Medienunterricht Medienunterricht: Lebensgefahr im Netz

LÜTZEN/MZ - Die etwa 100 Schülerinnen und Schüler aus Lützen und Markranstädt konnten die Geschichte um Lea sehr gut nachvollziehen, die ihnen Tim Engemann und Johanna Pollet vom Ensemble Radiks da auf der Bühne in der Lützener Turnhalle erzählten. Die Geschichte von der siebzehnjährigen Lea, die davon träumte, Sängerin zu werden.
Am Ende ist sie aber nur mit viel Glück dem Tod entkommen, nachdem sie sich von einem Scheunenboden in die Tiefe gestürzt hatte. Es war nicht passiert, was sie sich immer wieder gewünscht hatte: dass jemand zu ihr kam und sagte, dass ja alles nur Spaß war und jetzt alles wieder gut sei. Vom Neid ihrer einst besten Freundin geschürt hatte das Mobbing in Chatrooms, sozialen Netzwerken oder bei SMS-Kontakten unerträgliche Ausmaße angenommen. Als sie sich anfänglich gewehrt hatte - auch mit einem eigenen Rap-Song - war alles nur noch schlimmer geworden. Beleidigungen, Bedrohungen, sexuelle Belästigungen über Internet oder Handy und Datenmissbrauch haben sie in eine scheinbar ausweglose Situation getrieben, in der sie nicht mehr erkannte, wem sie vertrauen konnte. So glaubte sie am Ende, ganz allein dazustehen und verlor den Boden unter den Füßen.
„Fake oder War doch nur Spaß“ heißt das Stück aus der Feder von Karl Koch, das Mobbing und Cyber-Mobbing thematisiert und die Jugendlichen erreicht. Lea hätte sich jemandem anvertrauen müssen, sind sich im Gespräch nach der Theateraufführung die Schüler mit den Schauspielern einig. „Ihr habt das toll gespielt“, diese Einschätzung schreibt Laura Pohl den beiden Darstellern, die in die Rollen von sechs Personen schlüpfen und zudem die Geschichte noch erzählen, in deren Aufführungsbuch. Das spricht davon, dass bereits Fünft- und Sechstklässler wie die Schülerinnen und Schüler der freien Gustav-Adolf-Schule in Lützen voll im Thema Cyber-Mobbing stehen.
Die Hemmschwelle im Internet andere auszulachen oder zu verhöhnen, ist gering, zudem man anonym bleiben kann. Über Ausmaß und Qualität der Verletzung fehlt die Rückmeldung. Es fällt Menschen, besonders Jugendlichen, schwerer, ihre Impulse zu zügeln, wenn die soziale Kontrolle wegfällt. 2010 berichten laut Wikipedia bereits 25 Prozent der Nutzer eines soziales Netzwerks von Beleidigungen und Bedrohungen.
WhatsApp, und SMS über Handy sind eigentlich allen in diesem Alter bereits Kommunikationsebene. Tim Etzold hat auch schon Facebook genutzt, „weil es da gerade alle taten“, sagt er. Jetzt sei er aber nicht mehr dabei, „bringt nichts“, meint er. Für Leon Focke ist es dagegen die Ebene, auf der er sich am besten mit seinem großen Freundeskreis, den er nicht nur in Lützen hat, verständigen kann. „Beleidigungen muss man da wegstecken“, sagt er überlegen. Erst bei fiesen Videos sei er empfindlich, weshalb er auch nur vorsichtig YouTube nutze.
Was Lea passiert ist, kann immer wieder passieren. „Wir hatten in der Schule selbst schon einmal einen Mobbingfall - allerdings viel leichter“, bekennt Josephine Stürmer. „Das war von anderen zu spüren“, berichtet sie, warum es gelungen ist, der- oder demjenigen zu helfen. Selbst wage man meist nicht, darüber zu sprechen. Wer Freunde habe, sollte deren Hilfe annehmen - und wirkliche Freunde sollten sich ruhig einmischen. Auch den Weg zum Vertrauenslehrer und zur Polizei empfahlen die Schauspieler.