Stadt am Fluss Stadt am Fluss: AWO-Kita zäunt den Spielplatz ein

Wittenberg - Der Zaun ist bereits beauftragt. Es wird ein „Doppelstabmattenzaun“. Hinter dem Wortungetüm verbirgt sich ein Metallgitter. In wenigen Wochen wird es den Spielplatz der Kita „An der Elbe“ einhegen. Die Arbeiterwohlfahrt (Awo), die die Kindereinrichtung in exponierter Flusslage betreibt, hat sich dahingehend mit dem Grundstückseigentümer geeinigt.
Der Zaun trennt 650 Quadratmeter ab zur Alleinnutzung durch die Kita. Er trennt auch Theorie und Praxis, Alltag und Vision, Interessen von Interessen.
Awo hat sich „arrangiert“
Man habe sich „arrangieren“ müssen, sagt Awo-Geschäftsführerin Corinna Reinecke. Das Arrangement, der Kompromiss, wenn man so will, besteht darin, dass die Kita bis auf weiteres auch die umliegenden 1.300 Quadratmeter außerhalb des Zaunes wie gewohnt als Frei- und Spielfläche nutzen darf. So ist es in einem Vertrag fixiert, den Awo und Stadt Reinecke zufolge bereits im vergangenen September unterzeichnet haben, dessen Festlegungen aber erst jetzt nach und nach umgesetzt werden.
„Wir verkleinern den Spielplatz“ und müssen „Abstriche in der Nutzung“ machen, erklärte Reinecke auf Anfrage der MZ; es würden einige Spielgeräte weniger zur Verfügung stehen. Ein künstlich angelegter Hügel samt Rutsche etwa befindet sich künftig außerhalb des Zaunes und kann dann nur noch unter oben genanntem Vorbehalt genutzt werden, also bis die Stadt die Fläche selbst benötigt. Der Hintergrund: Die Kommune als Grundstückseigentümerin hatte einem Nutzungsvertrag lediglich über eine kleinere Fläche zugestimmt, eben die 650 Quadratmeter.
Was bei der Kita „keine Jubelstürme auslöst“, wie es Awo-Geschäftsführerin Reinecke formuliert, die gleichzeitig aber darauf verweist, dass die Rückmeldungen seitens der Elternschaft durchaus „ambivalent“ sind. Nicht ambivalent sondern nachvollziehbar egoistisch reagierte mit einem Schreiben an die MZ die Mutter eines Mädchens, das die Kita besucht. „Sollten nicht unsere Kinder im Vordergrund stehen?“, kritisiert Anne Katrin Banitz die Verkleinerung.
Dass bald der Zaun kommt, habe sie „nur durch Zufall erfahren“, ärgert sie sich zudem. „Jahrelang hat sich keiner für das Grundstück interessiert“, zeigt sich Banitz verwundert und schlägt der Stadt vor, ihre Pläne doch anderswo zu realisieren. „Es gibt genug Flächen in Wittenberg für ,schöne’ Sichten der Elbe, warum ausgerechnet dort?“
Wittenberg, das bekanntlich sein Profil als Stadt am Fluss schärfen will, arbeitet seit Jahren an Plänen, die „Erlebbarkeit Elbe“ zu verbessern bzw. überhaupt herzustellen. Gerade erst wurde im Westen das Wiwog-Projekt Wohnen an der Elbe vorgestellt, das neben Gebäuden auch einen Rad- und Spazierweg direkt am Fluss vorsieht. Im Osten liegt nun das Kita-Gelände im Brennpunkt widerstreitender Interessen.
Befragt nach konkreten Plänen für das Terrain verweist Bürgermeister und Stadtentwicklungschef Jochen Kirchner einmal mehr auf ein Konzept, das noch „in Arbeit ist“. Der Spielplatz sei darin fester Bestandteil der Absicht, die Gegend zu einem attraktiven öffentlichen Aufenthaltsort zu machen. Auch mit Gastronomie, auch mit einer Führung des Radwegs am Ufer, beides sei jedenfalls „Ziel“ der Stadt, so Kirchner.
Fragt man Reinecke, ob sie nicht möglicherweise Verständnis habe für eine Stadt-Entwicklung auf diesem Gebiet, sagt sie gegenüber der MZ bloß: „Na ja.“ Auf ein von der Awo selbst eingebrachtes Konzept für das gesamte Grundstück „wurde nicht eingegangen“; gleichwohl „würden wir gerne mitplanen“, schloss sie eine inhaltliche Kooperation für die Zukunft nicht aus. Man sei „aufgeschlossen“ für eine „Öffnung für Familien“, sagte sie. Und nebenbei: „Eine Kita in dem Bereich zu haben ist auch eine Aufwertung“ der Flusslandschaft.
Doppelnutzung angeregt
Wie die Gestaltung des Spielplatzes mit Zaun aussehen wird und wie der praktische Umgang mit der Fläche drumherum, soll demnächst, wenn die - derzeit erkrankte - Kita-Leitung wieder an Bord ist, mit den Eltern besprochen werden, kündigte Corinna Reinecke an. Fest steht: Der Zaun wird ein Törchen haben, durch das die Kinder dann auch mal nach draußen dürfen, unter Aufsicht, versteht sich.
Wie es aussieht, werden sie das auch noch eine ganze Weile tun können. Kirchner zeigte sich gegenüber der MZ jedenfalls offen für eine „dauerhafte Doppelnutzung“ der Freifläche an der Kita „An der Elbe“, das heißt eine allgemeine Zugänglichkeit etwa an den Wochenenden. Darüber wird sich mit der Awo zu verständigen sein. Die Stadt möchte ihr „Erlebbarkeit-Elbe“-Konzept für diesen Flussabschnitt 2018 fertig haben, das sei jedenfalls: das „Ziel“. (mz)