Niedrige Milchpreise Niedrige Milchpreise: Milchbauern in Langendorf geben auf

Langendorf - Die Agrargenossenschaft Langendorf-Borau-Leißling hat ihre 180 Milchkühe abgeschafft. Es war eine bittere Pille für Jens-Uwe Kraft und seine Frau Katrin, die sie da geschluckt haben. Aber dieser Zweig im Unternehmen war einfach nicht mehr zu halten. Diesen Rückgang in den Produktionskapazitäten wollen sie nun mit der Erweiterung ihrer Rinderaufzucht ausgleichen. Die Milchproduktions-Aufgabe ist ihnen schwergefallen. Darüber spricht das Paar und möchte auf die Missstände aufmerksam machen.
Es ist nur wenige Stunden her, als die letzten Tiere in Transportwagen den Hof verließen. Sie hatten die Herde an einen Händler verkauft, der sie dann weiter vermittelte. Beim Abschied herrschte eine äußerst gedrückte Stimmung. „Da ist jetzt Leere“, sagt die junge Landwirtin. „Wir hören nicht auf, weil wir es nicht können, sondern weil es sich nicht mehr rentiert.“
Billigmilch: 32 Cent pro Liter Milch reichen nicht, um den Betrieb am Leben zu halten
Kraft sagt, dass damit ein Stück Geschichte der Agrargenossenschaft vorbeigegangen ist. Seit 1964 hatten immer Milchkühe in den Ställen gestanden. Aber es muss weitergehen. In die Ställe sind schon erste heranwachsenden Rinder eingezogen.
Es wird sich nun auf ihre Aufzucht konzentriert. Vier Jahre, seit Betriebsübernahme, hatte das Paar gekämpft. Ihre 180 Tiere hatten monatlich etwa 120.000 Liter Milch gegeben. Pro Liter gab es in den vergangenen 24 Monaten von der Molkerei nur noch 32 Cent. Es hätten aber 40 Cent sein müssen, um wirtschaftlich arbeiten zu können.
2016 machte das Unternehmen in der Milchproduktion pro Monat 15.000 Euro Minus. „Größere Betriebe fangen das mit vielen milchgebenden Tieren auf“, sagt Jens-Uwe Kraft. Das Langendorfer Unternehmen kann aber nur 200 Milchkühe halten. Mehr ist auf den Weiden, die als Trinkwasserschutzgebiet ausgewiesen ist, nicht erlaubt. Das war es aber noch nicht. „Wir hätten in den nächsten fünf Jahren in neue Melktechnik investieren müssen“, sagt Katrin Kraft. Unterm Strich hätte das eine Summe von drei bis vier Millionen ausgemacht - momentan undenkbar.
Keine Hilfe in der Milchkrise: Jens-Uwe und Katrin Kraft sind vom Staat enttäuscht
Von den 24 Angestellten soll niemand entlassen werden. Die zwei Melker bekommen neue Aufgaben. Vielleicht bei den bis zu 600 Jungrindern, die das Unternehmen für andere Betriebe jetzt aufzieht. Jens-Uwe und Katrin Kraft sind enttäuscht. Der Staat hatte Fördermittel und finanzielle Hilfen in der Milchkrise versprochen. „Davon haben wir keinen Cent gesehen“, sagt der Landwirt.
Diese Programme seien so zugeschnitten gewesen, dass das Langendorfer Unternehmen darauf keinen Anspruch hatte.
„Hier geht ein Berufsstand kaputt“: Milchbauern prangern Marktpraktiken der Einzelhandelsketten an
Außerdem prangern sie die Vorgehensweisen auf dem Markt an. „Einzelhandelsketten bestimmen den Preis“, so Jens-Uwe Kraft. Das fällt ihnen leicht, denn das Milch-Angebot übersteigt in Deutschland die Nachfrage bei Weitem. „Sie haben die Macht, denn Milch ist in den Molkereien und auf den Höfen nicht lagerbar“, sagt seine Frau. Hinzu kommt, dass es in Deutschland strenge Bestimmungen der Tierhaltung gibt. So können die Unternehmen nicht mit denen im Ausland konkurrieren, wo es oft keine vergleichbaren Vorgaben gibt.
„Hier geht auf Dauer ein Berufsstand kaputt“, sagt Jens-Uwe Kraft. Es bleibt die Hoffnung, dass sich die Lage irgendwann entspannt. Dann könnten sie sich vorstellen, wieder Milchkühe zu halten. „Aber wann das sein wird, ist ungewiss“, so Katrin Kraft. (mz)
