Coronakrise in Weißenfels Coronakrise in Weißenfels: OB über die Auswirkungen der Pandemie auf die Stadt

Weissenfels - Die Coronakrise hält auch die Stadt Weißenfels in Atem. MZ-Reporter Andreas Richter sprach mit dem Weißenfelser Oberbürgermeister Robby Risch (parteilos) über die aktuellen Entwicklungen.
Eigentlich hetzt ein Oberbürgermeister nicht selten von Termin zu Termin. Wie muss man sich den Arbeitsalltag eines OB in Zeiten von Corona vorstellen?
Robby Risch: Nun, die meisten Termine sind mittlerweile tatsächlich gestrichen, auch abends. Da sitze ich nun mitunter früher zu Hause beim Abendbrot als in „normalen Zeiten“. Ich führe dafür jetzt mehr Telefongespräche - jeweils oft bis zu einer Stunde lang. Weniger stressig ist das Ganze jedoch nicht. Die Arbeitsinhalte haben sich zum Teil verändert.
So bin ich jetzt viel mehr mit der Koordination von Abläufen innerhalb der Verwaltung beschäftigt. Homeoffice organisieren zum Beispiel oder die Büros nach den aktuellen Vorgaben umstrukturieren. Unbefriedigend in meinem jetzigen Alltag ist allerdings, dass alles, was man macht, nur eine sehr kurze Halbwertzeit haben könnte.
Mit rund 150 Mitarbeitern machen die Erzieherinnen in den Kitas einen beträchtlichen Teil der Verwaltung aus. Wie arbeiten diese in Zeiten geschlossener Kitas?
Ein Teil der Erzieherinnen übernimmt die Notbetreuung von Kindern. Immerhin mussten zum Beispiel am vergangenen Freitag 38 Kinder betreut werden. Wir haben uns entschlossen, die Mädchen und Jungen nicht in einer Einrichtung zu konzentrieren, sondern sie in der Kita zu betreuen, die sie sonst auch besuchen.
Teilweise sind Erzieherinnen freigestellt für die Betreuung ihrer eigenen Kinder. Darüber hinaus werden Überstunden abgebaut. Teilweise sogar im Voraus. Wir haben eine Regelung getroffen, dass die Erzieherinnen bis zu 24 Arbeitsstunden ins „Minus“ geraten können. Kurzarbeit gibt es im öffentlichen Dienst nicht. Wie wir mit den Erzieherinnen weiter verfahren, wenn die Schließungen länger andauern - dafür haben wir, ehrlich gesagt, noch keinen Plan.
Warum ist die Stadt Weißenfels nicht wie andere Kommunen für einen pauschalen Erlass der Kitabeiträge im April?
Wir nehmen monatlich fast 300.000 Euro aus Kitabeiträgen ein, davon erhalten wir etwa 125.000 Euro von Dritten, also vom Jugendamt des Kreises oder dem Land, zum Beispiel für den Geschwisterrabatt. Bei einem grundsätzlichen Gebührenerlass träfe das auch auf die Einnahmen von Dritten zu.
Eltern müssen sich keine Sorgen machen. Wenn sie jetzt die Stundung des Kostenbeitrages für März, der am 3. April fällig wird, beantragen, dann können sie davon ausgehen, dass sie den Beitrag erlassen bekommen. Was die anderen Einnahmen für die Kinderbetreuung betrifft, so erwarte ich eine landeseinheitliche Regelung.
Wie geht es bei der Stadt mit dem Haushalt und wichtigen Planungen weiter?
Ehrlich: Der noch nicht beschlossene Haushalt ist schon jetzt Makulatur. Nehmen wir doch nur die angespannte Situation in vielen Unternehmen. Angesichts dessen dürfte mit einem Einbruch bei den Einnahmen aus der Gewerbesteuer zu rechnen sein. Ich gehe davon aus, dass wir in diesem Jahr keinen bestätigten Etat bekommen, die vorläufige Haushaltsführung somit fortgesetzt wird.
Bei zahlreichen Planungen wird es Terminverschiebungen geben. Beim neuen Stadtentwicklungskonzept zum Beispiel. Da befinden wir uns eigentlich mitten in der Phase der öffentlichen Auslegung. Doch die Verwaltung ist derzeit für Publikumsverkehr geschlossen.
In anderen Bereichen laufen Planungen und die Vergabe von Aufträgen weiter, zum Beispiel für die Schwimmhalle. Diese soll ab Oktober wie geplant saniert werden.
Wie sieht es mit der ebenso umstrittenen wie dringenden Sanierung der Straße Am Güterbahnhof aus?
Auch hier wird es Verzögerungen geben. Ich gehe fest davon aus, dass das Land nach der Krise den April 2023 als Beginn für den Neubau der Saalebrücke nicht wird halten können. Damit würden wir Zeit gewinnen, um die notwendigen Weichen für die Sanierung der Straße nördlich des Bahnhofs zu stellen.
Hier ist ja auch der Stadtrat mit im Boot. Wie soll es mit dem Rat und seinen Ausschüssen eigentlich weitergehen?
Solange die aktuellen Beschränkungen Bestand haben, ruht die normale Arbeit des Stadtrates. Bei unaufschiebbaren Vergabeentscheidungen, die ich zu treffen habe, werde ich den Stadtrat informieren. Grundlegende Entscheidungen liegen zunächst auf Eis.
Mittlerweile hat das Innenministerium am Dienstag einen Runderlass zur Sicherstellung der Gremienarbeit herausgegeben. Es wurden Regularien geschaffen, wonach Beschlüsse in dringenden Angelegenheiten im Umlaufverfahren gefasst werden können. Derzeit wird geprüft, welche dringenden Angelegenheiten auf diese Weise abgearbeitet werden sollten. (mz)