Radler erobern die Goldene Aue
Sangerhausen/MZ. - Gedanken an das Wetter verschwendete der Sangerhäuser Otto Behrendt hingegen nicht. "Otto fährt bei jedem Wetter", meinte Volker Portner. Portner ist Kreischef der Sangerhäuser ADFC-Gruppe (ADFC: Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club) und freute sich an diesem Sonnabend just über eine neues Mitglied. "Nun sind wir 31."
Apropos Otto Behrendt. Der agile Rentner ist 81! Und die sieht man ihm wirklich nicht an. Ein Mann wie ein Hüne, dessen graues Haar unter dem Plastehelm hervorlugt. Zum Radfahren ist er gekommen, weil er nicht mehr Wandern konnte. Im Krieg hatten sie ihm "die Hacke weggeschossen". Das nannte man in jenen düsteren Jahre Heimatschuss. "Und weil ich nicht mehr laufen konnte, bin ich aufs Rad gestiegen, wollte mich doch bewegen." Nun bewegt er sich noch immer. 2 000 Kilometer hat der ehemalige Lehrer in diesem Jahr schon weggeschrubbt.
Da sind die vor ihm liegenden rund 36 Kilometer durch die Goldene Aue nur eine kleine Trainingseinheit. Über Behrendt erzählt man sich in Radlerkreisen so manche Geschichte. Erst im vergangenen Jahr, als die Tour in Weißenfels war, verpasste Otto Behrendt den Zug. Er nahm kurzerhand einen Bummelzug, der jedoch nur bis Angersdorf ging und fuhr mit dem Rad nach Weißenfels zur Tour.
Am Sonnabend war Behrendt übrigens der älteste von über 300 Teinehmern. Der Jüngste kam aus Halle. Der siebenjährige Nick Bodenstein radelte an der Seite seiner Eltern und huckepack mit Papa kam Luis Burghardt, der ist zwei.
Fast pünktlich ging's los. Vom historischen Sangerhäuser Marktplatz via Oberröblingen nach Wallhausen und Hohlstedt. Leuchtendes Grün wechselte mit den goldgelben Blüten vom Raps. Schemenhaft im Dunst des Frühlingstages das Kyffhäuser-Massiv. Vom Harz her zogen dunkle Wolken als wollten sie das Himmelblau verdrängen. Das gelang nicht ganz.
Bei der Rast in Hohlstedt tropfte es zaghaft. Dann grüßte weiter die Sonne aus graublauen Wolkenlücken. Pfiffige Wegweiser hatte sich Günter Müller, wie Brigitte Waligora - sie arbeitet bei der AOK - einer der fleißigen Tourhelfer, einfallen lassen. Er hängte kurzerhand alte Fahrräder auf und versah sie mit einem weißen Pfeil. Da wusste dann jeder, wo der Rastplatz ist. Hinter vorgehaltener Hand gestand Müller, dass die Idee nach der Jugendweihefeier zwischen Nacht und Morgengrauen realisiert worden war.
Überhaupt. Elke Bieling lobte Müller für sein Engagement auch bei der Versorgung über alle Maßen. Zurück ging es über einen Feldweg nach Brücken, den Harzvorlandwanderweg nach Martinsrieth zum südlichen Ortsrand Oberröblingen.
Dort gab es eine Überraschung. Die Besichtigung der alten Gutsmühle war nicht nur Verschnaufpause, sondern "Bildung per Rad". Da staunte sogar Reimund Köhler. Der jetzt in Morungen beheimatete Rentner nahm zum ersten Mal an der Gesundheitstour teil. "Da war vieles neu für mich, schöne Strecken in wunderschöner Landschaft." Am Nachmittag - und eigentlich auf die Minute pünktlich - kamen die Radler an. Ohne Unfall, wie die Johanniter, die den Radtross auf der ganzen Strecke begleiteten, bezeugten.
Der Markt in Sangerhausen war auch Zielort. Und so mancher gönnte sich dort ein kühles Mammut vom Fass. Verdienter Maßen.