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Er wollte Freund nicht belasten Er wollte Freund nicht belasten: Doch der war bei dem Urteil schon drei Wochen tot

Von Ilka Hillger 13.04.2018, 16:45

Dessau/Wittenberg - Keller und deren Inventar sind manchmal für Überraschungen gut. Wirklich überrascht waren die Kriminalbeamten im Juli 2016 allerdings nicht, als sie einen solchen in Pratau durchsuchten. Erkenntnisse aus Ermittlungen und innerhalb derer eine Telefonüberwachung hatten die Polizisten schließlich erst in das Haus geführt, in dem Ronny B. wohnt.

Bei der Durchsuchung an diesem Tag fanden sie im besagten Keller, der zu der Wohnung seiner heutigen Verlobten gehört, eine beträchtliche Menge an Betäubungsmitteln, vor allem Crystal, LSD und Liquid Ecstasy.

Das Amtsgericht Wittenberg hatte daraufhin den 37-Jährigen im Oktober 2017 wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Ronny B. legte dagegen Berufung ein, so dass die 4. Strafkammer des Dessauer Landgerichtes in dieser Woche nun noch einmal den Fall prüft und die Beweise aufnimmt.

Anwalt sieht Lebenswandel

Am ersten Verhandlungstag macht der Vorsitzende Richter Thomas Knief schon nach wenigen Minuten mit aller Deutlichkeit klar: „Diese Kammer macht keine Deals. Punkt.“ Vorausgegangen war diesem Grundsatz die Erklärung von B.s Rechtsanwalt Christian Schößling.

Wortreich zog er die Gründe, die zur erstinstanzlichen Verurteilung führten, in Zweifel, sprach die Möglichkeit von Beihilfe zum Besitz von Drogen ebenso an wie eine Alternativtäterschaft, um dann auf die Läuterung und Einsicht seines Mandanten zu sprechen zu kommen, der nach der Geburt zweier Kinder sein Leben gewandelt haben soll und mit seiner Berufung auf eine Bewährungsstrafe zielt.

Laut Anwalt könnte diese in Betracht kommen, wenn man die Tat in Einheit mit einer anderen aus B.s Vergangenheit sieht, dem Fahren ohne Fahrerlaubnis, wofür er schon verurteilt wurde. Just bei so einer Fahrt soll nämlich auch jener kleine Tresor in den Keller gekommen sein, in dem man einen Teil der Drogen fand.

An dieser Stelle aber sagt der Richter: „Ich war noch nie ein Freund von Deals.“ - „Ich halte das Urteil für richtig und habe keine Bewährung im Auge“, äußert sich die Staatsanwältin.

Anwalt und Angeklagter beraten sich kurz, dann schildert Christian Schößling im Namen seines Mandanten das Tatgeschehen. Der Besitz der Betäubungsmittel sei demnach zutreffend und der Tresor gehöre seinem Mandanten. Ins Haus und in den Keller seiner Freundin kam er gewissermaßen als Depot für den eigenen Konsum und für regelmäßig stattfindende Partys mit mehreren Personen, die bei solchen Anlässen allesamt Drogen nahmen.

B. habe den Tresor gemeinsam mit seinem Freund Markus H. befüllt und in den Keller geschafft. Auch andere Freunde und Bekannte sollen den Code gekannt und ihren eigenen Bedarf dort verwahrt haben.

Andere mit dabei gewesen?

Die von den Beamten sicher gestellten Drogen seien die Restmenge der Erstbefüllung gewesen, LSD und Liquid Ecstasy seien nicht durch Ronny B. in den Keller gelangt, denn dieser habe damals nur Crystal konsumiert. Im Übrigen bedauere B. seine Tat und bitte das Gericht um Verständnis für seinen damaligen Lebenshintergrund.

Warum er das Detail des Tresortransports vor dem Amtsgericht nicht erwähnt habe, begründete B. dann selbst damit, seinen Freund Markus H. nicht belasten zu wollen. Als das Amtsgericht Wittenberg am 20. Oktober 2017 sein Urteil verkündete, war dieser Freund jedoch schon seit drei Wochen tot.

Denn H. war jener Mann, der am 29. September bei einer Auseinandersetzung mit vier Syrern am Einkaufszentrum Arsenal durch einen Sturz so stark am Kopf verletzt wurde, dass er nur wenig später starb. Eine Anklage lief auch gegen ihn zum damaligen Zeitpunkt.

Als Händler tätig?

Ohnehin verdichten sich nach den Aussagen mehrerer Kriminalbeamter der Polizeidirektion Ost die Hinweise darauf, dass B. womöglich damals mit Markus H. auch den Handel von Drogen betrieb. Entsprechende Erkenntnisse würden aus der Telefonüberwachung hervorgehen, berichtet der leitende Ermittler.

Oft hätten sich Personen gemeldet, die etwas abholen wollten. Wenn Ronny B. nicht anzutreffen war, habe er meist an seinen Freund Markus H. verwiesen. Aus seiner beruflichen Erfahrung könne man daraus schließen, dass mit Betäubungsmitteln gehandelt wurde, so der Ermittler.

B. habe sich zudem regelmäßig in Wittenberg mit einem Mann getroffen, gegen den eine Anklage wegen Handelns mit Betäubungsmitteln läuft. Dies zu prüfen wird eine Aufgabe für den nächsten Verhandlungstag Anfang Mai sein.

(mz)