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Jahreszeitengespräch Jahreszeitengespräch: Schnellzeichner hält den Maler fix als Karikatur fest

Von KARIN GROSSMANN 09.12.2009, 18:37

WEISSENFELS/MZ. - Der Zeichner Ulrich Forchner (Leipzig), der Maler Dietrich Wenzel (Leipzig) und der Grafiker Wolfgang Böttcher (Muschwitz / Leipzig) sind in die Saalestadt gekommen. Museumsmitarbeiter bringen weitere Stühle in den Raum. Das Thema Porträts im Wandel der Zeiten, die Lust am Selbst, am Gegenüber und das altmodische, doch immer wieder moderne Bildnis hat wohl mehr Gäste um die Mittagszeit ins Weißenfelser Schloss gelockt als gedacht. Es geht um ganz unterschiedliche Künstler, die sich einem Thema - eben Porträts - widmen, stellt die Chefin des Leipziger Kunstvereins Pikanta, Brigida Böttcher, die Männer vor. Über Bildnisse als Zeitzeugen, als festgehaltene Lebenszeit, als nachvollziehbare Vita wird gesprochen. "Eventuell sehen wir heute auch, wie eine Zeichnung entsteht", sagt sie und weist zugleich auf die von den Künstlern mitgebrachten Bilder hin. Inzwischen fängt jener zum Stift, von dem sie es erwartet. Forchner, der Zeichner und Reisende, der sich mit Karikaturen für Tageszeichnungen über Leipzig hinaus einen Namen gemacht hat, braucht nur wenige Striche, um den neben ihm sitzenden Dietrich Wenzel auf dem Papier festzuhalten. "Bin fertig!", sagt er, als Brigida Böttcher die Gäste mit ein paar Sätzen auf das Thema eingestimmt hat.

"Es ist die Breite der Möglichkeiten, die wir als Kollegen vertreten", sagt Wolfgang Böttcher. Doch alle drei schauen jenen, die sie porträtieren, lange ins Gesicht, um Schlüsse zu ziehen. Es kann auch mal eine Foto als Brücke dienen, um etwas Neues am Menschen zu entdecken. Doch ein Porträt nach einer Foto-Vorlage zu malen, sei dann für den Künstler nicht leichter, nur anders. Wenzel erklärt die Veränderungen an seinen Bildnissen, hat fünf aus 27 Jahren ausgesucht und mitgebracht. "Wenn der Betrachter vergisst, dass ein Foto als Grundlage diente, hast du es geschafft", sagt Wolfgang Böttcher.

Forchner, der Mann mit dem flotten Strich, weiß sehr gut, dass, wer für eine Tageszeitung alltäglich eine Karikatur zu liefern hat, Politiker auch mal nach einem Foto zeichnen müsse. Doch damit auch noch einen Aussage zu vermitteln, fordere eine hohe Konzentrationsfähigkeit. Über 5 000 Karikaturen habe er in zehn Jahren geliefert.

Am Ende sind sich die drei Künstler und ihre Gäste einig. Das Leben ist ein Erkenntnisprozess, was Porträts betrifft. Nicht jeder muss das Gleiche in einem Bild sehen. "Es wird ein versteinerter Moment übertragen", sagt Brigida Böttcher. "Ein Jahr später haben sich beide, Maler und Model, verändert und einen anderen Blick."