Weiße Frau geistert durch Ritterpark
Nessa/MZ. - Alt und Jung machten sich am Sonntagnachmittag auf ihre "Blaustrümpfe" (ein Symbol des Ortes) und versammelten sich unter 100 Jahre alten Bäumen. Die Schalmeien eröffneten das Fest. Und ein schönes weißes Fräulein schwebte durch den Park. Jene Sagengestalt sorgte schon seit Wochen in Nessa für Gesprächsstoff. Bürgermeister Dietmar Böhme versicherte: Es gab sie wirklich.
In einer Vollmondnacht am 2. Juli 1841 sei sie in Nessa eingeschwebt, kaufte das damalige Rittergut, heiratete einen Landsmann aus Pirkau und gebar ihm wenige Jahre später Zwillinge. Vier Tage nach der Geburt soll die Schöne verstorben sein und als guter Geist den Park bewachen. "Wenn Vollmond auf den Johannistag trifft, kann man ihr im Park begegnen", versprach Böhme. An diesem Tag übernahm Gijsberchine Van Winkop die Rolle der Sagengestalt. Ganz in Weiß gehüllt, schenkte sie Bürgermeister Böhme und Pfarrer Frieder Wisch reines Wasser aus der Nessa-Quelle ein.
Das Rinnsal fließt zwar spärlich. Doch Böhme versicherte: "Es wird wohl die nächsten tausend Jahre fließen." Aus eigener Kraft und Mitteln hatte die Gemeinde der Quelle ein schönes Bett gebaut. Nach umfangreichen Sanierungsarbeiten kann jetzt jeder die Quelle besuchen. Schließlich wurde die Nessa erstmals 1068 als Gewässer erwähnt und gab dem Dorf seinen Namen. Schließlich, so Böhme weiter, sei eine Quelle mit Wasser mehr wert als eine Goldquelle. Gold mache nämlich nicht satt. An jener Quelle nun dürfe jeder Nessaer sich laben. Und der Bürgermeister hatte viele Geschichten parat, ob vom alten Brauhaus neben der Quelle (davon träumt mancher heute noch), dem Rittergut oder von den ersten Dorfmusikanten von 1763 . . .
"Ich bin in Obernessa geboren, getauft, konfirmiert und getraut", plauderte Liesbeth Seidel. Natürlich kennt sie noch das Rittergut. "Darin befand sich der Kindergarten, eine dazu gehörende Küche und mehrere Wohnungen", erinnerte sie sich. An der Stelle des Gutes steht heute ein neues kleines Einfamilienhaus. "Aber es ist schön, dass manche Erinnerungen aus jener Zeit weiterleben", so Frau Seidel. Selbst die Jüngsten im Ort werden mit Geschichten aus der Heimat groß. Sie fassten sich an den Händen, denn es bedurfte früher neun Kinder, um die größte Pappel im Park zu umfassen.
Dieses Mal tippelten gut und gerne zwölf bis 15 Kinder los, bildeten einen riesigen Kreis, um die Dimension zu verdeutlichen. Gemeinsam pflanzten sie eine neue Pappel im alten Park. Die Schalmeien aus Wernsdorf stimmten noch einmal das Nessa-Lied an und übertönten die zurückhaltende Sängerschar.