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Stadtfest "Luthers Hochzeit" am Freitag Stadtfest "Luthers Hochzeit" am Freitag: Wittenberg jubelt wieder

Von Julius Jasper Topp 14.06.2019, 17:58
Andreas Puppig vom Gesangsverein zog den Kranz in die Höhe.
Andreas Puppig vom Gesangsverein zog den Kranz in die Höhe. Klitzsch

Wittenberg - Der Stadtherold Theo Theodor begrüßt die illustre Schar, die sich am Freitagnachmittag am Wittenberger Marktplatz versammelt hat und den Start für das Stadtfest markiert: Ein Kaufmann mit seiner Frau und neun Nonnen.

„Er hat mit großem Geschick unterstützt von List und Tücke [...] neun edle Damen aus dem Kloster Marienthron geschmuggelt“, spricht Theodor von der Bühne und stellt wie traditionell üblich die Protagonisten vor - zum Schluss Katharina von Bora.

Ostern 1523 hatte eben diese mit sieben weiteren Zisterzienserinnen und ihrer Tante, der Äbtissin, das Kloster Marienthron bei Grimma verlassen und war mittellos nach Wittenberg gekommen. Schuld daran hatte indirekt ihr späterer Ehemann, der ja bekanntlich die Theorie in die Welt gesetzt hatte, dass so ein Kloster nicht unbedingt „lebenslänglich“ bedeuten muss.

Der Reformator selbst spielte dann den Heiratsvermittler vor Ort - er besorgte der frisch liberalisierten und damit obdachlos gewordenen Damengruppe Ehemänner und damit Ernährer. Aus der arrangierten Heirat Katharinas mit einem Wittenberger Studenten wurde allerdings nichts, weil dessen Eltern eine entflohene Nonne als Schwiegertochter doch zu bunt war. Da Luther sie partout nicht vermitteln konnte, heirateten die beiden eben selbst.

Weitaus romantischer wirkt - fast 500 Jahre später - das aktuelle Lutherpaar, Ramona Weiss und Marco Glaß, die sich ganz offensichtlich nicht aus einer Notsituation am Samstag das Ja-Wort geben wollen. Die Riesensause zur Luther-Hochzeit findet - der neuzeitlichen Planung für einen Wochenendtermin geschuldet - übrigens zwei Tage zu spät statt. Katharina und Martin Luther hatten bereits am 13. Juni 1525 geheiratet.

Sei’s drum: Mit vielen „Jubel“-Rufen begrüßt auch Oberbürgermeister Torsten Zugehör, der nun nicht mehr als moderner Verwaltungschef, sondern als Schultheiß auftritt, die Menge am Marktplatz. „Völker der Welt! Schaut auf diese Stadt!“, führt Zugehör gewohnt bescheiden in das Stadtfest ein.

„Tretet ganz nah heran, damit euch auch ohne Sichteisen nichts entgeht!“. Schaut auf unsere prächtige kleinste Großstadt der Welt“, ruft er launig von der Bühne.

Ein rauschendes Fest wünscht er - und weist auch auf die „Kunde“ hin, die auch in die angrenzenden Bundesländer über „ultra kurze Wellen, das Buch der Gesichter - Facebookius - und Instagrammius“ übermittelt wurde. Und bei aller feierlicher Stimmung sollten es die Besucher nicht übertreiben, findet das Stadtoberhaupt: „Mäßigt euch! Sonst müsst ihr wieder dem Apotheker für eine Unzahl weißer Pillen das Geld in den Rachen werfen und fallt den Liebsten mit unendlicher Jammerei zu Last. Damit meine ich zuvorderst die Herren! Denn uns allen ist gewiss: Die Weiber tragen die schwere Last des Lebens. Aber es ist unendlich, wie viel Mitleid ein Kerl ertragen kann.“ Dafür gab es - na klar - „Jubel“! (mz)