Burgwerben Burgwerben: Dorfbücherei vor dem Aus
BURGWERBEN/MZ. - Langsam steigt Heidemarie Hinz die steile Treppe hinauf. So etwa alle vier Wochen tut die Weißenfelserin das. Oben angekommen ist sie im Reich von Erika Schulze. Und die kleine Dorfbücherei am Anger in Burgwerben hat ihren ganz eigenen Charme: Tapeten erinnern an die längst verblichene DDR, große Katzenbilder zieren die Wand, es riecht nach nicht mehr ganz frischem Papier. Irgendwie gemütlich, ein wenig eng, aber sympathisch alt das Ganze.
Erika Schulze empfiehlt Leserin Heidemarie Hinz neue Lektüre. Man kennt sich, und bald sind die beiden Frauen auch beim Thema Nummer eins dieser Tage. "Burgwerben ohne Bibliothek, das wäre ein echter Verlust", meint die treue Leserin. Doch Erika Schulze weiß: Die Tage ihres kleinen Reiches sind gezählt. Weil das Geld in der Stadt Weißenfels, zu der Burgwerben seit fast einem Jahr gehört, knapp ist, gibt es eine Sparliste. Und darin steht auch, dass die einzige Dorfbücherei der Stadt so nicht mehr weiter betrieben werden soll. Betriebs- und Personalkosten will die Stadt sparen, gut 5 000 Euro im Jahr. Noch ist die Fortschreibung des Haushaltskonsolidierungskonzeptes nicht beschlossen, doch Erika Schulze hat wenig Hoffnung, dass am Aus der Bibliothek zum Jahresende noch ein Weg vorbei führt.
Mehr als zwanzig Jahre lang hat die heute 68-Jährige viel Arbeit in die kleine Bücherei gesteckt. Zunächst waren die Bücher im heutigen Heimatmuseum des Ortes untergebracht. Als nach der Wende die Leser ausblieben, hatte sie eine Idee, die sich als Volltreffer herausstellen sollte. Erika Schulze schrieb an eine Frauenzeitschrift mit dem Aufruf, nicht mehr benötigte Bücher an die Gemeinde Burgwerben zu spenden. Mit moderner Literatur für Kinder und Erwachsene, mit Märchen, Krimis und Kassetten wollte sie den Bestand der Bibliothek auffüllen und attraktiver machen. "Die Aktion wurde ein Riesenerfolg", erinnert sich die rührige Burgwerbenerin. Und bald sollten die alten Räumlichkeiten nicht mehr ausreichen. In einer ehemaligen Wohnung auf dem eigenen Grundstück am Anger 4 entstanden neue Räume für die Bücherei.
"Wir sitzen im ehemaligen Flur. Die Erwachsenenbibliothek befindet sich in der früheren Schlafstube", erzählt Erika Schulze, während sie am Empfangstisch an der steilen Treppe auf weitere Stammleser wartet. In einem kleinen Kästchen sind 82 Personen registriert, von denen viele regelmäßig kommen. Sicher, es sind weniger Leser geworden in den letzten Jahren. Es gab Zeiten, da waren es mehr als 190. Kinder kommen heute kaum noch. Dass die evangelische Schule im Ort irgendwann eine eigene Bücherei eröffnet hat, war nicht gerade ein Segen für die Dorfbibliothek.
Bis heute ist die Ausleihe in Burgwerben gebührenfrei. Dass es hier seitens der Stadt Überlegungen gab, das zu ändern, versteht Erika Schulze. Doch nicht verstehen will sie, dass bis heute keiner wirklich ernsthaft mit ihr über die Zukunft der Bücherei gesprochen hat. Selbst im Ortschaftsrat, so Ortsbürgermeister Hubert Schmoranzer (parteilos), habe die Stadt vorab nicht über ihre Pläne informiert. Was aus den mehr als 16 000 Büchern werden soll, ist offen. Die Weißenfelser Stadtbibliothek platzt selbst aus allen Nähten. Eines jedoch weiß Erika Schulze: Die von der Stadt als Alternative zur Schließung ins Spiel gebrachte Variante, einem Dritten, etwa einem Verein, die Bibliothek zu übertragen, hält sie auf ihrem privaten Grundstück für nicht machbar. Und so sind wohl tatsächlich die Tage gezählt im Kleinod am Burgwerbener Anger.
Die Burgwerbener Bücherei ist dienstags und donnerstags, jeweils von 15.30 bis 17.30 Uhr, geöffnet.