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Unternehmen im Burgenlandkreis Unternehmen im Burgenlandkreis: Geteilte Meinung zu 850 Euro

Von Petra Wozny 03.12.2013, 21:14
8,50 Euro
8,50 Euro dpa/Symbol Lizenz

Weissenfels/MZ - „Ich zahle meinen drei Mitarbeiterinnen den jetzt geltenden Mindestlohn. Bei einer weiteren Steigerung um zwei Euro die Stunde bekomme ich Bauchschmerzen.“ Carola Harnisch führt seit mehr als zwei Jahrzehnten in Hohenmölsen zwei angesehene Frisiersalons. Angesichts des nun beschlossenen gesetzlich geltenden Mindestlohnes von 8,50 Euro werde sie um Preiserhöhungen nicht umhin kommen und hofft, dass „mir meine Kundschaft trotzdem treu bleibt“. „Was uns abverlangt wird mit Strom, Wasser, Mehrwertsteuer und nun auch noch den Lohnkosten, ist die Härte“, sagt sie.

Ab dem Januar 2015 soll der Mindestlohn bundesweit 8,50 Euro pro Stunde betragen. Allerdings können die Tarifpartner auch Abschlüsse vereinbaren, die darunter liegen, aber ab spätestens 2017 sollen 8,50 Euro verpflichtend als Untergrenze gelten. Die Höhe des Mindestlohns soll in regelmäßigen Abständen von einer Kommission der Tarifpartner festgelegt werden. Die Mitglieder der Kommission werden von den Verbänden der Arbeitgeber und Gewerkschaften benannt. Der Mindestlohn soll nicht für Auszubildende und Praktikanten oder für ehrenamtliche Tätigkeiten, die im Rahmen der Minijob-Regelung vergütet werden, gelten.  (zny)

Ein düsteres Bild zeichnet die Industrie- und Handelskammer für die Entwicklung der Privatwirtschaft mit dem staatlich festgelegten Lohn. 600 Unternehmen wurden jüngst befragt. Das Ergebnis: 15 Prozent der jetzt Beschäftigten wären nach Einführung des Mindestlohnes von Arbeitslosigkeit betroffen. Die Auswirkungen auf die Branchen sind dabei unterschiedlich. Im Gastgewerbe erwartet jeder zweite Betrieb negative Auswirkungen. Fast ein Fünftel ist es im Handel. In der Industrie sind es immer noch über 14 Prozent, bei den Dienstleistern zehn Prozent und im Baugewerbe etwa sechs Prozent. „Die Ergebnisse unserer Untersuchungen decken sich seit langem mit unseren Befürchtungen. Besonders in Branchen wie dem Handel und dem Gastgewerbe sind viele Unternehmen nicht in der Lage, höhere Löhne zu zahlen“, meint Christof Altmann, Leiter der Abteilung Standortpolitik der IHK.

Erhard Faust, Geschäftsführer der Saale-Beton GmbH Borau, ist da ganz anderer Ansicht. „8,50 Euro sind ein Schritt in die richtige Richtung. Es wurde Zeit, denn dann werden die vielen Aufstocker wegfallen“, argumentiert er. Seine neun Mitarbeiter hätten schon lange eine zweistellige Zahl vor dem Komma als Stundenlohn.

„An Entlassungen denke ich erst einmal nicht“, ist von Elke Zimmermann zu hören. Sie führt in Lützen seit acht Jahren einen Frisiersalon. Jetzt zahle sie den Mindestlohn. Bei einer neuerlichen Anhebung schließt sie Preiserhöhungen nicht aus. „Natürlich kann es sein, dass dann Kundinnen weg bleiben. Man ist in einer Zwickmühle“, gibt sie zu. „Für uns ist es doch jetzt schon ein Kampf, Jahr für Jahr durchzukommen“, schildert Günter Herrmann, vom Hotel am Platz“ in Hohenmölsen. Die ganze Familie sei eingespannt, sieben Mitarbeiter seien zudem beschäftigt.

„Ich halte den gesetzlichen Mindestlohn für eine einzige Katastrophe“, urteilt Stefan Paschke, Chef des Atrium Hotels Amadeus in Osterfeld. „Staatlich festgelegte Löhne erinnern mich an sozialistische Planwirtschaft. Wo habe ich da noch eine Spanne, um besondere Leistungen oder Engagement zu honorieren?“ Die Mehrzahl seiner 25 Mitarbeiter werde über Tarif bezahlt. Ausnahmen hält sich der Chef vor, wenn es um Berufsein-steiger und Mitarbeiter geht, die auf Probe arbeiten. Mit einem Blick in das Jahr 2015, der Einführung des neuen Mindestlohnes, treibt es Paschke richtige Sorgenfalten auf die Stirn. „Wir müssen extrem mehr Geschäft übers Jahr machen, um unsere derzeitige Mannschaft zu halten. Schließlich gilt es, 50 000 Euro zusätzlich zu erwirtschaften.“

Christof Altmann sind die Sorgen der Unternehmer im Süden Sachsen-Anhalts bekannt. „Ich halte die Einführung eines gesetzlich festgeschriebenen Mindestlohnes für einen Schildbürgerstreich erster Güte mit tragischen Folgen für die Betroffenen“, so der IHK-Experte. Wenn wir die Chancen der Menschen am Arbeitsmarkt wirklich verbessern wollen, dann dürfen die Arbeitskosten nicht weiter erhöht werden. Es muss dafür gesorgt werden, dass den Menschen mehr netto vom Lohn bleibt.“ Während der IHK-Vollversammlung des Ernährungsnetzwerkes fragte er Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister Hartmut Möllring (CDU): „Was ist, wenn das mit dem Mindestlohn schiefgeht und sich die Arbeitslosenquote verdoppelt? Gibt es einen Plan B?“ Möllring: „Der Mindestlohn wird hoffentlich nicht zu Verwerfungen führen.“