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Streit über Knöllchen Streit über Knöllchen in Sangerhausen: Stadt gewährt keine Gnade für zu früh gestellte Parkscheibe

Von Frank Schedwill 29.11.2018, 10:26
Christiane Rüdiger ärgert sich über das Knöllchen wegen einer zu früh gestellten Parkuhr.
Christiane Rüdiger ärgert sich über das Knöllchen wegen einer zu früh gestellten Parkuhr. Maik Schumann

Sangerhausen - Christiane Rüdiger ist noch immer aufgewühlt. Etwas grimmig blickt sie am Mittwochmittag in die Kamera eines Fernsehsenders, der sie auf dem Parkplatz „Innenstadt Nord“ in Sangerhausen filmt. Dort erhielt die 65-Jährige vor zwei Wochen ein Knöllchen, weil sie ihre Parkscheibe eine halbe Stunde zu früh gestellt hatte.

Nachdem die MZ über den Fall berichtete, ist die Rentnerin zu einer Art lokalen Berühmtheit geworden. „Ich werde von wildfremden Menschen gegrüßt“, sagt Rüdiger. Viele würden sie auf ihren Ärger mit dem städtischen Ordnungsamt ansprechen und von ähnlichen Fällen berichten, die ihnen auf demselben Parkplatz passiert sind.

Parkscheibe falsch gestellt: Sangerhäuserin soll zehn Euro zahlen

Rüdiger, die zu einem Termin in einer Physiotherapie wollte, stellte ihr Auto um 7.20 Uhr dort ab. Sie drehte die Parkscheibe, wie es normalerweise vorgeschrieben ist, auf die kommende halbe Stunde, also 7.30 Uhr. Die 65-Jährige dachte, sie habe damit alles richtig gemacht und ihr Auto könne dort die erlaubten drei Stunden bis 10.30 Uhr stehen.

Doch als sie gegen 9.30 Uhr zurückkam, steckte das Knöllchen hinter dem Scheibenwischer. Zehn Euro sollte die Sangerhäuserin zahlen. Denn laut Ordnungsamt hätte sie die Parkscheibe auf 8 Uhr stellen müssen. Denn erst dann beginnt auf dem Parkplatz die Zeit, in der eine Parkscheibe vorgeschrieben ist.

So gesehen, hat sich die Rentnerin mit ihrer Ehrlichkeit selbst um eine halbe Stunde Parkzeit gebracht. Nicht nur sie versteht nicht, warum sie nun dafür bestraft wird.

Viele Leser äußern ihr Unverständnis zum Streit über Knöllchen in Sangerhausen

In sozialen Netzwerken schlägt das Thema Wellen: Der Text zu dem Vorfall auf der MZ-Facebookseite ist 40 Mal kommentiert und 40 Mal geteilt worden. Viele Leser äußern ihr Unverständnis. „Das kenne ich, ging mir auch so. Für Ehrlichkeit wird man bestraft. Einfach nur schlecht die Stadt“, schreibt eine Nutzerin.

Andere meinen, die Stadtverwaltung sollte das Geld zurückerstatten. „Entschuldigen wäre das mindeste..“ Ebenso äußerten MZ-Leser in Leserbriefen ihr Unverständnis. Jürgen Reuter schreibt, er habe Eindruck, „dass die Mitarbeiter des Ordnungsamtes wie Raubritter auf der Lauer liegen“. Lutz Schreiber ist unsicher, wie er sich künftig verhalten soll.

Er habe sich extra eine elektronische Parkscheibe gekauft. Das Gerät sei vom Bundesverkehrsministerium zugelassen und stelle sich automatisch auf die nächste halbe Stunde nach der Ankunft ein. Er fragt nun: „Muss ich um 7.08 Uhr noch drei Stadtrunden drehen, damit es nach 7.30 Uhr ist und die Scheibe sich auf 8 Uhr stellt?“

Ordnungsamt: Wer öffentliche Parkplätze nutze, müsse sich vorher erkundigen, welche Bedingungen gelten

Das Ordnungsamt hatte dagegen argumentiert: Wer öffentliche Parkplätze nutze, müsse sich vorher erkundigen, welche Bedingungen gelten. Und: Wenn die Parkscheiben-Pflicht erst um 8Uhr beginnt und man vorher ankommt, dann müsse man die Scheibe eben auf 8Uhr stellen. Unter bestimmten Umständen könne sonst ein Überschreiten der Höchstparkdauer nicht erkannt werden.

Dazu gebe es Gerichtsurteile. Rüdiger hat das Knöllchen mittlerweile bezahlt und den Anhörungsbogen mit ihrem Protest im Rathaus abgegeben. Die Stadt lenkt aber nicht ein. Am Mittwoch hieß es auf Nachfrage: „Der Vorgang ist abgeschlossen. Es wird keine weiteren Kommentare dazu geben.“ Die Rentnerin ist trotzdem froh, den Vorfall öffentlich gemacht zu haben. „Es geht mir nicht um die zehn Euro. Ich möchte nur nicht, dass noch andere in die Falle tappen und die Stadt weiter fröhlich Verwarngelder kassiert.“ (mz)