1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Wittenberg
  6. >
  7. Hochwasser in Wittenberg: Hochwasser in Wittenberg: Freiwillige fühlen mit und packen an

Hochwasser in Wittenberg Hochwasser in Wittenberg: Freiwillige fühlen mit und packen an

Von Rainer Schultz 07.06.2013, 18:02
Extra aus Sangerhausen sind Andrea Jenß (li.) und Caterina Albrecht-Wolf zum Helfen nach Wittenberg gekommen.
Extra aus Sangerhausen sind Andrea Jenß (li.) und Caterina Albrecht-Wolf zum Helfen nach Wittenberg gekommen. achim kuhn Lizenz

wittenberg/MZ - Dem Aufruf der Stadt Wittenberg, Sandsäcke in der Kiesgrube Euper zu füllen, sind am Donnerstag viele Freiwillige gefolgt. Einer von ihnen, Peter Am Ende aus Teuchel, der sonst im Bahnausbesserungswerk Dessau arbeitet, sagt: „Hier werde ich im Augenblick gebraucht.“ Markus Hennen, der ein Planungsbüro in Jüterbog betreibt und in Wittenberg wohnt, meint nur: „Mein Schreibtisch kann auch mal einen Tag auf mich verzichten. Hier geht es im Augenblick um wichtigere Dinge.“

Gegen 9 Uhr sind etwa 70 Helfer bei der Arbeit. Sie kommen nicht nur aus Wittenberg. Aus Sangerhausen hat es mit zwei weiteren Mitstreitern Andrea Jenß hierher verschlagen. Am Mittwoch erst halfen sie in Halle. „Wir fühlen mit den Betroffenen und können nicht tatenlos zusehen“, erklärt sie ihre Motivation. Diese Einstellung teilt offenbar auch Karin Kabus aus Braunsdorf: „Ich kann doch jetzt nicht sorglos Rasen mähen und hier bricht alles zusammen.“

Ähnlich ergeht es dem Rentner Dietmar Schmidt aus Wittenberg: „Einen kleinen Beitrag möchte ich auch leisten.“ Dabei stapelt er 15 Kilogramm schwere Sandsäcke ohne Pause auf den Container in einer zehn Meter langen Kette. Und dann ertönt an diesem ungewohnten Ort ein Spiritual, jener Gesang, den farbige Amerikaner oft bei ihrer harten Arbeit pflegten. Wie passend! Eine Gruppe angehender Pfarrer aus Wittenberg und Vorsänger Alexander Felchle aus Wilsdruff stimmt „This little light of mine“ an - und kaum zu glauben: Bereits beim Refrain singen alle mit.

Was macht man an einem freien Tag? Für Yvonne Bruntsch von der Intensivstation des Coswiger Herzzentrums gibt es kein langes Zögern. „Ich helfe heute hier. Schließlich ist Wittenberg seit elf Jahren meine Heimatstadt.“ Ihre Kollegin Katja Wartmann, die eigentlich als Katharina von Bora am Wochenende eine der Hauptfiguren des Stadtfestes verkörpern sollte, macht auf ihre Weise wegen des Festausfalls „Frustbewältigung“, indem sie mit Schippe und Spaten kräftig Hand anlegt. Ehemann und Schwiegervater Rainer sind ebenfalls im Helferteam. Für das Augustinuswerk Wittenberg ist es ebenfalls ein Muss, zusammen mit Gruppenleiter Olaf Langner Hand anzulegen. 26 Mitarbeiter greifen zu Sandsack und Schaufel.

Wer nun glaubte, an diesem Tag sein Frühstücksbrot mitbringen zu müssen, wurde angenehm enttäuscht. Marion Queitsch vom Verein „Frauen, Freizeit – Feuerwehr“ Wüstemark hatte mit ihrem Organisationstalent für Spenden in Super- und Baumärkten, der Bäckerei Raffael sowie Tankstellen und der Brauerei Zahna gesorgt. Das Ergebnis konnte sich in Form eines reichlich gedeckten Tisches sehen lassen. Von den Akteuren wurde es dankbar angenommen. Margit Friedemann vom Schloss Kropstädt hat unterdessen für Würstchen und eine nahrhafte Suppe gesorgt. Gegen 13 Uhr hat die Sonne inzwischen fast ihr Zenit erreicht. An alles ist gedacht worden - auch an Sonnenschutzcreme, die gute Dienste leistet.

20 000 gefüllte Säcke sind schließlich das Ergebnis bis gegen 13 Uhr. Schwerpunktorte, wie der Obi-Baumarkt in unmittelbarer Nähe zur Elbe oder ein Sportfachgeschäft in der Dresdener Straße werden beliefert. Auch nach 15 Uhr treffen immer noch freiwillige Helfer ein. Dieser Tag wie die bereits zurückliegenden zeigt: Worte wie Zusammenhalt und Solidarität werden in Krisensituationen durch Taten wieder belebt.