Nach Rückkehr aus Italien Nach Rückkehr aus Italien: Zweifel an Quarantäne für Weißenfelser Schüler und Lehrer

Weißenfels - Dutzende Eltern warten bereits in der Weißenfelser Marie-Curie-Straße, als am Freitag gegen 18 Uhr der blaue Reisebus eintrifft. Als er hält, bewegt sich die Gruppe in dessen Richtung und versammelt sich davor. Eigentlich ein freudiger Anlass, holen die Eltern doch ihre Kinder von einer Skireise nach Südtirol ab.
Zwei Wochen lang in häusliche Quarantäne nach Skikurs in Italien
Das Problem: Südtirol wurde aufgrund von Coronavirus-Infizierten am Donnerstagabend vom Robert-Koch-Institut als Risikogebiet eingestuft. Die 37 Achtklässler und vier Lehrer des Weißenfelser Goethegymnasiums müssen deshalb zwei Wochen lang in häusliche Quarantäne.
Das Gesundheitsamt des Landkreises hatte diese Maßnahme in Absprache mit dem Gesundheitsministerium des Landes Sachsen-Anhalt verhängt. „Es handelt sich lediglich um Vorsorgemaßnahmen, denn bisher gibt es bei den Schülern und Begleitern keinerlei Krankheitssymptome“, informiert Landrat Götz Ulrich (CDU).
Weißenfelser ist unzufrieden über das Krisenmanagement der Behörden
Im Gegensatz zu Halle, wo ebenfalls Schüler von einem Skikurs aus Südtirol zurückgekehrt sind und direkt nach der Ankunft in einem Zelt nach Symptomen befragt und bei zwei Schülern mit Fieber Rachenabstriche gemacht wurden, gab es in Weißenfels zunächst keine besonderen Sicherheitsmaßnahmen oder Kontrollen vor Ort. Von den angesprochenen Eltern wollte indes keiner mit der MZ reden.
Wohl aber der Opa eines der Kinder. Bertram Kirst zeigt sich unzufrieden über das Krisenmanagement der Behörden, die „keine richtigen Vorbereitungen und Aussagen getroffen“ hätten. Eine häusliche Quarantäne hält er für nicht sinnvoll. „Wir wohnen alle beieinander. Mein Enkel hat noch zwei Geschwister. Zudem wohnt eine 95-jährige Frau mit im Haus. Was passiert mit denen und den Eltern, falls sich mein Enkel angesteckt haben sollte?“, benennt der Weißenfelser seinen konkreten Fall.
Weißenfelser Oberbürgermeister bezweifelt, ob die häusliche Quarantäne aussreicht
„Was passiert mit dem Busfahrer? Und was sagen die Arbeitgeber der Eltern?“, nennt er weitere Fragen, die seiner Meinung nach vorher hätten geklärt werden müssen. Auch wenn es nicht einfach für die Kinder gewesen wäre, hätte Kirst zwei oder drei Tage Einzelquarantäne empfohlen, bis die Testergebnisse auf das Virus vorliegen.
Auch der Weißenfelser Oberbürgermeister Robby Risch (parteilos) bezweifelt, ob die häusliche Quarantäne für die betroffenen Kinder und Lehrer angesichts der weitreichenden Ansteckungsgefahr wirklich ausreicht. „Was ist mit den Eltern? Die Maßnahmen sind nicht konsequent“, meint Risch.
Unter den Eltern der aus Italien zurückgekehrten Schüler sei zum Beispiel auch die Erzieherin einer kommunalen Kindertagesstätte. Die Frau sei von der Stadt zunächst ab Montag vorsorglich freigestellt worden, so Risch. Betroffen seien als Elternteile weitere fünf städtische Angestellte, die in ihrer Tätigkeit zum Teil viel mit Menschen zu tun haben. Diese Mitarbeiter werden laut Risch zunächst nicht freigestellt.
Freiwillige Feuerwehr Weißenfels informiert, jedoch nicht in die Maßnahme involviert
Die Stadt hatte dem Landkreis sogar einen konkreten Vorschlag zur vorübergehenden Unterbringung der aus Italien zurückgekehrten Schüler und Lehrer unterbreitet: das Restaurant und Tagungszentrum „Schumanns Garten“ an der Promenade. Der Landkreis hält jedoch die Unterbringung in einem Hotel, bei der die Kinder für zwei Wochen von den Eltern hätten getrennt werden müssen, für unverhältnismäßig - angesichts des Umstands, dass es derzeit keine Anzeichen für eine Ansteckung gibt.
Während in Halle die Berufsfeuerwehr bei der Ankunft der Schüler vor Ort war, war die Freiwillige Feuerwehr Weißenfels informiert, jedoch nicht in die Maßnahme involviert. Deren stellvertretender Ortswehrleiter und Pressesprecher Steve Homberg findet die Maßnahme aber angemessen. „In solchen Fällen gibt das Robert-Koch-Institut klare Empfehlungen. Und wenn das Quarantäne bedeutet, dann muss man das durchziehen. Daran gibt es nichts zu deuteln“, so Homberg. (mz)