Kriminalität Kriminalität: Falschgeld in Wittenberg im Umlauf
Wittenberg - Die Sparkasse warnt auf dem großen Monitor in der Filiale am Wittenberger Markt: „Vorsicht, Falschgeld!“. Betroffen davon seien vor allem Zehn-Euro-Noten. Die Falsifikate haben alle die gleiche Seriennummer: EB 4080199977. „Das ist nicht neu. Aber es ist richtig viel im Umlauf“, sagt die Frau am Schalter. „Aber Sie müssen keine Angst haben, die Fälschungen sind nicht gut“, gibt die Angestellte fast Entwarnung, aber fügt dann doch hinzu: Mit der Zeit seien die Blüten doch besser geworden. „Zuerst war das Wasserzeichen einfach aufgebügelt“, erzählt sie.
Kein Werk von Profis. Doch die „Geldproduzenten“ haben inzwischen ihr verbrecherisches Treiben offensichtlich perfektioniert. Auf dem kleinen Foto (nebenstehend) ist die obere Note gefälscht. Erkennbar ist das am misslungenen Hologramm. Das Geldinstitut - eine offizielle Bestätigung erhält die MZ aber nicht - hat allein seit November 20 falsche Zehner vernichten müssen. Das ist eine bisher völlig unbekannte Dimension. „Ein ganz großes Ding“, kommentiert eine Polizeibeamtin.
„Es besteht aber kein Grund zur Panik. Wir wollen unsere Kunden vor allem sensibilisieren“, begründet Bankdirektor Thomas Arndt seine mutige Info-Offensive.
Marktleiter klärt auf
Und die hat durchaus Erfolg. Arsenal-Managerin Nicole Krüger hat die Warnung am Bank-Monitor zur Kenntnis genommen und sofort die Geschäfte in ihrem Haus zur Aufmerksamkeit ermahnt. „Die Zehn-Euro-Noten zu fälschen ist unheimlich clever. In den Läden wird in der Regel erst bei den 50-Euro-Noten zum Prüfstift gegriffen“, erklärt die Fachfrau. Aufklärungsarbeit leistet in diesen Tagen auch Dennis Lehmann. „Ich habe jeden Händler auf dem Weihnachtsmarkt eine Blüte gezeigt“, sagt der Marktleiter. „Wir haben uns sofort ein Prüfgerät angeschafft“, erklärt Raik Stepputtis vom FC Grün-Weiß Piesteritz, der einen Glühweinstand betreibt. Trotzdem waren der oder die Täter auf dem Markt - nach MZ-Informationen an Versorgungsständen - schon mehrfach erfolgreich.
„Einen Fall haben wir bei der Polizei angezeigt“, so Lehmann. Die anderen Betrugsopfer haben auf einen solchen Schritt verzichtet. „Das Falschgeld wird erst bei der Abrechnung entdeckt“, erklärt Lehmann, so dass niemand der Polizei eine Täterbeschreibung liefern könne. Auf dem Markt seien aber auch schon vereinzelt gefälschte 20-Euro- und 50-Euro-Scheine aufgetaucht. Das bestätigt auf MZ-Anfrage Wittenbergs Polizeichef Marcus Benedix. „Aber 80 Prozent der gemeldeten Fälle betrifft die zehn Euro“, sagt der Revierleiter, der die konkrete Zahl der vorliegenden Strafanzeigen nicht nennen möchte. „Es gibt mehrere“, sagt er. Betroffen seien auch Geschäfte in der Innenstadt. Es handle sich aber um „ein lokales Problem“.
Das heißt, Blüten sind außerhalb der Stadtgrenzen zumindest bisher nicht aufgetaucht. Und das deutet daraufhin - auch wenn der Polizeichef sich nicht an Spekulationen beteiligt - dass der oder die Täter auch aus der Region stammen. Der unbekannte Geldproduzent probiert das Ergebnis seiner Bastelei zuallererst - und auch das ist ein deutlicher Hinweis auf Unerfahrenheit - in einem videoüberwachten Supermarkt aus. Das geht trotz der miserablen Qualität der Blüten problemlos. Doch gerade der anfängliche Dilettantismus ist auch ein klares Indiz dafür, dass es sich in der Lutherstadt nicht um die „Produkte“ einer internationalen Fälscherbande, die aus Italien operiert, handelt. Auf deren Konto gehen allein 2014 52 Prozent des sichergestellten Falschgeldes in Deutschland.
Die mittels Offset-Druckverfahren produzierten Falschnoten sind von ausgezeichneter Qualität und im Bargeldverkehr - im Gegensatz zu den Fällen in Wittenberg - nur schwer als Blüten zu erkennen. Vertrieben werden die eigentlich wertlosen Papiere im Darknet, dem verdeckten, anonymen Bereich des Internets. Bezahlt wird mit digitaler Währung. Der Versand erfolgt per Post.
Bundesbank ist nicht beunruhigt
Im vorigen Jahr wurden im Eurosystem rund 838 000 falsche Noten aus dem Verkehr gezogen. Davon stammten 63 300 Stück „im Wert“ von 3,3 Millionen aus Deutschland. 82 Prozent dieser Fälschungen waren 50- und 20-Euro-Noten. Mit acht Fälschungen auf 10 000 Einwohner pro Jahr ist das Aufkommen falscher Noten laut der Bundesbank „jedoch ausgesprochen niedrig“. (mz)