Polizeistruktur im südlichen Sachsen-Anhalt Polizeistruktur im südlichen Sachsen-Anhalt: Kaum Motivation vorhanden

weissenfels/MZ - Die Gewerkschaft der Polizei im Landesbezirk Sachsen-Anhalt der Bezirksgruppe Süd hat einen neuen Vorstand. Über die aktuellen Probleme im Zusammenhang mit der Polizeistrukturreform sprach MZ-Mitarbeiter Klaus-Dieter Kunick mit dem neuen Vorsitzenden Rolf Gumpert.
Sie bezeichnen die durch Innenminister Holger Stahlknecht eingebrachte Polizeistrukturreform in Sachsen-Anhalt als faulen Kompromiss. Warum?
Gumpert: Es gab nach der letzten Reform 2008, übertrieben gesagt, mehr Häuptlinge und weniger Indianer. Das wollte Stahlknecht korrigieren. Die Frage ist aber wie? Da er keine Mehrheiten im Parlament bekam, gab es lediglich einen Kabinettsbeschluss, um seine Forderungen umzusetzen. Faul ist das Ganze deshalb, weil es keine konkreten Berechnungen gibt, dass die Reform am Ende auch wirklich etwas bringt. Er hat nur eins erreicht, nämlich Ängste unter den Mitarbeitern der Polizeiverwaltung geschürt.
Nicht alle Ressourcen im Landesverband der Gewerkschaft werden für das Umsetzen von Beschlüssen genutzt, so Ihre Kritik. Was ist damit gemeint?
Gumpert: Es bestehen in der Tat zum Teil unterschiedliche Auffassungen innerhalb der sechs Bezirksgruppen. Das haben wir korrigiert. Denn es bewahrheitet sich immer wieder: Wir müssen mit einer Stimme sprechen, nur dann ist eine Gewerkschaft stark.
Rund 50 Delegierte wählten am 16. Mai in Peißen den neuen Vorstand der Gewerkschaft der Polizei der Bezirksgruppe Süd. Die besteht aus zirka 1 200 Mitgliedern und organisiert gewerkschaftlich somit 42 Prozent aller Bediensteten in der Polizeidirektion Sachsen-Anhalt-Süd.
Der Vorstand betreut die Regionen der Landkreise Saalekreis, Burgenlandkreis, Mansfeld-Südharz sowie die Stadt Halle, in denen sich jeweils Kreisgruppen organisiert haben.
Neuer Vorsitzender ist Rolf Gumpert, Kriminalbeamter der Polizeidirektion Sachsen-Anhalt-Süd und Mitglied des örtlichen Personalrates. Er ist 46 Jahre alt, ist Vater von zwei Kindern und wohnt in Halle.
Sein Vorgänger Lothar Faßhauer (57) wurde als Stellvertreter gewählt. Damit vollzieht sich ein Generationenwechsel in der Bezirksgruppe an der Führungsspitze der Gewerkschaft.
Angeblich soll bei der Umsetzung des Willens der gewerkschaftlichen Basis Nachholbedarf bestehen. Inwiefern?
Gumpert: Es bestehen hier im Süden des Landes fünf Kreisgruppen. Wir haben nun einen erweiterten Bezirksvorstand gebildet, in dem die Vorsitzenden der einzelnen Kreisgruppen vertreten sind. Damit wollen wir die Basis noch stärker in unsere Arbeit mit einbinden.
Der Innenminister strebt bei der Reform eine Zentralisierung der Verwaltungsaufgaben an. Hat die Gewerkschaft eigentlich die Kraft, das zu verhindern?
Gumpert: Ich hoffe, dass wir die haben. So wollen wir eine Dienstvereinbarung mit dem Innenministerium in Magdeburg abschließen, um eine Zentralisierung der Verwaltung in Magdeburg auf Kosten der Beschäftigten der Polizeidirektion Süd zu verhindern.
Der Beförderungsstau scheint immer größer zu werden. Kann man die Bediensteten noch motivieren?
Gumpert: Die Kollegen wurden zurückliegend auf höherwertigen Dienstposten eingesetzt, aber nicht adäquat bezahlt. Wer also zum Beispiel die Besoldungsgruppe A9 hat, erledigt seit Jahren die Arbeit der A10 oder höher. Doch ohne mehr Geld in der Tasche macht das keinen Sinn. So verrichten viele ihren Dienst unmotiviert. Hinzu kommt: Die Belastungen auf die Kollegen erhöhen sich. Die Folge ist unter anderem ein erhöhter Krankenstand. Gepaart ist das Ganze mit Perspektivlosigkeit.
Warum setzen sich der Innenminister und die Gewerkschaft nicht an einen Tisch und verhandeln?
Gumpert: Es ist erst auf unseren Druck hin passiert, dass Ministerpräsident Rainer Haseloff von Stahlknecht quasi verlangte, die Gewerkschaften mit an den Tisch zu holen. Denn so wie sich das der Innenminister vorstellt, geht es einfach nicht. Wir sind für unsere Kollegen da, um deren Interessen zu wahren.
Seit geraumer Zeit stellt Holger Stahlknecht aller Orten die neuen Regionalbereichsbeamten vor. Wie bewerten Sie das?
Gumpert: Die Aktion von Stahlknecht ist eine reine Werbekampagne, um seine Ziele zu verfolgen. Die Idee mit den Regionalbereichsbeamten an sich ist gut. Es bleibt aber abzuwarten, ob diese Beamten bei Bedarf nicht doch für Dienste in den Revieren beziehungsweise Kommissariaten herangezogen werden.