Verarbeitung des eigenen Schicksals Verarbeitung des eigenen Schicksals: Unter Tränen über Leben geschrieben
Biesenrode/Herrsching/MZ. - Die "Erinnerungen aus meinem Leben" hatte Irene Franke 1999 begonnen aufzuschreiben. "Etappenweise" sei das geschehen, berichtet sie in einem Telefongespräch mit der MZ. "Immer wenn es zu weh tat, habe ich aufgehört."
So hat es für sie in Biesenrode nicht nur eine unbeschwerte Jugend gegeben. Sie muss den Verlust des älteren Bruders beklagen, der 1942 als Soldat der Wehrmacht an Diphterie stirbt. Mit Erschütterung nimmt sie davon Kenntnis, wie eine Dorfbewohnerin, Frau Kordum, die sich in einen polnischen Kriegsgefangenen verliebt hatte, von NS-Schergen erniedrigt und bestraft wird. Als Krankenschwester in Hettstedt und in einem Lazarett in Großenhain muss sie erleben, wie schwer verwundete Soldaten schlimmen Qualen erliegen.
Besonders beeindruckend aber ist ihre Schilderung über die gemeinsame Flucht mit einem jungen Soldaten zum Ende des zweiten Weltkrieges aus dem Lazarett bis nach Bergheim, westlich von Köln. "Wir sind den ganzen Tag zwischen Wippra und Sangerhausen quer durch den Wald gelaufen", so ihre Erinnerung. "Sangerhausen wurde weit umgangen." Über hunderte Kilometer zu Fuß begleitet sie den Desertierten, damit er weder der Wehrmacht noch den russischen Soldaten in die Hände fällt. "Struppi", den Geretteten, soll sie übrigens erst 35 Jahre später wieder sehen, nachdem sie aus der DDR geflüchtet war. Dazwischen liegen zum Teil sehr schlimme Jahre mit ihrem Ehemann Heinz.
In ihrer Wohnung in einem Haus am Ammersee lebt Irene Franke heute allein - abgesehen von "Tiger", dem dicken Kater. Ihre Tochter Beate, die in der Nähe wohnt, kümmert sich um sie. Und beide wollen Anfang August nach Wippra und Biesenrode kommen, um alte Bekannte zu besuchen. "Heimat bleibt Heimat", sagt die Autorin, die ihr Buch - es wurde von der Tochter und vom Ex-Schwiegersohn im Eigenverlag herausgegeben - zum Geburtstag als Geschenk erhielt. 500 Exemplare sind gedruckt worden.