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Katastrophenschutzübung  Katastrophenschutzübung in Wittenberg: Rettungskräfte üben Ernstfall nach Unwetter

Von Ilka Hillger 26.06.2016, 16:34
Rettungskräfte kümmern sich bei der Übung um die Verletzten aus einem Zeltlager nach dem heftigen Unwetter.
Rettungskräfte kümmern sich bei der Übung um die Verletzten aus einem Zeltlager nach dem heftigen Unwetter. Thomas Klitzsch

Wittenberg - Der Samstag begann für Mario Preller ausgesprochen früh. „Ich bin vier Uhr aufgestanden“, sagt er. Wenig später griff er zum Schminkkoffer und machte sich mit sieben Kollegen an die Arbeit.

Aussagekräftige Wunden waren der Auftrag für den Johanniter aus Leipzig. Dort unterrichtet Preller in der Johanniter-Akademie Mitteldeutschland als Teamleiter in der Realistischen Unfalldarstellung.

In Wittenberg demonstrierten er und sein Team am Freitag und Samstag, was man in dieser Ausbildung lernt. Bei der Katastrophenschutzübung des Landkreises waren sie ein Rädchen im großen Getriebe dieser Probe für den Ernstfall.

Verletzte im Leucorea-Hof

„Fleischwunden und Verbrennungen, die dauern lange, bis zu 40 Minuten, weil mehrere Latexschichten aufgetragen werden müssen“, sagt Preller neben dem Brunnen im Hof der Leucorea am Samstagmorgen.

Zu seinen Füßen liegen Nina Schulze und Anna-Luise Ober. Der einen wird Kunstblut auf die Wunde am Auge geträufelt, die andere soll ihre verbrannten Hände in Brunnennähe halten. Die beiden Mädchen von der Johanniter-Jugend mussten ähnlich früh aus den Federn wie Preller, um das Schminkprozedere über sich ergehen zu lassen.

Nun müssen sie warten. Anfangs ist das kein Problem. Gegen acht Uhr ist es im Leucorea-Hof noch angenehm kühl und schattig, doch das ist nur von kurzer Dauer. Wenig später geht es hier nicht nur in puncto Sonne heiß her.

Drei Schauplätze

Der Hof in der Wittenberger Altstadt ist einer von drei Schauplätzen, an dem sich die Katastrophenübung fortsetzt, die am Freitag mit einer Wasserrettung auf der Elbe begann. Auslöser für die Szenarien hier, am Fußgängertunnel nahe dem Bahnhof und in einem Zeltlager am Finanzamt ist ein heftiges Unwetter.

Am Samstag in der Früh mutet das paradox an, sind doch die realen Warnungen für den Abend schon im Umlauf. „Dann haben wir es geübt“, sagt Stefan Langrock, Übungsleiter im Leucorea-Hof.

8.20 Uhr geht es los

8.17 Uhr meldet sein Funkgerät „Übungsbeginn in drei Minuten“. Langrock, im Hauptberuf Brandschutzprüfer beim Landkreis, blickt noch einmal in die Runde. Da steht die Bühne in der Hofecke, halb eingestürzt nach Blitzeinschlag. Statisten mit schweren Verletzungen liegen auf Decken rundum, teilweise auch unter Trümmerteilen.

Im Nebengebäude steigt aus Dachfenstern Rauch auf. Das Szenario steht, die Retter und Helfer können kommen, und weil der Brandmelder anschlug, ist es die Feuerwehr, die als erste am Ort des Geschehens eintrifft.

„Sie müssen sich ein Bild von der Lage machen und weitere Einsatzkräfte rufen“, sagt Mario Preller. Eben noch Schminker ist der Mann jetzt Schiedsrichter.

Als die Feuerwehrleute eintreffen, werfen diese nur einen kurzen einschätzenden Blick auf die 16 fiktiven Verletzten, das Gros der Feuerwehrleute kümmert sich zunächst um den Brand.

„Sichern und Löschen ist deren erste Aufgabe“, erklärt Preller. Erst mit den nächsten Wehren, die den Parkplatz hinter der Leucorea zügig vollparken, gesellt sich zu jedem Verletzten ein Feuerwehrmann.

Anna-Luise Ober, der 16-Jährigen mit den Brandwunden an den Händen, kommt etwas Abwechslung gelegen. Denn längst sind es nicht nur Mitwirkende, die den Leucorea-Hof bevölkern. Eingefunden hat sich auch Ute Giede mit ihren Kindern Alexa und Arwid. Kurzerhand wurde für die Vorschulkinder ein Friseurbesuch unterbrochen, um sich das Spektakel anzusehen.

Arwid (6) ist begeistert. „So was habe ich noch nie gesehen“, staunt der Junge und die Mutter versichert den Kindern immer wieder, dass all dies nur eine Übung ist.

Das hat zuvor auch Andreas Stein getan. Am Freitag war er noch Schiedsrichter auf der MS Wittenberg, jetzt hat der Mann aus Gräfenhainichen frei und kurzerhand den Shoppingausflug mit Frau und beiden Kindern mit einem Besuch der Übung verbunden.

Andere geraten unverhofft in das Szenario. Japanische Touristen schauen sich um und suchen schnell das Weite.

Getümmel im Fußgängertunnel

Ein paar Hundert Meter entfernt im Fußgängertunnel geleiten Helfer zwei alte Frauen nach dem Friedhofbesuch sicher durch das Getümmel, dass an diesem Standort der Übung herrscht. Hier sind die simulierten Verletzungen bei einer Massenhysterie im Nadelöhr zwar nicht so schwer, wie an der Leucorea, dieses Manko machen die jungen Statisten aber mit großer Dramatik wett.

Es wird geschrien und gejammert, und so ist es schließlich auch gewollt. Die Helfer und Retter sollen mit einer Situation umgehen, die so realistisch wie möglich dargestellt wird, selbst wenn alle im Vorfeld natürlich genau wussten, dass dies nur eine Übung ist, für die alle Fäden in der hauptamtlichen Wachbereitschaft im Teucheler Weg zusammen laufen.

Hilfe im Bundeswehrlazarett

Am anderen Ende des Fußgängertunnels, an der Kuhlache, ist an diesem Tag für die Statisten der Übung Endstation. Dort ist das Bundeswehrlazarett aufgebaut und gut zwei Stunden nach Übungsbeginn kommen die ersten fiktiven Verletzten an, unter erschwerten Bedingungen.

Mitten in der Zufahrt ist auf der B 187 ein Traktor liegen geblieben und muss von den Rettungswagen umkurvt werden. Einer von den kleineren Zwischenfällen an diesem Tag, der jedoch im Fazit gut verlaufen ist.

„Das Ziel der Übung ist erfüllt, auch wenn es einige Knackpunkte gab, die in der Ausbildung nachgearbeitet werden müssen“, bilanziert Landkreis-Sprecher Ronald Gauert. Benennen will er die Defizite nicht vor der großen Auswertung am Dienstag. (mz)