So simmer: frech fröhlich, funkelnd
WEISSENFELS/MZ. - Gestern, kurz vor 14 Uhr. Menschenmassen säumen die Straßen zwischen Weißenfels-Nord und dem Marktplatz. Die Narren formieren sich zum 18. Umzug, das wollen sich viele aus Weißenfels, Lützen, Zeitz und Hohenmölsen nicht entgehen lassen. Ohrenbetäubend ist die Stimmungsmusik. "Helau, helau", ruft Sybille Lindeblatt vom Straßenrand. Sie hat sich ein buntes Clownskostüm angezogen und den Samthut keck aufgestülpt. "Eine fröhliche Stadt ist doch ein hinreißender Anblick", sagt die 62-jährige Weißenfelserin.
Peter Halt, Präsident des Weißenfelser Karnevalsclubs, gibt schließlich das Signal ganz professionell per Funk an das Fahrzeug mit dem Blaulicht. Im richtigen Leben ist Halt nämlich Polizist. Der Präsident grinst. "Einmal Uniform, immer Uniform. Aber beim Karneval ist es lustiger", meint er, bevor er sich zum Elferrat des Clubs gesellt und oben vom Truck noch ein kräftiges "Juhau" in die Runde brüllt. Zu deutsch: Juhau heißt Jugendklubhaus. Das wissen natürlich Vivien I. und Paul I., auch wenn sie erst zehn Jahre alt sind. Stolz wie Bolle sitzen sie im Cabrio und präsentieren sich mit Würde als jüngstes Prinzenpaar. "So simmer - damals wie heute" lautet das Motto der Weißenfelser, was eigentlich jedem Narren in diesen Stunden gut zu Gesicht steht.
Glühwein mit Kaffee, oder war es doch umgekehrt, konsumieren die Mitglieder des Borauer Carnevalsclubs. Quietschfidel sind sie, so dass der Funke zu den Freizeitnarren am Straßenrand schnell überspringt. Während das Prinzenpaar in Violett leuchtet, marschieren die Borauer in blauen Roben hinter ihrem Mottowagen, einem der
19 Fahrzeuge im Zug. "Nachwuchssorgen haben wir nicht", versichert Präsidentin Sandra Braunschweig. Hier müsse man anstehen, um ein echter Borauer Narr zu werden. Edward Rosenbaum ist mit einem Jahr das jüngste Mitglied, Manfred Braunschweig mit 60 das älteste.
Ralph Melle führt den 1. Langendorfer Carnevalsclub an, mit Zeremonienstab und lockerem Mundwerk. Beispiel gefällig? "Siehst du die Schwiegermutter in der Saale winken, dann grüß zurück und lass sie sinken." Die Showgarde des Vereins indes taucht zum Glück nicht ab. Bildschön zeigt sie Bein und zwar in weißen, selbst gestrickten Gamaschen. "Hat uns eine Omi gestrickt", plaudert Alexandra Peter. Einmal Karneval, immer Karneval, betont die 24-Jährige. Sie sei nun bereits die zweite Generation im Club.
Spaß haben, mal die Sau rauslassen - dafür hat sich so mancher Passant gut gerüstet. Thomas Winkler hat sich richtig ins Zeug gelegt. Seine Brille schmückt eine Luftschlange. Bei dem Anblick kann sich keiner das Lachen verkneifen. "Fasching pur-natur, das ist doch dreimal besser als vor dem Fernseher", sagt er und macht sich in der Sonne breit. Die meint es besonders gut. Regen gibt es bunt als Konfetti und in Form von Bonbons.
Mit rund 60 Mitgliedern offeriert der katholische Karnevalsverein den Narren einen Gruß. "Katholisch und komisch - klar geht das", ruft Prinzessin Lydia aus dem offenen Wagen. Der Gute-Laune-Truck der Sauna-Frauen folgt. Falsch gedacht, auch diese Teilnehmerinnen sind kostümiert und zwar dick und fett als schwarze Schafe.
Spaß verbreiten der Karnevalsclub "Möchtegern" aus Taucha ebenso wie der Kultur- und Traditionsverein Lobitzsch und die Markwerbener Kulturbanausen. So richtig geht die Post mit dem Röckener Narrenschiff, einem gewaltigen Truck ab. Der quält sich rein technisch durch die Innenstadt, DJ "Wünschi" alias Marcus Wünsch heizt dem Faschingsvolk mit seinem Mikrofon megamäßig ein. 100 Prozent Röcken - dahinter verbergen sich bezaubernd kostümierte Frösche, Elefanten, Eisbären, mehrere Bierkästen und vor allem "Röcke helau".
Die geballte Ladung Narretei findet sich ab 15 Uhr auf dem Weißenfelser Markt, wo ein buntes Bühnenprogramm den I-Punkt auf den fröhlichen Umzug setzt. Unter den Mitgestaltern tummelt sich auch der Königliche Narrenverein aus Merseburg. "Wir sind sind da mal schnell über die Saale geschwappt", plaudert der Vereinsvorsitzende Jörg Neumann. Weißenfelser und Merseburger Karnevalisten stecken schon seit Jahren zumindest unter einer Narrenkappe.