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Lindenfeld in Wittenberg Lindenfeld in Wittenberg: Nicht nur Fassade

Von Irina Steinmann 11.08.2017, 17:00
16 Wohnungen entstehen im Gebäudeensemble Heubnerstraße 35 (links) und 36. Dank Laubengang auf der Hofseite ist nur ein Aufzug erforderlich.
16 Wohnungen entstehen im Gebäudeensemble Heubnerstraße 35 (links) und 36. Dank Laubengang auf der Hofseite ist nur ein Aufzug erforderlich. Klitzsch

Wittenberg - Imposante Fassaden gibt es eine ganze Reihe in der Lutherstadt. Schaut man in die Treppenhäuser, erwartet einen dort aber nicht selten das Ergebnis einer Schlichtsanierung aus den frühen 90ern - lieblos billig erneuerte Stufen und Böden, die nichts, aber auch gar nichts, mit der Geschichte des jeweiligen Hauses zu tun haben.

Bei zwei Häusern im Wittenberger Gründerzeitviertel Lindenfeld, die gerade saniert werden, ist das nicht zu befürchten. Obwohl - oder weil - die kommunale Wohnungsgesellschaft Wiwog versucht, dort Historie und heutige Ansprüche ans Wohnen miteinander zu verbinden.

Es handelt sich um die beiden Häuser Heubnerstraße 35 und 36, zwei benachbarte Gebäude, auf deren jeweils vier Etagen insgesamt 16 Zwei- und Drei-Zimmer-Wohnungen entstehen.

2,5 Millionen Euro investiert die Wiwog in das Projekt, das gemeinsam mit dem Wittenberger Büro bc-Architekten realisiert wird und plangemäß am 1. Dezember vollendet sein soll. Die ersten Mietverträge, so Patrick Thieme, der bei der Wohnungsgesellschaft fürs Marketing zuständig ist, seien bereits unterzeichnet.

Mit dem insgesamt mehr als 1.200 Quadratmeter großen Ensemble Heubnerstraße 35/36 von 1910 setzt die Wiwog auf Bewohner, die Gründerzeit-Elemente zu schätzen wissen, ohne deshalb auf Annehmlichkeiten verzichten zu wollen. Vier der Wohnungen, jeweils zwei pro Haus, sind barrierefrei und durch die Bank alle „barrierearm“.

Möglich macht dies ein Aufzug in Verbindung mit einem Laubengang auf der Hofseite, wo auch die 16 Balkone Platz finden werden. Noch freilich ist das Ganze eine lebhafte Baustelle und man braucht ziemlich viel Fantasie, um sich das Endprodukt vorzustellen.

Um Zwei- und Drei-Raum-Wohnungen und überhaupt verschiedene Grundrisse zu gewinnen, wurden die alten Aufteilungen zum Teil verändert. Badewannen etwa fallen sämtlich der angestrebten Barrierearmut zum Opfer. Erhalten bleiben allerdings die historischen Eingangstüren auf den Etagen. Sie werden derzeit aufgearbeitet, und zwar so, dass sie gleichzeitig heutigen Anforderungen an Brandschutz und Sicherheit genügen, so Wiwog-Projektleiterin Carmen Kayser.

Statt Schlüssel kommen übrigens Chips zum Einsatz, es gibt also ein „elektronisches Schließsystem“ in den gut 100 Jahre alten Gebäuden, die 15 Jahre lang leergestanden hatten.

Nicht erhalten werden konnten wegen des schlechten Zustands, wie es heißt, die Zimmertüren - sie würden allerdings originalgetreu nachgebaut, so Kayser. Deckenhöhen um die drei Meter bzw. wenigstens 2,80 Meter in der oberen Etage nähern sich den Gründerzeit-Maßen zumindest - mehr Höhe, begründet Kayser die leichte Abhängung der Decken, sei wegen des Platzbedarfs für Brandschutz in den Deckenbalken nicht drin gewesen.

Während in den Treppenhäusern die überkommenen Terrazzoböden beibehalten werden, bekommen die 16 Wohnungen neue Böden, „Design-Planke in Holzoptik“, das sei kein Laminat, betont Kayser, sondern ein sehr strapazierfähiger Kunststoff. Kleines Schmankerl obendrauf: In der Nummer 35 werden in alle Wohnzimmer (moderne) Kamine eingebaut. Dass schnelles Internet verfügbar sein wird dank Glasfaser und auch jede Wohnung einen eigenen Pkw-Stellplatz bekommen soll auf einem Grundstück an der Heubnerstraße, dürfte für viele Interessenten ebenfalls von Belang sein.

All das hat freilich seinen Preis. Mit einer Kaltmiete ab 7,50 Euro plus 2,50 Euro für Betriebskosten pro Quadratmeter liegen die neuen Domizile in der Heubnerstraße ziemliche weit oben auf der ortsüblichen Skala. Bei einem als „stabil“ eingestuften Wohnungsmarkt wie in Wittenberg - die eigene Leerstandsquote liegt laut Wiwog bei weniger als sechs Prozent - rechnet die kommunale Wohnungsgesellschaft damit, auch für dieses besondere Angebot Mieter zu finden.

Die Heubnerstraße ist Kayser zufolge insgesamt als Denkmal eingestuft. Dass die beiden Fassaden ordnungsgemäß saniert werden, versteht sich daher von selbst. Gelber Klinker wird bald wieder an der Nummer 35 zu sehen sein, die 36 behält ihren eigenartigen Reliefputz, der seinesgleichen weithin sucht und derzeit aufgearbeitet wird, dann wird sie grau angestrichen. So, sagt Carmen Kayser, wollte es die Denkmalpflege. Und noch mehr als Fassade will hier die Wiwog.

(mz)

Aufgearbeitet werden die historischen Eingangstüren - zu öffnen per Chip.
Aufgearbeitet werden die historischen Eingangstüren - zu öffnen per Chip.
Klitzsch
Wiederhergestellt wird auch die auffällige Fassade der Nummer 36 - laut Wiwog eine Auflage der Denkmalpflege. Wegen ihrer Gründerzeitfassaden steht die Heubnerstraße im Wittenberger Lindenfeld unter Denkmalschutz.
Wiederhergestellt wird auch die auffällige Fassade der Nummer 36 - laut Wiwog eine Auflage der Denkmalpflege. Wegen ihrer Gründerzeitfassaden steht die Heubnerstraße im Wittenberger Lindenfeld unter Denkmalschutz.
Thomas Klitzsch