Vom Erbsbär bis zur Rede - alles gab es im Doppelpack
KELBRA/MZ. - Die frisch vermählte Frau war erst im April von Hettstedt nach Kelbra gezogen und gleich in die Kirmesgesellschaft integriert. "Was soll ich anziehen?", hatte sie das Kelbraer Urgestein Silvia Rother gefragt. Die ehemalige Kirmespastorin, die jetzt Frontfrau des Umzuges ist, hatte ihr geantwortet: "Je origineller umso besser."
Seit Anfang des Jahres organisierte die Kirmesgesellschaft um Ronny Kaiser und Severine Reinhardt den bunten Trubel. Bei den Vorbereitungstreffen waren immer 40 bis 50 Leute da. Zum "13. Umzug der Neuzeit" kamen doppelt so viele Akteure. Sie trafen sich um die Mittagszeit vor ihrem Stammhaus, der Altendorfer Sängerhalle. Die dick verpackten Erbsbären hatten eine gute Kondition: sie tanzten nicht nur miteinander, sondern auch mit den vielen Schaulustigen an der Straße. Zu den traditionellen Mitgestaltern des Kirmesumzuges gehörte Günter Müller aus Auleben, mit seinem Kremser. Diesmal waren sogar Gastvereine aus Roßla und Bennungen im Umzug. Mit Nachthemden und Schlafmützen zogen die Kleingärtner von der Kleingartenanlage "Goldene Aue" in Roßla mit durch die Straßen der Stadt. Sie hatten sich das Thema "im Land der Frühaufsteher" auf den Wagen geschrieben.
,"Nach unserer Kirmes sind wir auf den Geschmack gekommen", sagte Kleingärtnerin Melitta Wagner. Seine Premierefahrt hatte auch das "Elferraltosmobil" des Bennunger Karnevalclubs (BKC) gut überstanden. Der Elferrat bildete diesmal das stimmungsvolle Schlusslicht des langen Umzuges. Nicht weniger feuchtfröhlich ging es auf dem Wagen der "Kelbraer Spätlese" zu. Die Damen, "Liebfrauenmilch", "Müller Thurgau" und "Schwarze Mädchentraube", fühlen sich wie guter Wein: "Je älter, umso besser."
Heidi Bloßfeld gehörte zu den Frauen, die schon vor 25 Jahren bei der Kirmes mitgemacht haben. Außerdem schreibt sie immer die Rede des Kirmespastors. "Da wird so manches aufs Korn genommen, was in Kelbra übers Jahr passiert", sagte sie und erinnert sich an einen besonderen Autodiebstahl. "Der Wagen stand mit laufenden Motor vor dem Haus. Als der Besitzer noch was holen ging, konnte ein Passant nicht widerstehen und machte damit eine Spritztour nach Berga."
Die Kirmespredigt hat Jan Ruthe gleich zweimal gehalten. Einmal abends auf dem Saal während des Kirmestanzes und am Sonntagnachmittag auf dem Festplatz in der Breitenstraße vor der Martinikirche. Auf dieser "Festmeile" reihten sich Buden und Karussells für die großen und kleinen Besucher sowie zahlreiche Stände mit kulinarischen Spezialitäten, wie Fleischspieße und "Pilze oder Blumenkohl im Bierteig". Natürlich waren auch die einheimischen Gastwirte dabei. Die Schausteller hatten am Donnerstag mit einem Doppeldeckertag und Fassbieranstich für den ersten Höhepunkt der Kirmes gesorgt. "Da hatte uns das Wetter ein bisschen geärgert", sagte Ingo Zimmermann vom Sachsenhof. "Aber sonst können wir zufrieden sein."
Die Schausteller Anka und Peter Lutze ziehen mit ihrem Autoscooter ebenfalls eine positive Bilanz. "Wir bedanken uns vor allem bei den Anwohnern der Breitenstraße, dass sie eine Woche lang die Einschränkung in Kauf genommen haben", sagte Anka Lutze im Namen ihrer Kollegen. Allerdings lieben die Altendorfer auch ihre Kirmes: Als der Festplatz einmal wegen der Straßenbauarbeiten verlegt werden musste, fehlte ihnen das herbstliche Spektakel in ihrer Straße.