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Reformationsjubiläum Reformationsjubiläum: Lutherstadt Wittenberg stellt Projekte für 2017 vor

Von Irina Steinmann 25.11.2016, 17:44
Luftbild von Wittenberg: Ein Blick in die historische Altstadt.
Luftbild von Wittenberg: Ein Blick in die historische Altstadt. Archiv/Baumbach

Wittenberg - Zwei Jahre, erläuterte der Referent, habe man bisher schon in die Vorbereitung des Festes investiert und jetzt „steht es eigentlich“. Leider ist hier nicht von den vier „Wittenberger Abenden“ die Rede, mit der die Stadt selbst im Sommer 2017 zum Gelingen des Reformationsjubiläums beitragen möchte. Völlig überraschend hat der Kulturausschuss auf seiner eigens anberaumten Sondersitzung am Donnerstagabend noch nicht über das Konzept entschieden.

Der Ausschuss vertagte sich und setzt diese Sitzung nun erst am 7. Dezember - vor seiner regulären Zusammenkunft an dem Tag - fort, damit die mit voraussichtlich insgesamt sechsstelligen Kosten verbundene Angelegenheit am 14. dann doch wie geplant noch 2016 im Stadtrat entschieden werden kann.

Parkfest aus dem Hut

Grund für die Verschiebung ist mitnichten das Parkfest des Luther-Melanchthon-Gymnasiums selbst, von dem hier eingangs so positiv die Rede war - und das die Verwaltung jetzt plötzlich als neuen Kandidaten für den Abend Nummer drei aus dem Hut gezaubert hat.

Sondern die mit dieser Veränderung verbundene Tatsache, dass dadurch nun zwei Veranstaltungen miteinander konkurrieren, was ihre Realisierung als Wittenberger Abend Nummer vier angeht. Kurz: Fünf sind einer zu viel. Vielleicht.

„Mit diesem (vierten) Abend haben wir noch den größten Gesprächsbedarf“, hatte Oberbürgermeister Torsten Zugehör (parteilos) eingeräumt, als die Augen von Ausschussmitgliedern und Gästen immer größer wurden. Freilich, dies hatte er auch betont, handele es sich ja lediglich um ein Konzept.

Mit anderen Worten: um nichts Festes. In nicht einmal sieben Monaten, am 23. Juni, soll die erste der vier kommunalen Jubelveranstaltungen über die große Bühne auf der Schlosswiese gehen, doch derzeit ist noch fast alles im Fluss.

Für den ersten der vier Wittenberger Abende trifft das im positiven Wortsinn zu, es ist eine musikalische Fahrt die Elbe entlang, die ebenso wie die beiden derzeit geplanten Folgeabende (Hofkonzert+ und Parkfest) im Kulturausschuss auf ungeteilte Zustimmung stieß.

Zur Klärung dessen, womit die Wittenberger und ihre Gäste dann zwischen Juni und September rechnen dürfen, trug erheblich bei, dass die Verwaltung diesmal die Protagonisten in spe als Referenten eingeladen hatte.

Die vier Wittenberger Abende stehen unter einem je eigenen Motto, das sich am Leitbild der Stadt für die Zeit nach 2017 orientiert.

Als Stadt an der Elbe stellt sich Wittenberg am 23. Juni dar. Kern des einstündigen Programms, das auch den Aspekt Heimat einschließen soll, ist ein eigens dafür komponiertes Musikstück, das den Elbverlauf von der Quelle in Tschechien bis zum Mündungsort Hamburg nachzeichnet.

Komponist soll Christoph Reuter, Textautor und Dramaturg der Dessauer Andreas Hillger sein. Als Ausführende sind Musiker der Kreismusikschule und des Paul-Gerhardt-Orchesters vorgesehen, als Erzähler Frank Roder. „Es ist sportlich, was die Zeit betrifft“, sagte im Ausschuss Musikschuldirektor Marcus Biedermann, „im Februar muss die Partitur bei uns sein“.

Hillger versicherte, dass Reuter „kein Neutöner“ sei und bei der Komposition auch Bekanntes - von Blasmusik über Kurt-Weill-Songs bis Shantys verwenden wolle. Dass die Stadt das Auftragswerk à la Moldau später auch an andere Elbanrainer verkaufen könnte, stieß - wie das gesamte Projekt - auf Wohlgefallen im Kulturausschuss. Veranschlagte Kosten des Abends, der noch weitere Programmteile hat: 39 000 Euro.

