Gemeindereferent berät Gemeindereferent berät zur Corona-Isolation: Wie Menschen ohne Kontakt beieinander sein können

Weissenfels - Die Coronakrise setzt die Menschheit in einen Ausnahmezustand. Darüber, wie die Einwohner im Burgenlandkreis damit umgehen können, sprach Andrea Hamann-Richter mit dem katholischen Gemeindereferenten in Weißenfels, Martin Papke.
Woher kommt die Angst?
Martin Papke: Es ist das erste Mal seit dem Zweiten Weltkrieg, dass unsere Gesellschaft eine existenzielle Erfahrung macht. Es rückt einem im Alltag näher. Die Angst, den Arbeitsplatz zu verlieren, oder gar sich selbst mit Corona zu infizieren, beklemmt nahezu jeden.
Was können die Menschen gegen die Angst tun?
Angst ist kein guter Ratgeber. Aus diesem Grund ist es umso wichtiger, dass Telefonate mit Freunden und Bekannten geführt werden, sich Zeit für die Familie genommen wird, vielleicht auch für Gesellschaftsspiele oder einen gemeinsamen Film. Es gilt, sich es jetzt gemütlich zu machen, um die Situation innerhalb der vier Wände so schön wie nur möglich zu gestalten.
Wie sollen die Menschen im Fall einer Ausgangssperre oder Quarantäne mit der Einsamkeit umgehen?
Gesellschaft ist wichtig. Und aus diesem Grund sind Telefonate mit Menschen, die allein sind, auch so wertvoll. Eltern sollten sich freuen, wenn die Kinder sagen: „Mir ist langweilig.“ Es ist das beste Mittel, um die Kreativität der Kinder wieder aufzufrischen.
Wie kann man trotzdem soziale Kontakte halten oder Nähe herstellen, wenn diese vermieden werden soll?
Also grundsätzlich wurde ja in den vergangenen Tagen deutlich, dass die Empfehlung, den gewohnten Vorgang des Handschlags zu verwehren, auf geteilte Meinung stieß. Manche machen es, wieder andere halten es für übertrieben. Ich halte vorbeugende Maßnahme für unablässig.
Wie arbeiten Sie persönlich derzeit?
Ich arbeite, bis auf Notfälle, von zu Hause. Meine Frau und unser fünf Wochen alter Sohn freuen sich sicher, aber dennoch sitze ich am Schreibtisch daheim und erarbeite die Konzeption für Firmvorbereitung im Burgenlandkreis 2021, halte Mailkontakt mit Gemeindemitgliedern, führe Telefonate zu allen Altersgruppen.
Zu den Notfällen gehören unter anderem Beerdigungen, die wir lediglich im kleinen Kreis mit maximal zehn Personen durchführen, Krankenkommunionen im Krankenhaus oder im häuslichen Bereich. Die Jugend-City-Pastoral bleibt daher auch bis auf weiteres geschlossen.
Wie fühlen Sie sich selbst gerade?
Mir und meiner Familie geht es gut. Wir haben einen Garten an der Wohnung, das ist von Vorteil, so können wir auch mal raus und unser Hund kann auch mal ohne Leine sich richtig austoben. Sicher waren wir am Anfang besorgt, dass die kleinen Erdenbürger vom Virus betroffen sein könnten, dies zeigt sich Gott sei dank jedoch nicht.
Was macht Ihnen derzeit besonders Sorgen?
Als Seelsorger, aber auch als Stadtrat, mache ich mir besonders Sorgen um die Gastronomen, Gewerbetreibenden und den Einzelhandel der Stadt. Ich hatte bereits einige Gespräche und Vermittlung von Hilfen.
Wie könnten Bürger diesen besonders Betroffenen helfen?
Wir sollten alle, sobald wir wieder in die Öffentlichkeit können, unsere Gaststätten und Einzelhändler mehr besuchen, als wir es sonst in der Vergangenheit taten. Und ich hoffe, dass alle versprochenen Hilfen vom Bund auch bei jenen Menschen und Betroffenen vor Ort zukommen. Dazu müssen am Ende auch unsere Abgeordneten in Bund und Land Vermittler an den richtigen Stellen sein. Auch wir als Stadt Weißenfels müssen Sicherheiten in der Not gewährleisten.
Hat die Kirche jetzt mehr Zulauf?
Unsere Kirche in der Friedrichsstraße 15 steht für Gebete
offen. Deutschlandweit wurde ein ökumenisches Telefon der Telefonseelsorge eingerichtet: 0800/1110111 und 0800/1110222. Aber auch ich bin erreichbar unter der Telefonnummer: 0170/2371321. Ich stehe für Gespräche zur Verfügung, aber auch konkret für Vermittlung von Hilfen. Auch das Pfarrbüro ist wie gewohnt geöffnet.
Wie ist die Stimmung in der Gemeinde?
Für alle war es am vergangenen Sonntag bei den Vermeldungen ein Schock, dass alle Gottesdienstformen und Heiligen Messen am Sonntag ausfallen. Wir haben seit dieser Woche vom Bischof die Gewissheit, dass alle Gottesdienste bis einschließlich 30. April entfallen.
So auch Ostern. Für Außenstehende scheint es banal, aber für uns Gläubige ist es eine Katastrophe, da es für uns die wichtigste Zeit im Jahr ist. Es schmerzt sehr, auch wenn die Maßnahmen sinnvoll sind. Das hat es in der Kirchengeschichte so noch nicht gegeben.
Wie werden die ausfallenden Gottesdienste ausgeglichen?
Theoretisch kann der Papst, und nur der Papst, den Termin von Ostern in diesem Jahr verschieben, wir werden sehen, was sich entwickelt. Die Stadt und das Land müssen innehalten. Wir sind als Christen aufgefordert zu beten, aber vor allem auch vernünftig zu handeln, in dem wir uns an die Maßnahme halten. (mz)