Arbeit mit Weitblick Arbeit mit Weitblick: Förderschüler werden in Gräfenhainichen auf Arbeitsleben vorbereitet
Gräfenhainichen/MZ - Florian Endemann und David Fuchs lernen in der Gräfenhainichener Schule an der Lindenallee: der eine in der achten, der andere in der neunten Klasse. Einmal in der Woche legen sie jedoch Stift und Papier zur Seite. Dann sind beide in der Kampmann Eingangsmatten GmbH im Einsatz, schnuppern Praxisluft und lernen den Arbeitsalltag in einem Unternehmen kennen.
Stippvisite bei Kampmann
Kampmann ist einer der Kooperationspartner im Projekt „Weitblick“. Unter Federführung der Landesvereinigung für Gesundheit Sachsen-Anhalt setzt das Unternehmen zusammen mit der Förderschule in der Lindenallee auf eine möglichst frühe Berufsanbahnung junger Menschen. Bei Florian und David ist der Vorsatz aufgegangen. „Ich möchte Fertigungsmechaniker werden“, sagt David Fuchs und hat dafür durchaus gute Chancen.
„Unsere Schulabgänger haben mitunter große Probleme, ins Berufsleben einzusteigen“, hat Förderschulrektor Torsten Kunze erkannt. „Deshalb steuern wir aktiv gegen, binden Unternehmen ein und geben Schülern zusätzliche Motivation.“ Schon ab der ersten Klasse werden Unterricht und Praxis direkt kombiniert. Es gibt Exkursionen in Unternehmen, Schnupperstunden in Gärtnereien, Küchen, Werkstätten. „Wenn die Schüler merken, was ihnen liegt und wirklich Spaß macht, hängen sie sich mehr rein in den Unterricht“, ist Kunze überzeugt. „Die Quote der jungen Leute mit Hauptschulabschluss steigt“, fügt er hinzu. Der Schulleiter beziffert die Zahl der ins „Weitblick“-Projekt eingebundenen Gräfenhainichener Schüler auf bisher 55.
Jasmin Grunert ist eine davon. Sie hat in der Förderschule vor ein paar Jahren die Schulbank gedrückt und ist das Aushängeschild fürs Projekt geworden. Sie machte Praktikum, fand Gefallen an der Arbeit in der Gastronomie und legte einen ordentlichen Hauptschulabschluss hin.
Keine Unterschiede
In Bad Schmiedeberg macht sie eine Ausbildung. In ein paar Monaten sind Abschlussprüfungen. „Schaffe ich“, ist die junge Frau zuversichtlich. Gleichwohl sie keinen Hehl daraus macht, dass der Übergang von der Förder- in die Berufsschule alles andere als leicht gewesen wäre. „Da hat niemand einen Unterschied gemacht und nach Haupt- oder Sekundarschulabschluss gefragt.“
Aber Jasmin Grunert hat durchgehalten und ist auf die Zielgerade eingebogen. Fachkraft im Gastgewerbe ist ihr Traumberuf. So, wie der des Fertigungsmechanikers für David Fuchs einer ist. Dem Neuntklässler gehen die Handgriffe bei der Eingangsmattenfertigung locker von der Hand. „Es macht Spaß“, sagt er und darf auf Anerkennung durch Kampmann-Geschäftsführer Rüdiger von Scheven bauen. Der war schnell dabei bei „Weitblick“. Spricht von sozialer Verantwortung und Orientierung, die Jugendliche bei der Berufswahl brauchen. Kampmann zieht den eigenen Nachwuchs heran. Warum der nicht aus der Förderschule kommen solle, kann von Scheven nicht sagen. Einsatzbereitschaft und Leistung würden doch stimmen.
Entscheidung steht noch aus
Alles sieht einfach aus. Schule, Schüler, Unternehmen und Eltern sitzen in einem Boot. „Aber alles ist richtig aufwendig, kostet Zeit, braucht Betreuung.“ Torsten Kunze redet geradeheraus. „Die verantwortlichen Lehrer brauchen dafür auch mehr Stunden.“
Das Argument nimmt Landesschulamtsleiter Torsten Klieme aus der Heide von seiner Stippvisite mit. Eine Entscheidung über Aufstockungen ist allerdings noch nicht gefallen.