200 Lehrer streiken für mehr Geld
WEISSENFELS/MZ. - Laute Musik schallt früh um acht Uhr durch die Innenstadt. Vor dem Goethegymnasium versammeln sich Lehrer aus Weißenfels und Lützen, Hohenmölsen und Teuchern. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) verteilt Plastikwesten mit Logo, Trillerpfeifen und Mützen. "Einen Tag vor der dritten Runde der Tarifverhandlungen wollen wir unseren Forderungen nach acht Prozent mehr Lohn Nachdruck verleihen", ergreift GEW-Kreisvorsitzende Uta Baumgarth vor rund 200 Streikenden das Wort. Doch es gehe nicht allein um Tarife und Prozente, sondern um die Anerkennung der Arbeit, um die Beseitigung von Lohnunterschieden.
"Seit mehr als 45 Jahren bin ich in der Bildung tätig. Doch heute bekomme ich weniger Gehalt als ein Absolvent im Westen", sagt Isolde Trilck. Früher waren Horterzieher und Lehrer gleichgestellt. Bei der Entlassungswelle der Horterzieher wurde sie pädagogische Mitarbeiterin. "Im nächsten Jahr läuft unser Kündigungsschutz aus. Und ich weiß nicht, was wird. Denn ich muss bis 65 arbeiten, sonst sind meine Abzüge zu hoch", sagt sie. Mit elf Kollegen kommt sie von der Weißenfelser Bergschule.
"Es ist ein Skandal, dass wir 20 Jahre nach der Wende in Ost und West immer noch Lohnunterschiede haben", nennt Karin Franke ihren ganz persönlichen Streikgrund. Seit 1970 ist sie Lehrerin und reiste mit fünf Mitstreitern aus Lützen an. "Wir sind keine Angestellten zweiter Klasse", unterstützt Frank Puschendorf, Sekundarschullehrer aus Hohenmölsen, diese Forderung. Dabei kritisiert er den Unterschied zwischen den besser verdienenden Angestellten bei den Kommunen und den schlechter verdienenden vom Land.
Für mehr junge Lehrer setzt sich Sven Treber von der Weißenfelser Beuditzschule ein. "In unserem Lehrerzimmer dominieren Rheumasalbe und Herztropfen. Der Altersdurchschnitt liegt bei uns über 50 Jahre. Das kann doch nicht gesund sein", sagt Treber. Zudem gebe es im Westen sogar noch Zielprämien in Höhe von 800 Euro für Absolventen.
"Ich finde die Forderungen der Lehrer okay. Für ihre gute Arbeit erhalten sie zu wenig Geld", sagt Dominik Thom. Der Zwölftklässler war pünktlich zum Unterricht gekommen. Nach der ersten Stunde geht er mit seinen Freunden zum Frühstück. Andere nutzen die Freistunde zum Büffeln. "Erst haben wir mal zum Streik vor die Tür geschaut. Wir finden die unterschiedliche Bezahlung in Ost und West ebenfalls skandalös", sind sich Meike Töpel und Katrin Faust einig. Die verbleibende freie Zeit nutzen sie, um für die Kurzkontrolle in Physik zu lernen.
Unterdessen ergreift Hans-Dieter Klein, GEW-Sprecher und Mitglied der Bundestarifkommission, das Wort. "Eine Lohnerhöhung wäre das richtige Konjunkturprogramm, weil diese wirklich den Konsum belebt. Bildung ist mehr wert. Und heute kommt es auf die richtige Verteilung des Mehrwertes an", sagt Klein.