Direktkandidaten im Wahlkreis 25 Landtagswahl 2016: Dirk Böhme tritt für die SPD an

Wittenberg - Vor dem Spielplatz im Luthergarten hat sich Dirk Böhme, Direktkandidat der SPD für den Wahlkreis 25, fotografieren lassen. Soziale Themen liegen dem 46-Jährigen besonders am Herzen. Seine soziale Ader habe er entdeckt, als seine Frau erkrankte, ein Leiden, dessen Folgen sie ein Leben lang begleiten. Nicht nur, dass der Familienvater sich während des langen Krankenhausaufenthaltes um die Kinder kümmerte und den Haushalt schmiss. „In dieser Zeit habe ich erst einmal Einblick bekommen, dass Menschen mit Behinderungen schwer klar kommen. Und dass Hürden im System es ihnen noch schwerer machen.“ Der Wille, daran etwas zu ändern, ist ein Beweggrund, warum es ihn nun in die Landespolitik zieht.
Dirk Böhme wurde 1970 in Schwedt/Oder geboren. Bald darauf zog seine Familie nach Wittenberg, wo er die damalige August-Bebel-Schule besuchte. 1986 lernte er Landmaschinen- und Traktorenschlosser. Im Mai 1989 wurde er zum Wehrdienst in die NVA eingezogen, der - dank der politischen Wende - nur knapp ein Jahr dauerte. Bis 1995 arbeitete er als Schlosser.
Danach ließ sich dann als staatlich anerkannter Heilerziehungspfleger ausbilden und arbeitete als solcher bis 2006 in der Salus-Einrichtung zur U-Haftvermeidung in Eisenhammer. Weil er sich mit dem Konzept nicht identifizieren konnte, ging er in seinen alten Beruf zurück. Er machte sich selbständig und absolvierte eine Meisterschule. Böhme ist verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder. Als Familienmensch genießt er es, dass sie in unmittelbarer Nähe wohnen. Er liest gern, fährt gelegentlich zum Hochseeangeln und ist gern in der Natur.
Als freiberuflicher Kfz-Meister arbeitet er für verschiedene Hersteller, darunter für Empl. Diese Verbindung zu Feuerwehr und Technischem Hilfswerk lasse ihn ermessen, „was die Kameraden dort leisten“. Leider, so meint er, werde das nicht so anerkannt und gefördert, wie etwa ein Übungsleiter auf dem Fußballplatz. Das sei ungerecht. „Wenn wir das Engagement der ehrenamtlichen Helfer - sei es nun Feuerwehr oder in anderen sozialen Bereichen - nicht hätten, das könnte der Staat gar nicht auffangen“, sagt Dirk Böhme.
Dass er sich nicht selbst in einem sozialen Verein engagiert, begründet er so: „Dann wäre ich befangen und könnte mich nicht für alle gleichermaßen einsetzen.“ Ehrenamtlich tätig ist er dennoch - als sachkundiger Einwohner im Umweltausschuss des Kreistages. In der Legislaturperiode zuvor war er als solcher im Schul- und Kulturausschuss.
Welche Maßnahmen würden Sie treffen, um die hohe Zahl von Flüchtlingen gut zu integrieren?
VERMITTELN: Für eine gute Integration werden Sprachangebote, feste Kontaktstellen und gegenseitiger Respekt benötigt. Aber auch, unsere Kultur und die Stellung der Frauen und Kinder in unserer Gesellschaft zu vermitteln.
Es fehlt im Land vor allem an hoch qualifizierten und gut bezahlten Jobs. Wie soll das geändert werden?
WEITERENTWICKELN: Um das Abwandern von qualifizierten Fachkräften aufzuhalten, war der Mindestlohn der richtige Anfang. Doch müssen Mitarbeiter ihrer Qualifikation und ihren Arbeitsjahren entsprechend entlohnt werden. Nur so ist es möglich Fachkräfte zu halten bzw. in unser Land zu holen.
Wofür wollen Sie sich - im Falle Ihrer Wahl - als Landtagsabgeordneter ganz besonders einsetzen?
GEGEN BÜROKRATIE: Das Handwerk und der Mittelstand benötigen einfach zugängliche Fördermittel. Der hohe Aufwand bei der Beantragung führt dazu, dass Förderprogramme für viele Unternehmen kein Thema mehr sind. Nur so ist es möglich, die Wirtschaft zu stärken.
Orte werden vom Bahnverkehr abgekoppelt. Welche Chancen sehen Sie, die Tendenz zu stoppen?
DAUERHAFT: Wir benötigen eine gute Anbindung im Bahnverkehr und wir werden den Bund daran erinnern, dass der Fernverkehr gemäß Grundgesetz dem Wohle der Allgemeinheit zu dienen hat. Die dauerhafte Wiederanbindung einzelner Ortschaften sehe ich als wichtiges Ziel, wobei Alternativen gegebenenfalls eine Möglichkeit wären.
