemberaubender Produktivität“ wieder aufgebaut, berichtet Rainer Naser. Überliefert sei etwa der Satz: „Ich male für die Ewigkeit.“

Informationen unter www.wittenberg.de/theaschleusner. Die Ausstellung ist bis zum 12. Januar zu sehen.