Landratswahl in Wittenberg Mike Reiß will Mediator und Sprachrohr sein
Die MZ stellt die neun Bewerber für das Amt vor. Heute: Mike Reiß, der für die Freien Wähler antritt.
Wittenberg - Gut vorbereitet ist Mike Reiß beim MZ-Gespräch über seine Kandidatur als Landrat. Ein Papier wird übergeben mit den Eckpunkten der „Mission 2040“, der politischen Agenda, die er für den Landkreis als wichtig erachtet. Eine Seite Stichworte. Ein separates Blatt zum Thema Corona. „Das sind meine persönlichen Positionen zur Pandemie“, erklärt er, bevor es losgeht. 2014 war er erst parteilos, später auf dem Ticket der Freien Wähler für das Amt angetreten, hatte es aber nicht in die Stichwahl geschafft.
Die Bandbreite seiner Themen reicht von Landwirtschaft über Bildung, junge und alte Menschen, Wirtschaft, Umweltschutz bis zu seinem Steckenpferd: der Infrastruktur. Das Thema begleitet den dreifachen Großvater schon sein ganzes Leben.
Der 57-Jährige, der aus dem Wittenberger Norden stammt und zwischen Friedrichstadt und Teuchel aufwuchs, wurde zum Kfz-Schlosser ausgebildet. Danach Armee, 1984 geht er zur Verkehrspolizei. In Roßlau übernimmt er seine erste Leitungsstelle. Nach der Wende wechselt Reiß kurz in die Bezirksregierung Dessau, landet aber bald wieder bei der Polizei. Leiter Verkehrsdienst, eine Verwendung im Innenministerium und später Einsatzdienstleiter in Zerbst markieren die Stationen zurück in die Heimat. „Ich bin nie umgezogen“, erzählt Reiß. Seit 13 Jahren ist er mit kurzen Pausen stellvertretender Revierleiter in Wittenberg.
Vermittler mit Erfahrung
Die Leitung einer Verwaltung ist ihm damit schon mal wohlvertraut. Und auch im politischen Raum scheint er mittlerweile angekommen. Seit 2014 sitzt er im Kreistag, leitet dort den Ausschuss Umwelt, Landwirtschaft und Abfallwirtschaft. „Regionale Politik ist sehr vielschichtig, hat Vorgeschichte. Da braucht es eigentlich schon die erste Amtszeit, um bei allen Themen auf die Höhe der Zeit zu kommen“, erklärt er. 2019 wird er wieder in den Kreistag gewählt, dessen erster stellvertretender Vorsitzender er nun ist.
Seine Rolle als Landrat sieht Reiß als die eines Vermittlers. Viele seiner Themen, sind ja keine reinen Kreis-Themen. „Da ist es sehr schwer, etwas direkt zu ändern. Aber man kann Foren suchen, seine Meinung äußern und lokale Projekte vorbringen und vertreten“, erklärt er. „In der Landwirtschaft kann ein Landrat Sprachrohr für die Bauern sein. Die sind die Spezialisten. Zur Not setze ich mich auch auf den Traktor und fahre mit nach Berlin.“
Alteingesessene Industriezweige bräuchten Energie. „Die können aber nicht von mehr Photovoltaik oder Windkraft kommen, hier müssen neue Ideen wie Blockheizkraftwerke, Wasserstofftechnik und Brennstoffzelle her“. Es gelte, gute Kompromisse zu finden. Genau wie im Naturschutz. „Natura 2000“ müsse neu verhandelt werden. „Es kann nicht sein, dass wir unsere Mitbürger zu Naturfreunden erziehen wollen, ihnen aber gleichzeitig verbieten, die Natur kennenzulernen.“ Auch Biber und Wolf spricht er an. „Sicher gehören die hier her. Der Mensch aber auch“. Neue Deponien im Kreis wie etwa in Jüdenberg lehnt er ab.
Langer Atem bis 2040
„Wir leben hier auf einem wunderbaren Stück Erde, das man selbst gar nicht immer so zu würdigen weiß“, erklärt Reiß. Das sei aber nicht der Grund, warum Leute hierblieben oder gar zurückkämen. Dafür brauche es gute Infrastruktur, Schul- und Betreuungsangebote, einen guten ÖPNV und genügend Haus- und Fachärzte. Das Modell Poliklinik falle ihm dazu ein. Räume könnte man kostenlos zur Verfügung stellen.
2040 wird Mike Reiß nicht mehr aktiv sein. „Deswegen können wir aber jetzt die Grundlagen schaffen, dass ein Nachfolger auf einem stabilen Fundament weiterarbeiten kann.“ Der bekennende Motorrad-Langstrecken-Fahrer gibt sich selbstbewusst: „Ich bin angetreten, um die Wahl zu gewinnen.“ (mz)