Zwischen Mond und Speed
Sangerhausen/MZ. - Angesichts der vollen Mammuthalle hatten Marco Apel (SRU-Racing-Team) sowie Hans Ulrich Weiss und Dirk Albers als Sparkassenvorstand und Vertreter des Hauptsponsors dieses Abends während der Eröffnung gut Lachen.
Ihre Strategie ging auf. Gute Musiker plus guter Anlass plus gute Unterstützung ist gleich: eine gelungene Veranstaltung. Erstes Schmankerl des Abends: Das Kai-Niemann-Konzert begann - aber ohne Musiker. Man hatte sie in ihrer Garderobe vergessen. Zweites Schmankerl: Wenn eine Turnhalle gleichzeitig Konzerthalle sein muss, ist das nicht nur schlecht für den Sound, da kommt es auch schon mal vor, das sich die Zuschauer brav an der Sieben-Meter-Strafraumlinie aufbauen. Zu viel Abstand für Kai Niemann, er löst ihn mit seiner direkten Art bis zum Bühnenrand auf. Für viele Besucher ist es eine neugierige Wiederbegegnung mit einem Musiker, der Höhenflug und Absturz in sich trägt. Augenkontakt zu Publikum und Musikerkollegen sucht Kai Niemann, während er singt, nur spärlich und ausgesucht. Mit den einstigen Bandmitgliedern Björn Kieling (Piano), Maik Eckstein (Gitarre) und Mario Ferraro (Liedgitarre) ist er auch kaum nötig. Niemann scheint sich jedes Wort selbst und immer wieder neu zu erzählen. Entstanden aus dem vermeintlichen Verlust von Liebe und der aus Schmerz geborenen Erfahrung ihrer oft grausamen Unvergänglichkeit?
Niemann singt sich aus einer Schaffenskrise, treibt den Zuhörer an die Grenzen von Verlust und Todessehnsucht. Holt seiner verlorenen Liebe den Blauen Mond, schreit "Töte mich" in diese Nacht. Hinterlässt dabei veränderte Wahrnehmung und Zurückhaltung im Publikum. Doch "es gibt am Ende so ein ganz kleines Stück Hoffnung", so der Sänger. Er hält seine Ankündigung ein, auch, indem er die jungen Sänger des Schollgymnasiums zum Backgroundchor macht. Niemann war selbst einmal Mitglied des Chores.
Am Ende zieht er sein Jackett an und verabschiedet sich mit der Feststellung "Die Welt ist ein Irrenhaus", ein Song von Niemann & Band. Das Publikum hat es nicht so eilig. Und bekommt mit dem schottischen Gitarristen Michael Gabriel und Drummerin Jaenny eine musikalische Gelegenheit zu gutem Groove und Partystimmung.
Marco Apel, ein Mann des Speed, sitzt auf einem Tisch im Foyer, wirkt natürlich und unverfälscht. Eine langjährige Freundschaft verbindet ihn mit Kai Niemann. Die Behauptung, dass die beiden die Auseinandersetzung mit dem Tod teilen, wehrt er bestimmt ab. "Nicht mit dem Tod, sondern der Liebe." Für den Rennfahrer sind "Schmerz und Liebe die Grenzbereiche" unseres Lebens. Wer - wie Niemann und Apel - beides erfahren hat, versteht Kai Niemanns Texte. Begreift, warum es den Freunden nicht darum ging, ein rentables Konzertgeschäft zu machen, sondern einfach zu Sein. Da, wo Mann ist. Da, wie Mann ist.