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Stadtentwicklung in Wittenberg Stadtentwicklung in Wittenberg: Unruhe am Gartenzaun am Stadtgraben

Von Irina Steinmann 20.01.2019, 17:30
Am Stadtgraben sorgen sich Kleingärtner, hier Vereinschef Klaus Nunweiler, um die Zukunft ihrer Anlage. Grund sind Pläne der Stadt.
Am Stadtgraben sorgen sich Kleingärtner, hier Vereinschef Klaus Nunweiler, um die Zukunft ihrer Anlage. Grund sind Pläne der Stadt. Thomas Klitzsch

Wittenberg - In der Kleingartenanlage „Am Stadtgraben“ wachsen Unsicherheit und Unmut angesichts des Vorhabens der Stadt, dort Veränderungen vorzunehmen. Anlass ist das Integrierte Stadtentwicklungskonzept „Wittenberg 2017+“ (ISEK), das die Zukunft der Stadt bis zunächst 2030 umreißt und sich gegenwärtig in der Erarbeitung befindet.

Im Entwurf, und das bringt die Laubenpieper auf, heißt es dort auf Seite 167: „Öffnung und Integration bzw. Teilrückbau der Kleingartenanlage ,Am Stadtgraben’“. Teilrückbau! Da kann einem das Herz allerdings in die Hose rutschen.

Schon jetzt offen

Das Thema selbst ist nicht erst seit gestern virulent, bereits im vergangenen Sommer gab es dazu einen Briefwechsel zwischen dem Vorsitzenden der Kleingartenanlage, Klaus Nunweiler, und dem Oberbürgermeister der Lutherstadt. Auf die Tagesordnung ist es jetzt (wieder) geraten, nachdem Vertreterinnen der Gartensparte, darunter Ute Mücke, die Einwohnerfragestunde des Bauausschusses für eine entsprechende Anfrage nutzten.

„Öffnung“, spießte Mücke ein Wort aus dem ISEK auf, suggeriere doch, dass die Anlage dies nicht sei: offen. Dabei sei das glatte Gegenteil der Fall, es gebe doch diverse Zugänge für die Öffentlichkeit. Außerdem wollte sie wissen „welcher Teil der Anlage zurückgebaut werden soll“, um „Sichtachsen“ wiederherzustellen. Die Umweltexpertin des Kleingartenvereins verwies zudem darauf, dass die Gartenanlage ein Ökosystem darstelle.

Am Mittwoch legte Mücke im Kulturausschuss noch einmal nach. Ob der Ausschuss überhaupt wisse, was die Kleingärtner am Stadtgraben an Kulturarbeit leisten würden? Als ob das Kleingarten-Sein als solches allein noch keine Existenzberechtigung darstellte, nannte sie unter anderem das Osterfeuer, die Teilnahme am Stadtfest und, last not least, die Integration ausländischer Mitbürger als Beispiele für das Engagement der Gärtner für die Stadtgesellschaft als Ganzes.

Nicht zu vergessen den Umstand, dass in Kürze auch ein „Bildungsgarten für Perma-Kultur“ und zudem etwas mit Bienen entstehen solle. Vor dem Hintergrund forderte Mücke gar, dass sich mit dem Kleingartenwesen nicht das Bau- sondern das Kultur-„Dezernat“ beschäftigen sollte.

Folgt man der Stadtverwaltung, schießen die Gartenfreunde am Stadtgraben mit Kanonen auf Spatzen. Konkret sei noch gar nichts, sagte sinngemäß Bürgermeister Jochen Kirchner im Bauausschuss und verwies zudem auf andauernde Gespräche mit dem Kleingartenverband und dem Verein selbst - dessen Vorsitzender Nunweiler allerdings, wie er der MZ zu verstehen gab, ebenfalls und jetzt schon gern mehr wissen würde. Der Vorschlag sei „noch in der Erarbeitung“, sagte Kirchner zurückhaltend.

Im Übrigen habe man den Kleingärtnern dies auch bereits schriftlich mitgeteilt. „Nicht adäquat“ und „unkonkret“ seien diese Informationen allerdings gewesen, insistierte Mücke. In dem Schreiben vom Juli, das der MZ vorliegt, hatte der Oberbürgermeister gegenüber Vereinschef Nunweiler darauf verwiesen, dass „zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Aussagen zum Zeitpunkt etwaiger Maßnahmen getroffen werden (können)“ und das die Stadt für das „Entwicklungskonzept“ der Kleingartenanlage Am Stadtgraben eine „enge Zusammenarbeit“ mit Verein und Verband anstrebe.

Keine Verdrängung

Stadt-Sprecherin Karina Austermann erläuterte der MZ auf Anfrage, dass es um eine „langfristig bessere Erschließung“ der Kleingärten als Teil des Grüngürtels Wallanlagen gehe und ein Teilrückbau diesem Ziel diene. Keinesfalls, unterstrich sie, werde es zu einer Verdrängung kommen: Man würde Gärten nutzen, die „aus Altersgründen“ aufgegeben werden. Es geht beim Stadtentwicklungskonzept wie gesagt um die Zeit bis 2030.

Gärten in dieser zentralen Anlage sind freilich sehr beliebt. Wird einer frei, werde er fix wieder belegt, berichtete Ute Mücke.

(mz)