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Einst weltgrößten Kraftwerk in Zschornewitz Einst weltgrößten Kraftwerk in Zschornewitz: Absagen im Jubiläumsjahr

Von ulf rostalsky 13.08.2015, 07:02
Ein Blick auf das Zschornewitzer Industriedenkmal
Ein Blick auf das Zschornewitzer Industriedenkmal Thomas Klitzsch Lizenz

Zschornewitz - Lange Gesichter und reichlich Enttäuschung in Zschornewitz. Dort sollte am Sonnabend ein Vortrag über die Geschichte der Zschornewitzer Kleinbahn den Reigen der Veranstaltungen zum 100. Jahrestag der Netzschaltung des einst weltgrößten Kraftwerks fortsetzen. Die Veranstaltung ist jetzt ebenso abgesagt wie die Öffnung des Areals zum Tag des offenen Denkmals im September. Das teilten Stadt und Ortschaft in einer gemeinsamen Erklärung mit.

Bürgermeisterin ist angefressen

„Wir mussten einfach die Reißleine ziehen“, sagt die Zschornewitzer Ortsbürgermeisterin Martina Schön (SPD). Die ehemalige Kraftwerkerin ist angefressen. Schließlich seien die Termine der Veranstaltungsreihe allen Akteuren – auch dem Grundstückseigentümer Vattenfall – bekannt gewesen.

Nur der baut derzeit im großen Stil nicht mehr benötigte Anlagen im alten Kraftwerksgelände zurück. Der Kühlturm ist bereits gefallen, jetzt werden Kühlwasserkanäle beseitigt. Die Arbeiten sind auf mehrere Wochen angelegt. Vattenfall sperrte deshalb sämtliche Parkflächen auf und unmittelbar neben dem eigentlichen Kraftwerksgelände. Auch die Wasserversorgung ist unterbrochen.

Der 100. Jahrestag der ersten Netzschaltung des Kraftwerks Zschornewitz sollte ganz groß gefeiert werden. Schirmherr der Veranstaltungsreihe ist Sachsen-Anhalts Wissenschafts- und Wirtschaftsminister Hartmut Möllring (CDU). Die Zschornewitzer haben am 28. März mit einem Filmabend im Industriedenkmal an den ersten Spatenstich vor 100 Jahren erinnert.

Am 19. April war das Denkmal anlässlich des Tages der Industriekultur Ziel des Radaktionstages der Tourismusregion. Und am 12. Dezember soll nun der 100. Jahrestag der Zschornewitzer Netzschaltung mit einer Festveranstaltung im Kraftwerk zünftig gefeiert werden.

„Unter solchen Bedingungen ist eine Veranstaltung im angemessenen Rahmen einfach nicht möglich. Wir können nicht mit Dixies und Wassereimer hantieren“, erklärt Martina Schön. Zudem wäre eine Feierstunde etwa im Sportforum oder der Grundschulaula deplatziert. „Wir feiern das Kraftwerk. Dann sollen die Veranstaltungen auch dort durchgeführt werden“, so die SPD-Frau.

Sondererlaubnis erforderlich

So einfach ist das offensichtlich nicht. Roland Böhmer ist bei Vattenfall für den Rückbau und die Altstandorte verantwortlich. Er erinnert daran, dass eine Nutzung des Industriedenkmals immer schon einer Sondererlaubnis bedurft hätte. „Stimmt“, sagt auch der Gräfenhainichener Bürgermeister Enrico Schilling (CDU) und verweist auf Gesprächsrunden mit Unternehmensvertretern und dem Bauordnungsamt, in deren Folge Veranstaltungen im März und April möglich wurden. Allerdings schon damals mit bisher ungewohnten Einschränkungen. Große Teile des Geländes waren abgesperrt. Besucher mussten mit Unterschrift bestätigen, über die besondere Situation im Kraftwerk aufgeklärt worden zu sein.

„Wir haben hier extremes Gefährdungspotenzial, müssen handeln. Was ist los, wenn jemandem auf dem Gelände etwas passiert?“ Für Roland Böhmer sind die Einschränkungen bei den Veranstaltungen im Frühjahr ebenso legitim wie die jetzigen Rückbauarbeiten. „Die Kühlwasserkanäle sind bis vier Meter tief und mit Wasser gefüllt. Die Abdeckungen haben zum Teil Löcher. Ich will nicht dran denken, dass da mal einer reinfallen könnte.“

Dass im Industriedenkmal seit Jahren Veranstaltungen stattfanden und Kraftwerkssenioren mit reichlich Energie für die Bewahrung industriellen Erbes auftreten, kommentiert der Vattenfall-Mitarbeiter nicht. Nur so viel: Es gehe eben nicht, dass jeder meine auf dem Gelände machen zu können, was er wolle. „Das ist formell noch Industriegelände mit einigen Gefahrenstellen.“

Böhmer will allerdings nicht ausschließen, dass dieses Jahr auf dem Areal doch noch einmal gefeiert wird. „Nur müssen wir rechtzeitig darüber reden. Rechtzeitig ist jetzt, nicht in ein paar Monaten“, erklärt er.

Ministerpräsident soll helfen

Enrico Schilling sieht das ähnlich. „Wir werden alles daran setzen, die Veranstaltung zum 100. Jubiläum der Netzschaltung am 12. Dezember durchzuführen.“ Martina Schön klingt da weniger diplomatisch. „Wir laden den Ministerpräsidenten ein. Mal sehen, was dann passiert.“ (mz)