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Paul Gerhardt Diakonie Paul Gerhardt Diakonie: Stationäres Hospiz in Wittenberg eröffnet

Von Corinna Nitz 28.05.2018, 08:34
Am Sonntag wurde in Wittenberg das Katharina-von-Bora-Hospiz eröffnet. Eine großzügige Wohnküche bildet das Zentrum des Hauses, das zehn Gästen Platz bietet. Gebaut wurde das Hospiz in einem ehemaligen Bettenhaus des Paul-Gerhardt-Stifts.
Am Sonntag wurde in Wittenberg das Katharina-von-Bora-Hospiz eröffnet. Eine großzügige Wohnküche bildet das Zentrum des Hauses, das zehn Gästen Platz bietet. Gebaut wurde das Hospiz in einem ehemaligen Bettenhaus des Paul-Gerhardt-Stifts. Thomas Klitzsch

Wittenberg - Andreas Mörsberger ist Vorstand Finanzen der Paul Gerhardt Diakonie gAG - und Berliner. Als solcher empfinde er nun eine gewisse Genugtuung angesichts eines Bauprojekts, dass beim Budget und dem veranschlagten Zeitplan im Rahmen geblieben sei. Im voll besetzten Foyer des evangelischen Krankenhauses Paul Gerhardt Stift in Wittenberg muss mancher schmunzeln, denn dass es nicht um Prestigevorhaben in der Hauptstadt gehen kann, liegt auf der Hand.

Was indes an diesem sommerheißen Sonntagnachmittag vielen Grund zur Freude gibt, ist die offizielle Eröffnung des stationären Hospizes „Katharina von Bora“, das die Paul Gerhardt Diakonie nun am Rande des Klinikgeländes betreibt.

„Hier brennt die Seele“

Vor wenigen Monaten, um genau zu sein nicht einmal sieben, war das ehemalige Bettenhaus Nummer IV noch eine einzige Baustelle. Da wurde, insbesondere in der ersten Etage, in weiten Teilen der Zuschnitt verändert, Wände wurden versetzt oder fielen ganz, Stützpfeiler und Stahlträger mussten eingezogen werden und so weiter, und so fort.

Besonders groß war der bauliche Eingriff in einem heute weiten und lichten Raum, der Wohnküche, in der sich Gäste und Angehörige begegnen können und über die Hospizleiterin Sindy Herrmann nun bei einer ersten Führung am Sonntag sagt: „Dieser Raum ist das Herzstück des Hospizes. Hier wird gelebt, hier brennt die Seele.“

In den Umbau des Bettenhauses IV am evangelischen Krankenhaus Paul Gerhardt Stift in Wittenberg zum stationären Hospiz wurden 1,3 Millionen Euro investiert, der Löwenanteil durch die Paul Gerhardt Diakonie gAG Berlin. 250.000 Euro mussten als Spenden aufgebracht werden, derzeit liege das Spendenvolumen bei 280.000 Euro.

Auch künftig werden Spenden benötigt, da die Kostenträger nur 95 Prozent tragen. Das Hospiz trägt den Namen Katharina von Bora, es ist das vierte, das die PG-Diakonie betreibt. Es bietet in der ersten Etage zehn Gästen Platz, die von ausgebildeten Pflegekräften und zwei Hauswirtschaftskräften umsorgt werden. Raum gibt es auch für Angehörige. Bei der Gestaltung wurden die Elemente Feuer, Wasser, Erde und Luft thematisch aufgegriffen.

Die Leitung des Hospizes liegt bei Sindy Herrmann vom ökumenischen Hospizdienst am Stift. Die Idee eines stationären Hospizes reicht einige Jahre zurück und wurde stark von dem 2016 verstorbenen Propst Siegfried Kasparick unterstützt. Unterstützung gab es aber auch aus der Bevölkerung. Die Eröffnung des Hospizes am Sonntag wurde von verschiedenen Musikensembles, u. a. vom Paul Gerhardt Orchester umrahmt.

