Kreis Wittenberg Kreis Wittenberg: Sonnenbrand und Bodenfrost
BERGWITZ/MZ. - "Wir bauen ein Floß", sagt Lucas Bechmann voller Stolz. Dafür muss der Neunjährige zusammen mit anderen Kindern handwerkliches Geschick beweisen. Kleine Baumstämme werden von Astvorständen befreit, aber wie die Bojen befestigt werden, darüber sind sich die Jungs noch nicht klar. Ziel ist es dennoch, das Floß bald fertig zu haben, schließlich wollen alle damit die Insel auf dem Bergwitzsee erkunden. Viel Zeit haben sie dafür nicht, denn das Zeltlager ist Sonntag vorbei.
Lucas ist eines von 126 Kindern und Jugendlichen zwischen acht und 14 Jahren, die ihr Lager für fünf Tage in Bergwitz an der Bungalowsiedlung "Zum Forsthaus" aufgeschlagen haben. Bereits zum dritten Mal findet das jährliche Treffen, von evangelisch-freikirchlichen Gemeinden organisiert, statt. Wolfgang Müller ist einer der Betreuer. Zusätzlich zu den Teilnehmern, die aus Halle, Magdeburg, Bitterfeld, Stendal, Leipzig, Nordhausen oder Wittenberg kommen, haben sich in Bergwitz 60 helfende Hände versammelt.
In diesem Jahr steht das Treffen unter dem Motto "Wikinger". Aus diesem Grund thront auch mitten auf dem Platz, um den die Zelte aufgebaut sind, ein großes Schiff. Mit Holz und Bettlaken erinnert es an die vergangenen Tage der großen Seebären. Aber es wird nicht nur mit Holz gebaut. Auch Aktivitäten wie Fußball, Tanzen oder Musizieren stehen auf dem Tagesplan der Teilnehmer.
Der Morgen beginnt allerdings mit einer Bibelstunde, erklärt Müller. "Es geht uns auch darum, Werte zu vermitteln." Dazu haben die Kinder beispielsweise eine typische Fernseh-Castingshow nachgestellt, aber mit Eigenschaften, die es wert sind gezeigt zu werden, Fürsorge und Verständnis etwa.
Geschlafen wird in großen Zelten, in denen bis zu zehn Personen Platz finden. Um den Gemeinschaftssinn zu stärken, werden alle Aktivitäten in Teams ausgespielt. Höhepunkt ist unter anderem der Bau einer kleinen Siedlung in Konkurrenz zu anderen. Dafür wurde extra ein Waldstück abgesteckt. "Die Kinder bauen, werden Handwerker und können sich Meisterbriefe erarbeiten", beschreibt Müller das Rollenspiel. "Wichtig ist, dass nicht der Beste gewinnt, sondern immer ein Gruppe", sagt er. Lucas etwa gehört zu den "Dugfuss" (ein typischer Wikingername) - das steht groß unter dem Namen des Bitterfelders. So schweißen die fünf Tage, die alle miteinander verbringen, eng zusammen.
"Wann hat man heutzutage schon mal die Möglichkeit an einem richtigen Zeltlager teilzunehmen", fragt Müller. Sogar einen Lagerpastor hat die Siedlung auf Zeit. Christian Fischer ist Jugendreferent in Magdeburg beim Gemeindejugendwerk. Er ist mitverantwortlich für die täglichen Bibelzeiten der Jugendlichen. Sogar eine kleine Zeltkirche gibt es. Darin kann man sich zurückziehen. Für Ruhe an sich sorgt aber schon das Handyverbot für alle Teilnehmer. "Das würde nur ständig ablenken", meint Müller. Und so kann es eben zugehen, wie man es sich in einem Lager vorstellt: Nachtwache muss organisiert werden; zum einem um das Feuer zu bewachen, zum anderen um Obacht auf die große Flagge mitten auf dem Platz zu haben. Die wird nämlich gern mal erobert, erzählt der Wittenberger Müller.
Für das Essen der ganzen Kompanie ist ein Küchenteam verantwortlich. Vorrat hat Rebecca Girlich besorgt. Sie kommt aus Thüringen und ist eine der Leiterinnen des Zeltlagers. Bei ihr bekommen alle Rat, falls es mal brenzlig wird. "Von Sonnenbrand bis Bodenfrost haben wir schon alles mitgemacht", erzählt sie. Und sie muss es wissen: Früher hat sie selbst als Teilnehmerin mitgemacht, inzwischen ist sie Organisatorin, zusammen mit ihrem Mann - den sie im Lager kennen gelernt hat.