Industrie-Kulturstandort will die Lutherstadt auch sein. Das soll am 22. Juli ein erweitertes Hofkonzert zeigen. Die Wirtschaft fördert seit Jahren diese beliebte Veranstaltungsreihe des Kunstvereins. Als „Brücke“, so dessen Vorsitzender Thomas Popp, reiche das freilich nicht aus. Die Stadt plant daher einen Imagefilm speziell für die Wirtschaft, der an dem Abend Premiere haben und als „musiksynchrones“ Video das Konzert begleiten soll. Eine Wittenberger Vorband, die zum noch nicht genannten Hauptakt passen muss, wird gesucht. Das Konzert selbst zahlt der Kunstverein, wegen des wohl 20.000 Euro teuren Wirtschaftsfilms rechnet die Stadt für diesen zweiten Abend aber mit Gesamtkosten in Höhe von 32.000 Euro.

Den Bildungsstandort Wittenberg soll am 18. August das Parkfest, das das LMG seit 20 Jahren feiert, belegen. Thema: „Renaissance-Humanismus“. „Wir werden auf mindestens vier Bühnen und einen kompletten Nachmittag spielen“, so Direktor Michael Sandau. „Das ist für die Stadt ’ne günstige Geschichte“, fand nicht nur Volker Werner, Stadtrat und Lehrer. Unterstützung wird das Gymnasium bei Security und Sanitär brauchen. Gesamtkosten: 10.000 Euro.

Der Lutherstadt ist der vierte Abend gewidmet (7. September). Auf dem Tisch liegen nun zwei Angebote: die ursprünglich für den 13. August geplante Zeitreise von Protagonisten der Lutherzeit ins Heute unter Leitung von Carola Meißner und ein „theatralisches Event“ mit dem Figurenpaar „Narr und Frau Welt“ aus der Feder des Dramaturgen Claus Litterscheid unter Mitwirkung der Schauspielerin Claudia Wenzel - und Schulklassen als Quiz-Teilnehmer.

Die „Dramaturgie orientiert sich am Bilderbogen“, so Litterscheid. Beide Projekte setzen auf breite Beteiligung. Welches zum Zuge kommt, ob eine Fusion oder ein fünfter Abend möglich wäre, ist offen. Kosten: 31.000 Euro.

„Die Nebel lichten sich ganz langsam leicht“, konstatierte, mehrfach relativierend, CDU-Stadträtin Gabriele Haseloff, von einem ordentlichen „Schritt nach vorn“ sprach ihr SPD-Kollege Bernhard Naumann. Konkrete Angaben zu den Kosten machte die Verwaltung zunächst nicht, die dargestellten Zahlen seien lediglich eine grobe Schätzung, sagte Zugehör. Vorschläge wie der von Haseloff, statt viermal 2.500 Euro für Öffentlichkeitsarbeit doch pauschal einmal 3.500 anzusetzen, sind vor diesem Hintergrund zumindest verfrüht.

Durch Wechsel wie jetzt durch die Aufnahme des komplett ehrenamtlich - von Schülern und Lehrern - organisierten Parkfestes ist finanziell auch noch Luft nach unten.

In einer vorangegangenen Fassung der Beschlussvorlage waren alles in allem rund 222.000 Euro veranschlagt, inklusive zweier Festwochen zum Jubiläumsjahresende hin, für welche die Stadt sich - anders als für die vier Abende - allerdings Landesförderung erhoffen darf, wie der Oberbürgermeister mit Blick auf ein „Landesinteresse“ daran sagte. Eintrittsgelder will die Stadt selbst nicht erheben, inwieweit die Veranstaltungen finanziell in die „Weltausstellung Reformation“ eingebettet werden, ist allerdings offenbar nach wie vor noch nicht geklärt.

94 Prozent Einheimische

Zugehör nutzte am Mittwoch die Gelegenheit, Kritik zu begegnen, die in der Sitzung des Kulturausschusses vom 9. November geäußert worden war. Demnach liegt die Beteiligungsquote von Einheimischen an den vier Produktionen bei satten 94 Prozent, legte er eine Tortengrafik vor - und da sind Ehemalige, wie etwa Claudia Wenzel, noch gar nicht eingerechnet. (mz)