An den Raum, in dessen Zentrum ein Baum aus Birkenstämmen steht, grenzt ein Wintergarten an, der Blick geht ins Grüne und auf den Teich im Garten. Und wenn einer sein Leben lang geraucht hat, dann dürfe er das dort auch machen - im Wintergarten. An diesem ersten Rundgang, bevor weitere Führungen folgen, nimmt Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff teil.

Der Christdemokrat und Katholik wirkt angetan, er fotografiert, fragt nach, staunt - etwa über das so genannte Wohlfühlbad am Ende des Korridors, zu dessen Seiten hin unter anderem die Gästezimmer liegen. Das Bad zeichnet sich nicht nur durch eine, dem äußeren Anschein nach Hightechwanne aus, sondern bietet den Blick aufs Meer: klar, nicht wirklich, aber die großflächig verklebte Motivtapete zeigt tatsächlich eine Dünenlandschaft mit Meereswellen. Und hinterm Horizont - geht’s weiter?

Das zu glauben, fällt Christen nicht schwer, anderen durchaus. In einer musikalisch umrahmten Andacht vor dem Eingang zum Hospiz zitiert Werner Weinholt, leitender Theologe der Paul Gerhardt Diakonie, Christoph Blumhardt mit den Worten: „Christen sind Protestleute gegen den Tod.“

Daher setze man sich so fürs Leben ein - und im Sinne der Begründerin der Hospizbewegung, der Britin Dame Cicely Saunders, für das Leben bis zuletzt. Saunders vertrat die Auffassung, dass es nicht darum gehe, dem Leben mehr Tage zu geben, sondern den Tagen mehr Leben.

Die Wegbereiterin der Hospizbewegung starb 2005 in London, aber an diesem Haus in Wittenberg hätte sie gewiss Gefallen gefunden. Über dessen Eröffnung sagt Oberbürgermeister Torsten Zugehör bei einer Feierstunde an diesem 27. Mai, bevor ein Tag der offenen Tür gefeiert wird: „Wir schließen heute nicht nur eine Versorgungslücke, sondern schenken unseren Bürgern einen festen Punkt der Orientierung für die letzte Zeit ihrer Lebensreise.“

Und Haseloff, der in Magdeburg Schirmherr für ein Kinderhospiz ist, betont: „Auch der Umgang mit dem Tod und der letzten Phase des Lebens entscheidet darüber, wie wir unsere Wertegemeinschaft aufrecht halten.“ Dies sei keineswegs ein Selbstläufer.

Er erinnert zudem an jene Menschen, die, sei es weil sie unheilbar krank oder (wie es jüngst durch die Medien ging) sehr, sehr alt sind, „sich gezwungen sehen, den Tod selbst zu suchen“ oder (Stichwort: Sterbehilfe) dazu in die Schweiz fahren. „Wir geben mit dem Hospiz die richtige Antwort“, so Haseloff.

Denkmal für Luthers Frau

Wittenbergs Superintendent Christian Beuchel gelingt es, den Satz „Mitten im Leben sind wir vom Tod umgeben“ in sein Gegenteil umzukehren. Und wie Weinholt, so erinnert auch er an die Leistung jener Frau, deren Namen nun das Hospiz der Paul Gerhardt Diakonie trägt und über deren Sorge um Bedürftige Ehemann Martin Luther 1527 an Nikolaus von Amsdorf geschrieben habe: „In meinem Haus hat ein Hospital angefangen.“

Mit dem Hospiz in Wittenberg „wollen wir Katharina von Bora ein würdiges Denkmal setzen“, sagt Weinholt später in seiner Andacht, bevor Interessierte sich die Räume anschauen und, ja, feiern. (mz)

Das Hospiz ist schön eingerichtet - und bietet auch einen schönen Ausblick.
Das Hospiz ist schön eingerichtet - und bietet auch einen schönen Ausblick.
Klitzsch
Keine Eröffnung ohne Schlüssel: Dieser kam von der Bäckerei Wustmann.
Keine Eröffnung ohne Schlüssel: Dieser kam von der Bäckerei Wustmann.
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