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Altes Rathaus in Wittenberg Altes Rathaus in Wittenberg: Heiraten in Corona-Zeiten

Von Irina Steinmann 24.03.2020, 10:18
Das neue große Trauzimmer im Alten Rathaus in Wittenberg. Auch in Zeiten des Coronavirus können hier Hochzeiten vollzogen werden - die Abstände zwischen den Stühlen sind derzeit aber viel größer als hier zu sehen.
Das neue große Trauzimmer im Alten Rathaus in Wittenberg. Auch in Zeiten des Coronavirus können hier Hochzeiten vollzogen werden - die Abstände zwischen den Stühlen sind derzeit aber viel größer als hier zu sehen. Thomas Klitzsch

Wittenberg - Der so genannte Wonnemonat ist nicht mehr weit und damit naht auch die Hoch-Zeit der Hochzeiten. Dass die Heiratssaison 2020 anders verlaufen wird als üblich, versteht sich in der Corona-Krise. Kann man sich derzeit aber überhaupt noch trauen lassen in Wittenberg? Das Alte Rathaus ist wie berichtet seit gut einer Woche für den Besucherverkehr gesperrt. Ja, man kann, gibt die Stadtverwaltung diesbezüglich Entwarnung. Wie letztlich in allen Lebensbereichen gelten dafür gegenwärtig aber besondere Regeln.

Zwei Meter Abstand

So wird auch im Trauzimmer, das vor einigen Jahren verlegt worden ist und damit ohnehin mehr Platz bietet, selbstverständlich auf Abstand geachtet. Die erforderlichen zwei Meter klaffen zwischen den Gästen und auch zwischen dem Paar und dem Standesbeamten - nicht freilich zwischen Mann und Frau. Noch in der vergangenen Woche war als Abstandshalter zudem vorgesehen, dass man bei größeren Gesellschaften, so Doreen Raewel von der Presseabteilung, in den Großen Saal ausweichen würde. Größere Gesellschaften sind seit Montag freilich ohnehin Geschichte - Trauungen sind derzeit nur noch mit Gästen aus dem engsten Familienkreis gestattet. Theoretisch, denn für die laufende Woche liegen gar keine Anmeldungen vor. Raewel räumte ein, dass Heiraten unter den genannten Umständen „nicht mehr ganz so romantisch“ sei wie sonst. Paare verschieben ihr Vorhaben deswegen schon von sich aus auf einen späteren Zeitpunkt; so fand beispielsweise eine für vergangenen Samstag angesetzte Trauung aus diesem Grund nicht statt, berichtet Raewel weiter.

Mit 27 statt wie im Vorjahr 30 geplanten Trauungen im Monat März (Stand Freitag) hat Corona bisher allerdings noch nicht so durchgeschlagen. Und selbst für April stehen gegenwärtig elf Termine auf der Liste, allerdings einschließlich unverbindlicher Reservierungen. Das entspricht in etwa dem Aufkommen der Vorjahre für diesen Monat; der April 2019 gilt mit 25 Trauungen als Ausreißer nach oben.

Die benötigen Urkunden, darauf verweist Raewel, würden persönlich vor Ort im Bürgerbüro des Neuen Rathauses beantragt, das wie berichtet derzeit freilich etwas eingeschränkte Öffnungszeiten hat - und ebenfalls strenge Regeln. Wer die Angelegenheit heute in die Wege leitet, kann binnen weniger Tage zur Trauung schreiten. Wobei mit einem Ansturm nach Lage der Dinge freilich nicht zu rechnen ist.

Mieter dürfen rein

Das Trauzimmer ist der einzige Raum im Alten Rathaus, den die Stadt Wittenberg gegenwärtig noch nutzt. Während die Stadtbibliothek in ihrem Ausweichquartier im Erdgeschoss schon seit Tagen geschlossen ist, gilt die Sperre indes nicht für die Büros der verschiedenen Organisationen, die im Haus ebenfalls ihren Sitz haben, allen voran die Evangelische Wittenbergstiftung und das Koordinierungszentrum Deutsch-Israelischer Jugendaustausch. Die Mieter hätten einen Schlüssel für die Eingangstür des gesperrten Gebäudes, so Raewel. Und anders als vielleicht erwartet sind die Mitarbeiter der genannten Einrichtungen nicht sämtlich ins Homeoffice verschwunden.

Bei „ConAct“ etwa hält Martina Müller, die Finanzberaterin der Organisation, die Stellung, der Rest der Crew arbeitet von zu Hause aus, was vielfach Berlin bedeutet. Als Wittenbergerin und Radfahrerin geht Müller das geringste Risiko ein. „Ich bin der letzte Mohikaner“, sagt sie.

Nachbarn aber gibt es noch, denn auch bei der Wittenberg-Stiftung ganz oben unterm Dach geht am vergangenen Freitag jemand ans Telefon. Geschäftsführer Renke Brahms hat seinen Aufenthalt im Büro auf ein- bis zweimal die Woche eingeschränkt und verzichtet inzwischen auf die sonst üblichen Zugfahrten, wie er berichtet. Mit Ausnahme seiner Assistentin seien alle Mitarbeiter bis nach Ostern im Homeoffice tätig.

Arbeiten am Konficamp

Dort wird emsig am Konficamp 2020 gearbeitet - leider ohne die Sicherheit, dass es auch tatsächlich stattfinden wird. Und das ebenfalls zur Stiftung gehörende Zentrum für Predigtkultur versuche seine Fortbildungsveranstaltungen ins Internet zu verlegen. Was, sinniert Brahms, hätte man nur früher ohne all die digitalen Möglichkeiten getan?!

Er selbst, so der frühere Quasi-Bischof von Bremen, hätte übrigens zu Ostern den Gottesdienst in der Schlosskirche halten sollen. Auch das war einmal. (mz)