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Grieboer Orgel Grieboer Orgel: 702 Pfeifen klingen wie neu

Von Claudia Lasslop 25.06.2012, 19:35

Griebo/MZ. - Wann genau die Orgel der Johanniskirche in Griebo zuletzt gespielt wurde, darüber kommen am vergangenen Sonntag einige ins Grübeln. Vor rund 20 Jahren muss es wohl gewesen sein, spätere Spielversuche hätten in einem Pfeifen und Zischen geendet, erinnern sich dann doch einige Gemeindemitglieder. Nachdem das Geld für eine Sanierung lange Zeit gefehlt hatte, war es an diesem Wochenende nun endlich soweit - komplett erneuert konnte die Röver-Orgel erstmals wieder ihren Dienst tun.

Bis zuletzt hatte Orgelbauer Thorsten Zimmermann an dem Instrument gearbeitet und erst am Sonntagvormittag die dreimonatige Bauzeit beendet. "Angefangen haben wir mit einer Grundreinigung, weil die Orgel extrem verschmutzt war." Die lange Zeit ohne Nutzung war eben nicht unbemerkt an dem 109 Jahre alten Instrument vorbei gegangen. "Danach haben wir das Pfeifenwerk komplett überarbeitet." Dabei redet Zimmermann aber gar nicht von den blank polierten, verschieden großen Pfeifen, die auf der Frontseite zu sehen sind. Aus denen wird niemals ein Ton erklingen. "Die sind nur Zierde, für die Optik und ansonsten allesamt stumm", erklärt der Orgelbauer aus Halle.

Hinter der Zierde aber verbergen sich die insgesamt 702 klingenden Holz- und Metallpfeifen, die überarbeitet wurden. "Außerdem haben wir ein Register rekonstruiert, das vor etwa 50 Jahren umgebaut worden war. Das hatte man abgeschnitten, weil eine hellere Klangfarbe damals gerade dem Zeitgeschmack entsprach. Dabei passt das nicht wirklich zu dieser romantischen Orgel." Dieses Register wurde im Zuge der Arbeiten wieder in seinen Originalzustand gebracht. Und auch das Gebläse funktioniert nun wieder einwandfrei.

"Hier wurde geschwitzt und geschuftet", sagte Pastor Holm Haschker im festlichen Gottesdienst zur Orgelweihe und fügte dem hinzu "und geblutet." Wenige Tage vor Abschluss der Arbeiten hatte sich ein Mitarbeiter des Orgelbauers mit einem Dremel beim Bearbeiten der Pfeifen in die Handfläche geschnitten. Ihm geht es nach ärztlicher Behandlung gut, wie Zimmermann versicherte. Er hat die Hand aber noch verbunden.

Mit "Tochter Zion, freue dich" hörten er und die Gemeinde in einer bis auf die letzte Bank gefüllten Kirche schließlich das erste gottesdienstliche Orgelspiel nach 20 Jahren. Ein zufriedenes Lächeln zauberte es vielen auf die Lippen und interessierte Blicke wandten sich gen Empore, während Thorsten Zimmermann vielmehr die geschulten Ohren spitzte: "Ich bin grundsätzlich sehr zufrieden, was wir hier geschafft haben. Vorher hätte ich auch gar nicht aufgehört." Weswegen die letzten Handgriffe für ihn an diesem Sonntagnachmittag auch erst wenige Stunden zurücklagen und er sich generell als schlechter Konzertzuhörer einschätzt, wenn er selbst an den Instrumenten gearbeitet hat: "Das kann ich oft gar nicht richtig genießen, weil ich die kleinste Kleinigkeit heraus höre." Rund 18 000 Euro hat die Sanierung gekostet, finanziert unter anderem durch die Stiftungen von Sparkasse und "Evangelium und Kirche" sowie der Landeskirche. Mit Spendengeldern soll nun als nächstes die Turmuhr wieder in Betrieb genommen werden und über den Dächern von Griebo endlich wieder die richtige Zeit anzeigen.