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Christusbruderschaft Selbitz Christusbruderschaft Selbitz: Quartett wieder komplett

Von Irina Steinmann 29.09.2015, 16:44
Christine Probst (2. v. rechts) und ihre Mitschwestern Hanna, Isolde und Elisabeth (von rechts) im Garten des Konvents am Kirchplatz.
Christine Probst (2. v. rechts) und ihre Mitschwestern Hanna, Isolde und Elisabeth (von rechts) im Garten des Konvents am Kirchplatz. Thomas Klitzsch Lizenz

Wittenberg - Minz und Weißfuß liegen in der Kapelle und träumen, wer weiß, vom Mäusehimmel. Die beiden Konventskatzen wissen die ruhige Atmosphäre des Raumes zu schätzen, da ist sich Schwester Elisabeth ganz sicher. Einen Schritt durch die Tür des Hauses Kirchplatz Nummer 10 und man befindet sich in einer anderen Welt. Und auch wieder nicht.

Die Communität Christusbruderschaft Selbitz ist ein noch junger, evangelischer Orden (gegr. 1949). Trotz des etwas irreführenden Namens gibt es unter diesem Dach Zusammenschlüsse von Männern und von Frauen. Hauptsitz ist Selbitz in Franken. In Sachsen-Anhalt gehört das Kloster auf dem Petersberg bei Halle dazu. Die nächste größere Veranstaltung, die die Wittenberger Schwestern mitgestalten, ist der Segnungsgottesdienst am 13. Oktober in der Stadtkirche (19 Uhr).

„Wir wollen unter den Menschen sein“, sagt Schwester Elisabeth und daran hat sich nichts geändert, seit die so genannte Christusbruderschaft Selbitz vor gut sieben Jahren ein neues Konvent einrichtete mitten im Zentrum der Lutherstadt.

Entscheidung nach Testwoche

Vier Schwestern leben dort gemeinsam ihren Glauben im Alltag, jetzt wieder vier, muss man richtiger sagen, denn erst seit Anfang September macht Christine Probst, Schwester Christine, das Quartett wieder komplett. 66 Jahre ist sie alt, behauptet sie jedenfalls, man sieht es ihr nicht an. Sie hat sich Wittenberg nicht explizit ausgesucht, so läuft das nicht in einem Orden, sie wurde dorthin entsandt. Aber nach einer Testwoche im vergangenen Dezember habe sie „gefühlt, dass das gut ist“ - die Lutherstadt, das gemeinsame Leben mit den Schwestern Elisabeth, Hanna und Isolde, der Seniorin im Quartett. Wie Elisabeth Häfner stammt Christine Probst, gelernte Erzieherin, aus der Nähe von Coburg, „wir waren sogar Kinderfreundinnen“, sagt Schwester Elisabeth, aber das neuerliche Zusammentreffen in Wittenberg war dann doch eher Zufall. Im vergangenen Jahr musste das Kloster in Mecklenburg-Vorpommern, dem Christine Probst zuletzt angehört hatte, aufgelöst werden - mangels Nachwuchs; am Ende waren sie in Verchen am Kumerower See nur noch zu zweit gewesen.

Auch in Wittenberg gehen die Schwestern nicht davon aus, dass sie mehr werden, obwohl für eine Person schon noch Platz wäre im Haus. Aber um Masse geht es den Selbitzer Schwestern am Wittenberger Kirchplatz ebenso wenig wie um große, spektakuläre Projekte. Der Alltag ist strukturiert durch feste Gebetszeiten und an mindestens einer davon, dem Mittagsgebet, hat auch die interessierte Öffentlichkeit teil. Diese tägliche Veranstaltung findet in Regie der Stadtkirchengemeinde statt und wird dreimal die Woche von den Schwestern selbst ausgerichtet. Ansonsten, berichtet Schwester Hanna, ziehen die Stundengebete nun „nicht die Massen“ an, einige Wittenberger aber kämen regelmäßig hinzu und „im Sommer abends“ hin und wieder Touristen.

Als ein Schwerpunkt der Arbeit in der Lutherstadt hat sich Schwester Elisabeth zufolge unterdessen die Seelsorge entwickelt. Auch von Kirchenfernen in Not würden sie, erkennbar durch ihre Tracht, auf der Straße angesprochen oder die Menschen mit Gesprächsbedarf klingelten einfach an der Haustür. Dass eine religiöse Gemeinschaft wie das Quartett am Kirchplatz eingebunden ist und sich einbringt in die Vorbereitungen zum Reformationsjubiläum 2017, versteht sich nahezu von selbst. Dazu gehört die Mitarbeit in verschiedenen Gremien auf lokaler Ebene, Schwester Hanna ist als Vertreterin des Konvents darüber hinaus Mitglied im Arbeitskreis Spiritualität der Evangelischen Kirche in Deutschland, wo es unter anderem um die Gestaltung des entsprechenden Weltausstellungsteiles in den Wallanlagen geht.

Hochachtung - und ein Dilemma

Sie habe eine „Hochachtung“ davor, wie Politik und Kommune mit 2017 umgehen, sagt Schwester Elisabeth. Und benennt gleichzeitig ein altes Dilemma: „Es ist wichtig, dass die Menschen in der Stadt nicht übersehen werden.“ Die Schwestern schauen weiter hin. (mz)