Trinkwasserversorgung Trinkwasserversorgung: Sangerhausen soll Fernwasser ab 2018 erhalten

Sangerhausen - „Eigentlich wollte ich das nicht sagen“, meldet sich Klaus Langer dann doch noch mal zu Wort. Drei Krebsfälle gebe es in seiner Familie, einen Todesfall durch Krebs, er selbst sei daran erkrankt. „Alles Sangerhäuser.“ Er spricht über die Sorge, die viele der rund 50 Interessierten in die Aula des Sangerhäuser Gymnasiums getrieben hat. Der Wasserverband Südharz informiert über die künftige Versorgung mit Fernwasser.
Trotz vier spezieller Filter enthält das hiesige Trinkwasser noch so viel Uran, dass es die Menschen ängstigt. Denn das giftige Schwermetall greift die sensiblen Nieren an. Da mag Verbandsgeschäftsführerin Jutta Parnieske-Pasterkamp noch so oft versichern, dass der Grenzwert von zehn Mikrogramm je Liter weder erreicht noch überschritten und somit die Trinkwasserverordnung eingehalten wird. „Sie müssen versuchen, sich in die Leute reinzuversetzen“, fordert Langer unter großem Beifall.
Planung der Fernwasserleitung ist kompliziert
Das größte Problem des Verbands sind die komplizierte Planung und der Bau der noch fehlenden, knapp acht Kilometer langen Fernwasserleitung nach Sangerhausen. Sie endet bisher in Nienstedt; von dort aus werden die Stadt Allstedt und mehrere zugehörige Ortsteile mit Wasser aus der Rappbodetalsperre versorgt.
Wie es weitergehen soll, stellt Parnieske-Pasterkamp anhand eines konkreten Zeitplans vor: Bis zum 5. Oktober will der Verband seine überarbeiteten Plan-Unterlagen im Landesverwaltungsamt präsentieren. Denn die hallesche Behörde muss letzten Endes die Plangenehmigung erteilen, das könnte Anfang März passieren.
Danach wären erst mal die Archäologen am Zug, bevor sich die eigentlichen Erdarbeiten anschließen. Baustart wäre im September 2017, die Dauer werde auf ein Jahr veranschlagt. 2019 könnte Roßla angeschlossen werden, 2020 Edersleben. Dabei gebe es Risiken, sagt Parnieske-Pasterkamp. „Der Zeitplan wird in jeder Verbandsversammlung fortgeschrieben.“
Doch das reicht der Bürgeraktion für uranfreies Trinkwasser nicht aus, wie Sprecher Gerhard Ernst - trotz seines Lobs für den endlich vorgelegten Zeitplan - anmahnt. Denn das avisierte Jahr 2018 beginne am 1. Januar und ende am 31. Dezember.
Bürgeraktion für uranfreies Trinkwasser will schnelleren Bau
Deshalb richtet er das Wort an die sechs Verbandsvertreter, ob sie den Bau der Leitung nicht zur Chefsache machen und bis Ende 2017 abschließen wollten? „Die Kunden können nämlich nicht zum 31. Dezember 2017 die Wasserversorgung kündigen“, provoziert Ernst. Die Geschäftsführerin müsse einen entsprechenden Auftrag erhalten. „Dann könnten wir Silvester 2017 mit Fernwasser anstoßen.“
Er habe sich kundig gemacht: „Das Bauen geht schneller, das ist in einem halben Jahr zu schaffen. Das lässt sich sogar unterbieten.“ Reimund Köhler aus Morungen pflichtet bei, man könne noch Zeit rausholen. „Doch an den Risiken ist nichts zu machen.“
Ralf Rettig (parteilos), der die Gemeinde Südharz im Verband vertritt, hält den 31. Dezember 2017 für „sehr realistisch“. Der Bau der Leitung sei ja schon Chefsache, beschwichtigt er. Nach den Gesprächen mit Landrätin Angelika Klein (Linke) und Präsident Thomas Pleye (CDU) vom Landesverwaltungsamt wisse man, dass alle an einem Strang ziehen müssten. „Es ist viel Zeit verpennt worden“, stimmt er den kritischen Stimmen vieler Bürger zu.
Sangerhäuser Oberbürgermeister sieht Risiken beim Zeitplan
Aus der Sicht des Sangerhäuser Oberbürgermeisters und Verbandsrats Ralf Poschmann (CDU) birgt der Zeitplan mehrere Risiken: „Die werden wir beobachten.“ Als Ursache macht er die „komplexe Gesetzgebung“ aus, das sei nicht mehr vergleichbar mit Bauvorhaben zu DDR-Zeiten.
Doch genau dieses Argument bringt Eberhard Raap von der Bürgeraktion auf die Palme: „Zu DDR-Zeiten lag der Nitratgrenzwert bei 40 Milligramm je Liter, jetzt sind es 50 Milligramm je Liter!“ Er sorge sich um die Gesundheit der Menschen, vor allem der Kinder. „Die Tierschützer waren am Zirkus wegen der nicht artgerechten Haltung. Aber wer stellt die Frage, ob unsere Menschen menschengerecht ’gehalten’ werden?“
Sigurd Grünbein kritisiert die Amtsärztin: „Sie wurstelt im Hintergrund, ohne dass man von ihr erfährt, wie sie mit der Problematik umzugehen gedenkt.“ Und Ernst fordert erneut, der Verband müsse Säuglingen, Kleinkindern und Schwangeren uranfreies Ersatzwasser bereitstellen; die Bürgeraktion werde dran bleiben. (mz)



