Obsternte am Straßenrand Obsternte am Straßenrand: Hier darf man einfach pflücken

Weißenfels - Immer wieder bückt sich Peter Singer. Er hebt eine dicke, grüne Birne nach der anderen vom Gras auf. Der Langendorfer prüft, ob die Frucht gut ist und legt sie vorsichtig in eine rote Plastikkiste, um sie später nach Hause zu transportieren. Der Mann sammelt am Rand der Bundesstraße 91 nahe Nessa. „Es ist schade ums Obst, wenn es vergammelt“, sagt er. Seine Frau verarbeitet es und kocht Mus daraus. Er ist kein Einzelfall. Ist die Obsternte am Straßenrand aber überhaupt erlaubt?
Stadt Teuchern hat mit Obstsammlern keine Probleme - früher war das aber anders
Bianka Erben ist entspannt. „Damit gab es noch nie Probleme“, sagt die Haupt- und Ordnungsamtsleiterin von Teuchern. „Bei unseren eigenen Straßen haben wir damit keine Schwierigkeiten.“ Damit meint sie die Stadt- und Dorfstraßen und die Landwirtschaftswege.
Bianka Erben erzählt, dass es früher anders war. Ein Obstler pachtete zu DDR-Zeiten die gemeindeeigenen Bäume, pflegte sie und erntete die Früchte. „Der war dann schon stinkig, wenn sich jemand anders bediente“, erinnert sie sich. Heute gibt es die Obstler nicht mehr. Die Bäume sind sich selbst überlassen, es sei denn, eine Kommune beauftragt ein Unternehmen mit der Pflege.
Auch in Teuchern ist Obstpflücken am Straßenrand erlaubt - außer, wenn die Säge ins Spiel kommt
Ähnlich wie die Kollegen aus Teuchern äußert sich der Verwaltungsamtsleiter in Lützen, Ronny Mank. „Wir dulden das“, sagt er. Bei den gemeindeeigenen Bäumen an den Feldwegen, sieht auch er kein Problem. „Wir nehmen es aber nicht hin, wenn Menschen Äste absägen, um an die Früchte zu gelangen. Da schreiten wir ein.“
Es stehen viele Obstbäume in der Region. In Goseck stehen an der Lindenstraße Apfelbäume und im Silbergrund Esskastanien. In Weißenfels West sind nahe der Johann-Philipp-Krieger-Straße Mirabellenbäume zu finden.
Am Wirtschaftsweg von Poebles in Richtung Muschwitz befinden sich Kirschbäume zu finden. Holunderbäume können zwischen Obernessa und Gröbitz abgeerntet werden.
Und wie sieht es mit dem Obstsammeln in Weißenfels aus?
Die Stadtverwaltung Weißenfels stellt sich auch nicht dagegen. „So lange es sich um die städtischen Bäume handelt, tolerieren wir das“, heißt es dort. Wichtig sei es, dass der Straßenverkehr nicht gefährdet werde. Autos und Räder und Leitern sollten so abgestellt werden, dass sie nicht behindern.
Wer wissen möchte, wo gepflückt und gesammelt werden darf, ist auf der Internetseite mundraub.org gut beraten. Sie informiert darüber europaweit. Die Gründer weisen aber auch darauf hin, dass „Mundräuber“ sich bei den zuständigen Behörden erkundigen sollten, ob die Obstbäume auf öffentlichem Grund stehen.
Zählt Ernte von Straßenobst eigentlich als Mundraub?
Es stellt sich noch die Frage, ob bei dieser Art der Ernte von Wilderei gesprochen werden muss. Ursula Weise von der Pressestelle des Burgenlandkreises verneint. Damit habe das nichts zu tun, sagt sie. Auch der Begriff „Mundraub“ sei untauglich. Dabei geht um den sogenannten Diebstahl von geringer Menge oder von unbedeutendem Wert für den eigenen Gebrauch. Bis 1975 wurde er nicht bestraft. Seither gilt er als Diebstahl.
Das hat aber nichts mit der Ernte vom Straßenobst zu tun. Früchte, die am Wegrand stehen, befinden sich im Eigentum eines anderen. Soweit es sich bei dem „Diebesgut“ um geringen Wert handele, ist das ein Delikt. Der Grundstückseigentümer müsste die Tat anzeigen. Aber wo kein Kläger, da kein Richter. Daran hat der Burgenlandkreis kein Interesse. Die Staatsanwaltschaft könnte bei besonderes öffentlichem Interesse mit Strafverfolgung reagieren.
Was man bei der Obsternte am Straßenrand beachten sollte
Wer pflegt eigentlich um die Bäume an Kreisstraßen? „Das obliegt dem Burgenlandkreis“, sagt Ursula Weise. Dessen Kreisstraßenmeisterei kümmere sich. Die Pressesprecherin weist darauf hin, dass die Ernte gefährlich sein kann. Sie beeinträchtige den Verkehr. Außerdem könne der Landkreis keine Verantwortung für die Güte des Obstes tragen. „Eine Belastung durch Schadstoffe oder Befall von Insekten kann nicht ausgeschlossen werden“, sagt Ursula Weise.
Die Streuobstwiesen im Burgenlandkreis befinden sich im privaten oder kommunalen Eigentum. Informationen, ob eine Ernte gewünscht sei, hat der Burgenlandkreis nicht, so Weise. (mz)