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Burgenlandkreis Burgenlandkreis: Arbeit hinter geschlossener Kirchentür

Von Holger Zimmer 23.08.2012, 16:53

Zorbau/MZ. - Wenn andere die Tür aufreißen, um angesichts der derzeitigen sommerlichen Temperaturen für Durchzug zu sorgen, dann schließt sie Dirk Knüpfer. "Einerseits schwankt die Quecksilbersäule in Kirchen ohnehin meist kons-tant zwischen 17 und 20 Grad," sagt der freiberufliche Diplomrestaurator aus Halle. "Andererseits könnte es zu Schäden führen, wenn heiße und kühle Luft aufeinandertreffen und dadurch die Luftfeuchtigkeit steigt."

Derzeit ist der 36-Jährige in der Zorbauer Kirche tätig und seit langem mal wieder im Sommer in einem Gotteshaus. Das wird nach der Dachstuhlreparatur im zweiten Bauabschnitt saniert. Bei über 30 Grad draußen sei das natürlich ein angenehmes Arbeiten. Denn in diesem Jahr habe er auch schon die Kehrseite der Medaille kennengelernt. Da war er bereits im Frühjahr richtig ins Schwitzen gekommen, als er vor der Sanierung der Fassade des Weißenfelser Amtsgerichtes die Voruntersuchungen durchführen musste.

Doch ganz ohne Schwitzen geht es auch im Sommer nicht, selbst wenn Knüpfer bekennt, dass er in diesem Jahr 80 Prozent seiner Arbeitszeit in Kirchen verbringen kann. So ist er sogar in der Wittenberger Stadtkirche für die Baubegleitung zuständig. Aber Zorbau ist nicht ohne. So galt es zum Verputzen der Wände nach einem Verfahren, das im Mittelalter ebenso wie noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts angewendet wurde, schichtweise Sand und Branntkalk zu schippen und zu wässern. Dabei entstand bei Temperaturen von bis zu 250 Grad der notwendige gelöschte Kalk. Das war harte Handarbeit, auch wenn vor dem Verputzen ein Mischer ebenfalls noch zum Einsatz kam. Bei diesem Putz sorgen laut Dirk Knüpfer weiße Kalkpunkte für eine lebendige Oberfläche und er zeigt auf eine Wand unter der Empore der Kirche.

Der Diplomrestaurator verweist auf Wandmalereien, die sich über Jahrhunderte erhalten haben. Die Kirche selbst stammt aus der Zeit um 1150, wurde aber bereits rund 100 Jahre später in der Gotik umfangreich verändert. Aus dieser Zeit ist ein Sakramentshäuschen neben dem Altar. Dann gab es vor gut 300 Jahren einen barocken Umbau, wovon eine Engelsfigur im Chor zeugt. Und dann folgte 1875 eine große Ausmalung, bei der alles entsprechend dem Zeitgeist unter stilisierten Steinquadern verschwand. Bereits knappe 30 Jahre später gab es für Triumphbogen, Kreuzrippen und Fensterlaibungen rote Farbe, verdeckte ansonsten ein steriler Grauton die Quaderung. Doch bereits in DDR-Zeiten wurden die alten Schätze nach und nach wieder an den Wänden sichtbar.

Für Dirk Knüpfer ist es eine spannende Arbeit, Flächen zu festigen und zu konservieren. Das Neben- und Übereinander der Farben bleibe erhalten, manches werde leicht retuschiert, ohne dabei ins Nostalgische abzudriften. Letztlich würden diese verschiedenen Zeitfenster die Entwicklung der Kirche verdeutlichen. Und fast etwas resignierend klingt es, als der Mittdreißiger sagt: "Am Ende können wir den Verfall nur verzögern, aber nicht verhindern."

Inzwischen hat er zur Zorbauer Kirche eine ganz besondere Beziehung entwickelt, denn einerseits hat er hier bereits vor zwei Jahren erste Voruntersuchungen durchgeführt, andererseits ist es für den Freiberufler der größte Auftrag in diesem Jahr, wobei er dabei mit anderen Kollegen zusammenarbeitet. Seit dem Ende seines Studiums an der Fachhochschule in Köln vor sieben Jahren hat er in verschiedenen Regionen Erfahrungen gesammelt. Da musste er in einem Freilandmuseum in Bayern sogar bei Minusgraden Bestandsuntersuchungen betreiben. Und im Schloss Hubertusburg in Sachsen hat er ebenso mitgewirkt. Mit ihrer Ausmalung aus verschiedenen Epochen sei die Kirche in Zorbau aber für ihn etwas ganz Besonderes.