Annerose Schmidt Annerose Schmidt: Weltbekannte Pianistin aus Wittenberg
Wittenberg - Die mit zahlreichen Musik-Preisen geehrte und weltweit bekannte Pianistin Annerose Schmidt wurde am 5. Oktober 1936 in Wittenberg geboren und wuchs in der Adlerstraße (jetzt: Geschwister-Scholl-Straße) auf, direkt dem Central-Theater gegenüber. Ihr Vater, der zu jener Zeit Direktor der Wittenberger Musikschule war, unterrichtete sie ab ihrem fünften Lebensjahr. Dadurch begann ihre Karriere sehr früh. Dies hatte allerdings einen hohen Preis, denn Freizeit und Freundinnen gab es in ihrer Kindheit nicht.
Konstant unter Druck
Bereits mit neun Jahren gab Annerose Schmidt ihr erstes Klavierkonzert. Dies fand am 2. Dezember 1945 im „Kleinen Theater“ von Wittenberg statt. Auf dem Programmzettel wurde sie bereits als Meisterpianistin angekündigt. Zu den Stücken, die sie zur Aufführung brachte, gehörten mehrere Kompositionen von Frederic Chopin, der „Gnomenreigen“ von Franz Liszt und das Präludium und Fuge B-Dur von Johann Sebastian Bach. Zwei Jahre später erhielt sie bereits einen Berufsausweis als Konzertpianistin, ausgestellt von der Kammer der Kunstschaffenden in Halle/Saale.
Der Wahl-Berliner Mathias Tietke schreibt nicht nur: Mit der Schauspielerin Claudia Wenzel, wie er gebürtig und aufgewachsen in Luthers Stadt, hat er auch den Wittenberg-Talk entwickelt. Am 23. Oktober um 17 Uhr ist die zweite Folge im Clack-Theater zu erleben. Zum Thema „Kindheit in Wittenberg. Stadtgeschichte und Geschichten“ werden u. a. die Sängerin Annemarie Eilfeld, Wittenbergs langjähriger Oberbürgermeister Eckhard Naumann und der Enkel des letzten Türmers, Wilfried Otto, erwartet. (mz/cni)
Ihr Vater, der sie auch in Musiktheorie ausbildete, setzte seine Tochter konstant unter Druck. Selbst als er seinen Dienst bei der Wehrmacht tat, schickte er Anfang der 1940er Jahre von Stralsund aus wöchentlich Lehrbriefe und Hausaufgaben, die umgehend zu erledigen waren. Bernhard Schmidt verlangte seiner Tochter so viel ab, dass sie mit 18 Jahren während der Abiturvorbereitungen einen Zusammenbruch erlitt. Bereits zuvor hatte sich die Künstlergewerkschaft eingeschaltet und dem Vater mit einem Prozess wegen „Kinderarbeit“ gedroht.
Annerose Schmidt stand die väterliche Tyrannei durch, erhielt ab 1953 bei Professor Hugo Steurer in Leipzig Unterricht, begann ein Jahr später in Leipzig ihr Studium an der Musikhochschule und durfte wegen ihrer herausragenden Leistungen das zweite und dritte Studienjahr überspringen.
Mit 20 Jahren erhielt sie beim Internationalen Robert-Schumann-Wettbewerb den ersten Preis, zahlreiche Auszeichnungen folgten. Seit Anfang der 1960er Jahre konzertierte Annerose Schmidt in ganz Europa, zudem in Ägypten, Syrien, Japan, Kanada und den USA.
1968 zog sie mit ihrer Familie nach Bad Saarow, Ende der 1970er Jahre hatte sie 80 Klavierkonzerte im Repertoire, die sie auswendig spielte! Sie beherrschte sämtliche Klavierwerke von Johannes Brahms und Robert Schumann und neben den Standardwerken der Klassik auch Werke von Komponisten der Gegenwart wie Günther Kochan und Siegfried Matthus.
Gedenkveranstaltung zum 80.
Neben ihrer beruflichen Tätigkeit als Pianistin zog Annerose Schmidt mit ihrem Mann, dem Rundfunkjournalisten Dieter Boeck, vier Kinder groß, wobei sie während der Konzerttourneen von ihrer Mutter aus Wittenberg unterstützt wurde. Von 1990 bis 1995 war Annerose Schmidt Rektorin der Musikhochschule „Hanns Eisler“ Berlin und somit zugleich die erste Frau, die diese renommierte Bildungseinrichtung leitete.
Anlässlich ihres 80. Geburtstages fand eine Gedenkveranstaltung im Schwarwenka-Kulturforum in Bad Saarow statt, an der Annerose Schmidt aus gesundheitlichen Gründen leider nicht teilnehmen konnte.
Der mit der Musikerin über viele Jahre befreundete Musikwissenschaftler Eberhard Geiger sollte Leben und Werk dieser großartigen Frau vorstellen und auch zwei digitalisierte Videoaufzeichnungen von Klavier-Konzerten mit Annerose Schmidt präsentieren. (mz)