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Sangerhausen Sangerhausen: «Fühle mich verarscht»

Von HELGA KOCH 13.04.2011, 17:01

SANGERHAUSEN/MZ. - Petra Petereit-Lehne, Chefin einer Praxis im Sangerhäuser Ärztehaus am Bahnhof, ist stocksauer. Sie bietet Fußpflege, Kosmetik und ein Nagelstudio an. Weil der Platz nicht mehr reicht und sie noch eine Arbeitskraft einstellen würde, möchte sie nebenan einen Raum von etwa 40 Quadratmetern nutzen. Er befindet sich unterm Spenglermuseum, das Gebäude gehört allerdings der Stadt. Doch die Stadtverwaltung lehnt ihren Mietwunsch beharrlich ab, was die 46-Jährige maßlos ärgert: "Ich fühle mich verarscht und belogen."

Sie bemüht sich seit zwei Jahren, den Raum nebenan zu mieten. Das Ärztehaus, in dem sie ihre Praxis betreibt, gehört dem Landkreis. "Ich habe mal allein angefangen und inzwischen in Sangerhausen fünf Mitarbeiterinnen", sagt Petereit-Lehne. "Aber die Kapazität der Räume ist ausgeschöpft. Deshalb hoffe ich ja so sehr, dass ich den Raum nebenan mieten kann. Ich könnte noch eine junge Frau einstellen und würde auch gern Lehrlinge ausbilden." Die Sanierung und das Renovieren würde sie aus ihrer Tasche bezahlen, auch den Durchbruch durch die Wand, und die Tür und die Fassade nebenan in Ordnung bringen lassen.

Das habe sie auch Oberbürgermeister Ralf Poschmann (CDU) Ende September vorigen Jahres in einem längeren Gespräch angeboten. Er habe aber abgelehnt und begründet, das Spenglermuseum solle saniert werden und brauche diesen Raum. Poschmann habe auch Probleme wegen der Abrechnung der Nebenkosten angeführt, denn es müssten Messgeräte eingebaut werden. Auch das, versichert die Podologin, würde sie übernehmen. Der Oberbürgermeister habe er ihr vorgeschlagen, ins Bahnhofsgebäude zu ziehen, das mittlerweile der Stadt gehört und dessen linker Flügel in diesem Jahr saniert werden solle. Auch die Räume, die bis vor wenigen Monaten von der "Sangerhäuser Tafel" genutzt wurden, habe man ihr angeboten.

Letzteres sei unmöglich: "Ich brauche für Rollstuhlfahrer ebenerdige Gebäude." Petereit-Lehne würde ja auch gern ins Bahnhofsgebäude ziehen, möchte aber trotzdem übergangsweise den Raum unterm Museum nutzen. Denn so schnell könne die Stadt den Bahnhof wohl kaum sanieren lassen, zumal sie kaum Geld habe. Und das gelte sicher genauso fürs Museum.

Bei der Stadtverwaltung hält man sich bedeckt. Das Museum nutze den Raum für Veranstaltungen mit Kindergruppen, Vorträge, Begleitveranstaltungen und Tagungen, zählt Sprecherin Marina Becker auf. Dort könnten die Kinder auch mal frühstücken oder warten, bis Bus oder Zug fahren. "Für dieses Jahr sind bereits 19 Veranstaltungen mit Schülergruppen fest gebucht." Außerdem sei das Spengler-Museum durch die Magdeburger Universität "als Standort für die Erarbeitung eines Modellprojektes ausgewählt" worden - unter anderen wegen dieses Veranstaltungsraums.

Petereit-Lehne staunt: "Seit ich hier die Praxis habe, also seit 2005, hat in dem Raum vielleicht dreimal Licht gebrannt. Ich sehe keinen drin. Ich kenne Leute vom Geschichtsverein, auch die waren noch nie drin." Sie verstehe nicht, so die 46-Jährige, dass die Stadt auf Mieteinnahmen, zusätzliche Steuereinnahmen und einen Arbeitsplatz glattweg verzichten kann. "Und hier wird Leerstand verwaltet."