Gastronomie in Hohenmölsen Gastronomie in Hohenmölsen: Multikulti mediterran

Hohenmölsen - Finden sich die passenden Wohnungen, dann wird die Einwohnerzahl von Hohenmölsen in den kommenden Wochen um fünf ansteigen. Der neue Betreiber des Volkshauses, Haskaj Lulijan und sein Team will in der Stadt der drei Türme heimisch werden.
Ein langer Weg liegt dann hinter dem jungen Mann. Der Albaner nimmt sich die Zeit, um seine Geschichte zu erzählen, ist ihm doch daran gelegen, dass seine Gäste ihn kennenlernen. Begonnen hat seine Odyssee vor knapp zwei Jahrzehnten. Als Kind einer siebenköpfigen armen Bauernfamilie hörte er oft zu, wenn sich die Erwachsenen unterhielten und von Orten sprachen, wo das Leben erträglicher war. Meist waren es Städte und Dörfer im benachbarten Griechenland, in die nicht wenige Albaner auswanderten. Auch Haskaj sieht als Jugendlicher kein Vorwärts mehr. „Du trittst auf der Stelle, bist bettelarm und weißt, das bleibt so“, sagt er nüchtern.
„Mit 14 habe ich meinen Rucksack gepackt und bin los ohne auf Wiedersehen zu sagen“, erzählt Haskaj. Nach knapp einer Woche Fußmarsch, schmutzig, hungrig und völlig kaputt, ist er in einem kleinen griechischen Ort angekommen. Eine Familie liest ihn von der Straße auf. Er arbeitet mit auf dem Hof, hat ein eigenes Zimmer. Der Albaner ist wissbegierig, lernt in wenigen Monaten die griechische Sprache und kann sich endlich verständlich machen. „Du musst als Ausländer die Sprache des Landes sprechen, wo du wohnst. Definitiv“, ist er überzeugt und redet nun perfekt deutsch.
Unbegrenzte Aufenthaltsgenehmigung
Fünf Jahre arbeitet er auf einem griechischen Campingplatz, lernt da viele Deutsche, darunter auch seine Liebe, kennen. Natürlich sei der Wunsch riesig gewesen, zu ihr nach Leipzig zu fahren. Doch als Albaner bekommt man kein oder nur sehr schwer ein Visum. „Also bin ich illegal eingereist. Ich habe mich in einem Lkw versteckt, von dem ich wusste, dass er von Griechenland über Italien in Richtung München fährt, ohne dass der Fahrer wusste, wen er im Laderaum hatte.“ Natürlich ist ihm heute bewusst, dass er den Lkw-Fahrer in Gefahr gebracht hat. Etwa ein Jahr habe es gedauert, bis er „ordentliche“ Papiere bekam.
Nun hat er den albanischen Pass und eine unbegrenzte Aufenthaltsgenehmigung. Auch seine vier Geschwister haben zwischenzeitlich Albanien den Rücken gekehrt. Zunächst arbeitet Haskaj in der Firma seiner Frau, die jetzt seine Ex ist. „Arbeiten ist mein Ding. Ich will selbst Geld verdienen und nicht abhängig sein“, betont er. Er wechselt in die Gastronomie, weil er gern unter Menschen ist. „Ich denke, du brauchst zwei Dinge: Freundlichkeit und eine gute Küche. Dann überzeugst du deine Gäste.“
Im Volkshaus, in dem es nach wie vor die Minigolfanlage gibt, wird mediterrane Küche geboten. Verantwortlich dafür ist sein griechischer Koch Johannes Papadakis. Der 32-Jährige zaubert unter anderem Scaloppine al Fungi ebenso lecker wie Fogato ala Veneziano - zu deutsch Schweinsmedaillons mit Knoblauchkartoffeln und Kalbsleber mit Kroketten. Serviert werden die Speisen von zwei Griechen und einem Italiener. Das Quintett kennt sich seit Jahren, redet italienisch und griechisch miteinander und mit den Gästen deutsch. Die neue, alte Gaststätte heißt Elijos, so wie einer der beiden Söhne von Haskaj Lulijan. Seine Eltern haben ihn in den letzten Jahren nach einer schriftlichen Einladung ihres Sohnes übrigens mehrmals besuchen können. Stolz sind sie auf ihren Sohn, wie weit er es gebracht hat. Der neue Wirt hält es für wahrscheinlich, dass sie demnächst auch Hohenmölsen kennenlernen werden. (mz)