Selbstschutz Selbstschutz: Burgenlandkreis rüstet mit Pfefferspray und Schreckwaffen auf

Weissenfels - Im Burgenlandkreis finden Pfefferspray, Reizgas und Schreckschusswaffen reißenden Absatz. „Ich habe Ende vergangenen Jahres mein gesamtes Jahreskontingent an Pfefferspray, was für dieses Jahr gedacht war, bereits verkauft“, schildert Wolfgang Lehmann. Immerhin waren das mehrere Tausend Spraydosen. Lehmann führt in der dritten Generation ein Messergeschäft in Weißenfels, in dem es auch Waffen inklusive entsprechendem Zubehör gibt. Der Trend, für die eigene Sicherheit mehr zu tun, hält aus seiner Sicht schon ein paar Monate an. „Unser Geschäft gibt es bereits seit 1928. Großvater und Vater haben vor Jahren noch vorrangig Jäger und Sportschützen betreut. Heute kommen Kunden querbeet - Frauen ebenso wie junge Männer“, sagt der 49-Jährige.
Die Gründe liegen für Lehmann auf der Hand. Natürlich würden sich nicht wenige durch die Terroristenanschläge in Urlaubsgebieten sowie durch die anhaltende Flüchtlingswelle, die im Frühjahr 2015 auch den Burgenlandkreis erreicht hat, verunsichert fühlen. „Das sagen sie mir auch“, ist von Lehmann zu hören. Neben Sprays steige der Kauf von Schreckschusspistolen. Lehmann ergänzt: „Alles ist lieferbar. Die entsprechenden Berechtigungen müssen jedoch vorgelegt werden.“
Pfefferspray-Bedarf aufs Dreifache gestiegen
Zwei Tage die Woche ist das Geschäft von Wolf-Dietrich Händel in Zeitz geöffnet. Der 44-Jährige verkauft unter anderem Waffen und Pfeffersprays. „Das sind schon seit Monaten gut gehende Artikel wie vor 30 Jahren die Bananen bei uns“, schätzt er die Lage ein. Der Bedarf an Pfeffersprays sei auf das Dreifache gestiegen. Es gebe bereits Engpässe. An den zwei geöffneten Tagen der Woche verkauft der Zeitzer im Durchschnitt zwei Schreckschusswaffen.
Lieferschwierigkeiten gibt es seit einigen Wochen auch im Geschäft Jagd Kuckuk in Wengelsdorf. „Bei Pfefferspray gibt es jetzt schon Wartezeiten in der Anlieferung“, ist von der Inhaberin Eva Kuckuk zu hören, die ebenfalls bescheinigt, dass der Bedarf, sich mit Schreckschusspistolen auszurüsten, gestiegen ist.
In ganz Sachsen-Anhalt hat sich der Absatz von Pfefferspray zuletzt verdoppelt, ist vom Branchenverband der Waffenhändler zu erfahren. Im Verband Deutscher Büchsenmacher und Waffenhändler (VDB), der in Mitteldeutschland rund 80 Waffenhändler vertritt, beobachtet man die Entwicklung kritisch. Er verweist darauf, dass laut der Polizeistatistik aus dem Jahr 2014 rund sechs Millionen Straftaten registriert wurden. Lediglich in 0,2 Prozent der Fälle seien Schusswaffen im Spiel gewesen. Zudem rät der VDB massiv vom Einsatz des Pfeffersprays ab.
Das unterstreicht auch Wolfgang Lehmann. Wer über 14 Jahre alt ist, dürfe zwar Reizspray kaufen. Der Einsatz ist jedoch gegen Menschen so ohne Weiteres nicht gestattet. „Gegenüber Tieren, wenn von ihnen Gefahr zum Beispiel beim Joggen ausgeht, ist das kein Problem, bei Menschen geht das nur bei Notwehr.“ Der Besitz von erlaubnisfreien Waffen, wozu die Schreckschusspistolen gehören, muss nicht angezeigt werden.
Mehr Interesse am Kleinen Waffenschein
Und doch lässt sich aus der Statistik des Kreises ein Trend ableiten. Wollen Personen eine Schreckschuss-, Reizstoff-, oder Signalwaffe in der Öffentlichkeit mit sich führen, benötigen sie einen sogenannten Kleinen Waffenschein. Ende vergangenen Jahres besaßen im Burgenlandkreis 223 Personen einen. Gerade in den letzten Monaten des Vorjahres hat sich diese Zahl gegenüber 2014 erhöht, schätzt Jürgen Koschel vom Rechts- und Ordnungsamt des Burgenlandkreises ein.
Neben der privaten Aufrüstung verzeichnen die Händler der Branche eine verstärkte Frage nach Sicherheitstechnik für Immobilien. Ein reges Interesse bestehe an der Beratung für den Einsatz moderner Schließanlagen, stellt Lehmann fest. „Wer heutzutage noch einen Buntbartschlüssel besitzt, lädt zum Einbruch ein“, sagt er. Schon aus Versicherungsgründen empfehle er eine Mindestsicherung. Darüber hinaus vermittelt Lehmann zu Fachleuten, die Bewegungsmelder oder Alarmanlagen in Immobilien einbauen. (mz)