Kinderbetreuung in Wittenberg Kinderbetreuung in Wittenberg: Eltern durch Kündigung kalt erwischt

wittenberg/MZ - Gunter Pfitzmann hat es kalt erwischt. Der Wittenberger ist dreifacher Familienvater, seine älteste Tochter besucht die erste Klasse der Diesterweg-Grundschule - und den praktischerweise im gleichen Gebäude untergebrachten Hort „Abenteuerland“. Noch. Denn Familie Pfitzmann hat unlängst einen Brief erhalten und sich ungläubig die Augen gerieben. Dort steht, dass ihr Kind ab August leider nicht mehr betreut werden kann in dem Hort. „Wir sind“, räumt Pfitzmann ein, „ziemlich angefressen“. Gegenwärtig betreut seine Frau noch das jüngste Kind zu Hause, wenn das in den Kindergarten und sie wieder arbeiten gehen möchte, wird es eng. „Wir hängen in der Luft und wissen noch nicht, wie es weitergehen soll.“
Seit Jahren ein Problem
Ute Eckelmann hat lange gezögert, bevor sie die Briefe in Auftrag gegeben hat. Sie ist Geschäftsführerin des Behindertenverbandes, der wiederum Träger des Hortes „Abenteuerland“ ist. „Der Bedarf“, erklärt sie, „ist seit Jahren größer als das Angebot.“ Der Verband hangelt sich von Ausnahmegenehmigung zu Ausnahmegenehmigung, was sie sich wünscht: endlich eine langfristige Lösung. Nicht zuletzt deshalb, weil die Personalplanung an den Plätzen hängt und weil sie fürchtet, dass sich gute Leute, die nur einen befristeten Vertrag erhalten, anderweitig umschauen könnten. „Ab dem ersten Tag“, konkretisiert Hortleiterin Constanze Bräunlich, „mussten wir Überkapazitäten beantragen. Bei rund 260 Schülern reichen die Plätze einfach nicht.“ Dass die Situation jetzt so schwierig wird, hat damit zu tun, dass die ebenfalls im Komplex untergebrachte Evangelische Gesamtschule zwei bislang an den Hort abgetretene Räume selber benötigt. Und weil die Räume nur befristet gemietet werden konnten, sind seit zwei Jahren lediglich befristete Verträge geschlossen worden. Ab Anfang August stehen die Räume nicht mehr zur Verfügung, der Verband konnte nicht anders, als den Eltern die unerfreulichen Briefe zuzusenden. Eckelmann: „22 Kinder der jetzigen ersten Klasse sind ab August nicht versorgt“ - eines ist das der Familie Pfitzmann. Hinzu kommen zahlreiche Neuanmeldungen. Sie schätzt, dass rund 40 Plätze fehlen.
Eingeschaltet hat sich längst der Elternrat der Stadt. Sprecher Tobias Ulbrich beklagt, dass die Eltern hingehalten werden, dass die Verunsicherung erheblich ist: „Da hängen doch Existenzen dran. Im Notfall müssen die Familien wegziehen. Wir sind der Stadt sehr dankbar, dass die Beiträge bezahlbar bleiben. Aber für die Grundlagen muss sie trotzdem sorgen.“ Ulbrich: „Die Träger sind doch bemüht, etwas zu tun. Aber man muss sich mit denen an einen Tisch setzen.“ Bis Ende März sei eine Lösung versprochen gewesen: „Versprochen war auch, uns zu informieren, aber ich musste mich immer wieder melden und nachfragen.“ Das ständige Nachfragen kennt auch Matthias Nebelung, Vorsitzender des Elternkuratoriums. „Wir haben erst drei Tage vor Schulbeginn erfahren, dass wir für Johanna einen Hortplatz erhalten.“ Er beklagt den Mangel an einem langfristigen Konzept und nennt es ein Problem, dass der Einzugsbereich so groß ist. „Längst ziehen die Leute doch nicht mehr aufs Land, sie ziehen in die Stadt.“
„Es wird eine Lösung geben.“ Das versprechen die mit der Problematik befassten Vertreter von Stadt und Kreis. „Seit vielen Wochen sind wir am Ideensammeln, am Prüfen und Schauen“, sagt Anett Brachwitz, Leiterin des Eigenbetriebs Bildung. „Dass die Eltern nervös sind, kann ich nachvollziehen, aber so schnell geht das nicht: Es muss schließlich alles stimmen.“ Sie kündigt ein Treffen am 8. Mai an, bei dem Nägel mit Köpfen gemacht werden sollen.
Kleine Lösung geht nicht
Von insgesamt sieben Varianten, die im Raum standen, spricht Ute Helmchen, amtierende Fachdienstleiterin beim Kreis: „Vier sind verworfen, drei noch im Gespräch. Wir reden von etwa 40 Kindern. Da geht keine kleine Lösung. Es müssen etliche Faktoren berücksichtigen werden.“ Sie bittet um Verständnis, dass nicht jede Überlegung öffentlich diskutiert werden kann: „Das würde die Verwirrung nur erhöhen.“