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Zuwachs bei Wittenbergs Kreishandwerkerschaft Neue Innung sorgt für Verdopplung der Mitgliedsbetriebe

Die Ostdeutschland umfassende Innung Nordost Parkett- und Fußbodentechnik schließt sich der Wittenberger Kreishandwerkerschaft an. Enrico Reinecke: Wir sind jetzt nicht mehr klein.

Von Marcel Duclaud 08.03.2024, 11:00
Enrico Reinecke begrüßt Holger Wiehle (2. u. 3. v.l.) Dabei sind: Denise Böttcher, Simone Schneider und Torsten Zugehör
Enrico Reinecke begrüßt Holger Wiehle (2. u. 3. v.l.) Dabei sind: Denise Böttcher, Simone Schneider und Torsten Zugehör (Foto: Marcel Duclaud)

Wittenberg/MZ. - Wittenbergs Kreishandwerkerschaft hat Zuwachs bekommen, und zwar derart, dass sich die Zahl der Mitgliedsbetriebe mehr als verdoppelt, von zuvor 121 auf jetzt 257 Handwerks-Unternehmen.

Das liegt an der Innung Nordost Parkett- und Fußbodentechnik, die sich Anfang des Jahres der Wittenberger Kreishandwerkerschaft angeschlossen hat, sie umfasst Betriebe aus Ostdeutschland, von Mecklenburg bis Thüringen, Westberlin eingeschlossen.

Holger Wiehle, Handwerker aus Berlin, ist Obermeister der Innung. Dass die Wahl auf Wittenberg fiel, hat nach seinen Worten unter anderem mit der günstigen Lage der Stadt zu tun. „Es war nicht nur der Thesen wegen“, sagt er mit einem Lächeln. Wiehle spricht von einer Summe an Gründen, die zu der Entscheidung geführt haben. Die Wittenberger freut die Erweiterung. „Wir sind jetzt keine kleine Kreishandwerkerschaft mehr“, sagt Kreishandwerksmeister Enrico Reinecke. „Wir erhoffen uns mehr Schwung durch die Vergrößerung.“

In der Wittenberger Kreishandwerkerschaft sind jetzt acht Innungen zusammen geschlossen. Es geht in den Innungen, die Mitgliedschaft ist freiwillig, unter anderem um Aus- und Weiterbildung, um die Abnahme von Prüfungen, um die Kommunikation untereinander, um Berufsehre und Tradition. „Wir stehen den Handwerkern auch rechtlich zur Seite“, ergänzt Enrico Reinecke.

Und natürlich verstehen sich die Innungen als Interessenvertreter, nicht zuletzt der Politik gegenüber. „Da ist zurzeit viel in Bewegung“, bemerkt Wiehle, der mit seinem Bruder gemeinsam ein kleines Unternehmen führt und zudem als stellvertretender Bundesinnungsmeister fungiert: „Wir sind 1.050 Betriebe im Bundesverband“, erläutert der Parkettlegemeister.

Dass die Situation zurzeit kritisch ist, verschweigt der Handwerker aus Berlin nicht. Anfang des Jahres häuften sich die Meldungen über weggebrochene Baustellen: „Aufträge wurden gekündigt. Das betrifft nicht nur Neubauten, sondern auch Renovierung im Bestand. Wir haben Sorgen, wie es weitergeht.“ Er spricht von hohen Kosten, etwa bei Energie und Material, von abnehmendem Auftragsvolumen und davon, dass Preise nicht mehr zu halten seien. „Da ist man schnell im roten Bereich.“ Manche Betriebe nähmen Aufträge an, die nichts bringen, nur um ihre Mitarbeiter zu halten.

Das bestätigt Enrico Reinecke, der ein Bauunternehmen mit 30 Beschäftigten führt. Der Bau von Einfamilienhäusern liege gegenwärtig brach. „Sonst haben wir 20 bis 30 Häuser im Jahr gebaut, jetzt sind wir bei einem.“ Er spricht von zurzeit etwa zehn Prozent des üblichen Auftragsvolumens, beim Häuserbau. „Viele sind auf Sanierung umgestiegen. Große Betriebe stürzen sich auf den kleinen Markt.“ Das werde auf längere Sicht nicht funktionieren. Allerdings merkt er auch an, dass es zuvor sehr gute Jahre gab. Sein Unternehmen konzentriere sich zudem auf Kabeltiefbau im Zusammenhang mit dem Glasfaserausbau. Das helfe, die Mitarbeiter zu halten. „In der Hoffnung, dass es bald wieder besser wird.“ Er sei da durchaus optimistisch, sagt der Kreishandwerksmeister. Fügt allerdings auch hinzu: „Es könnte sein, dass wir uns von einigen Unternehmen verabschieden müssen.“

Was sich beide im Übrigen, Wiehle und Reinecke, von der Politik wünschen, das ist nicht nur, dass „Handwerk wieder sexy“ wird, sie sehen insbesondere Handlungsbedarf beim Thema Bildung. „Da ist einiges aus dem Ruder gelaufen“, bescheinigt Holger Wiehle. Unterricht muss aus seiner Sicht wieder leistungsbezogener sein, Wettbewerb sei nichts schlechtes: „Es wäre schön, wenn die Leute wieder lesen, schreiben und rechnen können. Und nicht jeder muss Abitur machen.“