Grundschulen sind in ihrem Bestand bedroht. Setzen auch Sie auf Mindestschülerzahlen?
VERTRETBAR: Im ländlichen Raum müssen wir individuell schauen, wie lang die Schulwege und ob diese noch vertretbar sind. Die Mindestschülerzahl muss in diesen Fällen individuell berücksichtigt werden. Eine strikte Sparpolitik darf nicht zu Lasten der Schüler gehen.
Zum sozialen System gehören für ihn auch gerechte Löhne. „Es kann nicht sein, dass ein Ungelernter genau so viel verdient wie ein Jungfacharbeiter, der drei Jahre gelernt hat.“ In dieser Beziehung hadert er auch mit dem Mindestlohn, den seine Partei in der großen Koalition im Bundestag durchgesetzt hat. Der Wille, zu lernen und sich zu qualifizieren müsse honoriert werden. Es liege an den geringen Löhnen im Land, die gut ausgebildete junge Leute abwandern ließen.
Rund 1,9 Millionen Menschen sind wahlberechtigt. Bei der Landtagswahl 2011 lag die Wahlbeteiligung bei 51,2 Prozent. Es treten landesweit 15 Parteien zur Wahl an. Insgesamt 423 Kandidaten wollen ins Parlament einziehen. Sachsen-Anhalts Landtag hat künftig nach einer Parlamentsreform mindestens 87 Abgeordnete.
Jeder Wähler hat zwei Stimmen. In den 43 Wahlkreisen wird per Erststimme je ein Abgeordneter direkt gewählt. Die übrigen Mandate werden entsprechend der Zweitstimmen über die Landeslisten verteilt.
Bislang sind vier Parteien im Landtag. Zuletzt gehörten 68 Abgeordnete der Regierungskoalition (CDU 42, SPD 26) an. Die Linke stellte 28 und die Grünen 9 Abgeordnete. Zu Beginn der Wahlperiode war die Sitzverteilung noch leicht anders, weil eine Linke-Abgeordnete zwischenzeitlich zur CDU wechselte.
Spitzenkandidat der CDU ist Ministerpräsident Reiner Haseloff (61). Die Linkspartei stellte ihren Fraktionsvorsitzenden Wulf Gallert (52) auf Platz eins. Die SPD zieht mit Fraktions- und Parteichefin Katrin Budde (50) in den Wahlkampf. Bei den Grünen ist Fraktionschefin Claudia Dalbert (61) das Aushängeschild. Die Alternative für Deutschland (AfD) tritt mit Landeschef André Poggenburg (40) an, die FDP mit Frank Sitta (37).
Das Flüchtlingsthema dominiert zahlreiche Debatten. Aber auch die Wirtschaftslage, die Personalausstattung bei der Polizei oder Kosten für die Kinderbetreuung sind wichtige Themen.
Das letzte ZDF-„Politbarometer“ sah die CDU bei 33 Prozent, Linke und SPD jeweils bei 19 Prozent. Die AfD käme auf 15 Prozent, die Grünen müssten mit 5 Prozent um den Wiedereinzug in den Landtag bangen, die FDP würde scheitern.
Keine Partei will mit der rechtspopulistischen AfD zusammengehen. Daher wäre eigentlich nur die Fortsetzung der schwarz-roten Koalition möglich. Linke, SPD und Grüne zusammen hätten keine Mehrheit im Landtag.
In der SPD ist Dirk Böhme seit 17 Jahren. Seine Mutter, langjähriges Kreistagsmitglied, habe ihn dahin gebracht. „Mein Sohn ist auch SPD-Mitglied“, sagt er nicht ohne Stolz. Im Ortsverband fühle er sich zu Hause. Er schwört auf alte Hasen wie Werner Grafe, zu denen man immer mit Fragen und Zweifeln kommen könne, die ihm Vorgänge verständlich machten. Der Kreisvorsitzende Arne Lietz habe ihn angesprochen, zur Landtagswahl zu kandidieren. Als die Entscheidung fiel, war Corinna Reinecke noch als Direktkandidatin für den Wahlkreis 24 mit der Stadt Wittenberg als Kern nominiert. (Sie entschied sich dann für den Job als Geschäftsführerin der Awo). So ist der Wittenberger für den Wahlkreis 25 aufgestellt worden und stellt nach den ersten Plakatierungen und Auftritten fest: „Der ländliche Raum ist gar nicht so schlecht, man kommt mit den Menschen auf dem Lande sehr schnell ins Gespräch.“ Asylpolitik und Infrastruktur seien die Themen, die die Einwohner dort bewegen. „Ich halte aber nichts davon, Versprechungen zu machen.“ (mz)