Weißenfels Weißenfels: Der geschrumpfte Weihnachtsmarkt
weissenfels/MZ. - "Der Weißenfelser Weihnachtsmarkt ist ja mächtig geschrumpft - für mich ist das ein Witz", schimpft Heike Lorenscheit. Im Vergleich zum Vorjahr sei der Budenzauber recht mager, schätzt die 44-jährige Weißenfelserin ein. Auch ihre Tochter Anja (21), mit der sie gestern über den Markt bummelte, um anschließend den Tag der offenen Tür im Amtsgericht der Saalestadt zu besuchen, findet das Angebot "enttäuschend".
Dabei räumen beide Frauen ein, dass die Händler, die auf dem Markt stehen, sich große Mühe geben würden. "Alle, die mit weihnachtstypischen Waren und diversen Leckereien vertreten sind, haben ihre Berechtigung und die Stände hübsch geschmückt", lobt Ingrid Schmidt. "Wenn aber ein viertel Markt wegen der Stellplätze fehlt, schadet das dem Ambiente - das ganze Flair ist zerstört", kritisiert die 67-jährige Weißenfelserin. Für Katrin Dollase (49) und Matthias Hohmann (32) aus Hohenmölsen ist der Markt "ganz okay". Für jeden sei etwas dabei - leckeres Essen und Trinken wie Langos und Glühwein, Musik, ein Karussell für die Kinder, sie finden das Angebot "angemessen für eine kleine Stadt wie Weißenfels". Deshalb könne man den Weihnachtsmarkt auch nicht vergleichen mit den Märkten in Halle oder Leipzig.
Der elfjährigen Caroline Fischer aus Leißling gefällt die Dekoration mit großer Pyramide und Märchenhäusern. "Im vorigen Jahr war der Markt aber größer und bunter", erinnert das Mädchen. Marko Weigel (34) und Horst Dlouhy (72) - beide sind Weißenfelser - halten das Angebot für "ausreichend". "Wir sollten froh sein, dass die Stadt jedes Jahr im Advent einen Weihnachtsmarkt auf die Beine stellt", sagt Dlouhy, der sich in der Touristinformation bereits seine Karten für das Neujahrskonzert im Januar im Weißenfelser Kulturhaus gekauft hat und nun einen Glühwein trinkt. Auch, dass die Stadt gestern Mittag die drei besten Markthütten mit einer Urkunde des Oberbürgermeisters und dem Erlassen von Standgebühren geehrt hat, findet der Rentner anerkennenswert.
Oberbürgermeister Robby Risch (parteilos) und Citymanager Roland Kähler hören das gern. Sie überraschen Ramon Winkler und Sylvana Uhlig, denn die Hallenser sind die Favoriten der Stadt-Jury. Die Sieger überzeugen mit Deko und Angebot aus ihrem Kaffee & Teehaus Aus-Zeit. "Eigentlich wollten wir nur für ein paar Tage kommen", bekennt Ramon Winkler, der vor allem mit Glüh-Kirsch und Chai-Latte bei den Marktbesuchern punktet. "Wir bleiben bis zum Schluss hier", verspricht der 37-jährige Gewerbetreibende und freut sich auf das zweite Mal 2013. Dann werden ihm und seiner Lebensgefährtin neun Tage lang Standgebühren erlassen. "Das sind 270 Euro", rechnet Citymanager Kähler aus. Ebenfalls neu ist Heiko Frischleder mit seiner mit dicken roten Schleifen und Glocken geschmückten Hütte "Fotozauber". "Bei uns ist der Weihnachtsmann jeden Tag von 15 bis 17.30 Uhr, Kinder können sich mit ihm fotografieren lassen", wirbt der Fotograf und staunt über seinen zweiten Platz. Anfangs sei er sehr skeptisch gewesen, sich zu beteiligen. "Ich bin nicht unzufrieden, ich hatte mit noch weniger Zuspruch gerechnet", formuliert er vorsichtig mit einem Blick auf die Umsätze. Fotos auf Tassen und in Kugeln seien besonders gefragt. Präsent zu sein, halte er für wichtig. Frischleder will für die Urkunde einen Ehrenplatz aussuchen und freue sich über den Erlass von sechs Tagen Standgebühren für den Weihnachtsmarkt im nächsten Jahr.
Platz drei holt Weinheimers Gaumenschmaus aus Aachen. Bereits in dritter Generation bietet das Familienunternehmen Waffeln, Mutzen und kandierte Früchte an. "Der Betrieb spart für 2013 drei Tage Standgebühren", sagt Roland Kähler und wirbt damit bereits fürs nächste Jahr. Auch bei ihm hätten sich Bürger über "einen geschrumpften Markt ohne Vielfalt beklagt". Andererseits wolle die Stadt wegen des Baugeschehens im Zentrum und der dort weggefallenen Stellflächen alternativ Parkplätze auf dem Markt bieten.
Zum Angebot erklärt der Citymanager, dass sich kein Markthändler um Weißenfels reißen würde. "Der Kampf um die Händler wird immer härter", sagt Kähler. Gewerbetreibende gingen dorthin, wo es für sie am lukrativsten sei - zum Beispiel auf Märkten in größeren Städten wie Halle, Leipzig, Weimar, Jena, Erfurt. "Man kann auch Weißenfels nicht mit Annaberg-Buchholz im Erzgebirge vergleichen, so ein Vergleich hinkt", meint Kähler nach einem Gespräch mit einem Bürger, der nach einem Besuch in der genannten sächsischen Stadt aus dem Schwärmen nicht herauskam. "Es braucht viel Überzeugungsarbeit, Kunsthandwerker aus Lauscha und Seiffen herzulocken, nachdem Umsätze in vergangenen Jahren ausgeblieben sind", spricht Kähler aus Erfahrung.